Die Debatte um die Stadtbild-Aussage von Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) reißt nicht ab. Auf Nachfrage unserer Zeitung hat sich nun auch Stuttgarts OB Frank Nopper (ebenfalls CDU) zu Wort gemeldet – und sieht den Kanzler womöglich missverstanden. „Wenn Friedrich Merz mit seiner ‚Stadtbild-Aussage‘ gemeint hat, dass es mittlerweile in vielen deutschen Städten insbesondere in den Abend- und Nachtstunden leider Unorte gibt, an die sich viele Menschen nicht mehr trauen, dann hat er Recht“, sagte er.

Nopper sei sich außerdem sicher, dass Friedrich Merz „nicht diejenigen Menschen mit ausländischen Wurzeln gemeint hat, die wir in vielen Lebens- und Arbeitsbereichen dringend brauchen, die gut integriert sind und die längst zu unserer Stadt gehören.“

Merz selbst verteidigte am Montag seine eigenen Worte, die auch übers Wochenende hitzig diskutiert worden waren. „Ich habe gar nichts zurückzunehmen“, sagte der CDU-Bundesvorsitzende Berlin, „im Gegenteil: Ich unterstreiche es nochmal.“

Kritik von Oberbürgermeistern aus der Region

Dem fragestellenden Journalisten entgegnete der Kanzler, er möge doch mal seine Töchter fragen, so er denn Kinder habe: „Ich vermute, Sie kriegen eine ziemlich klare und deutliche Antwort.“

Kritiker hatten Merz’ Aussage als rassistisch gedeutet. So distanzierten sich auch einige Oberbürgermeister in der Region von des Kanzlers Einlassungen. Der Göppinger Oberbürgermeister Alexander Maier (Grüne) halte Merz’ Aussage für „verkürzt und nicht zielführend“. Wer Stadtbilder pauschal als „problematisch“ bezeichne, mache „Stimmung statt Lösungen zu bieten.“ Entscheidend sei, „dass wir Zusammenhalt fördern, statt Misstrauen auf dem Rücken ganzer Bevölkerungsgruppen zu säen“, so Maier.

Der Ludwigsburger OB Matthias Knecht räumte zwar große Herausforderungen bei der „Integration von Geflüchteten“, etwa „bei Wohnraum, Bildung und sozialer Teilhabe“ ein. Und es dürfe auch nicht verschweigen werden, dass dort, wo Integration nicht gelinge, gesellschaftliche Probleme oder Kriminalität eine Folge sein könnten. Was die Barockstadt jedoch stark mache, sei „das Miteinander, nicht das Gegeneinander“.

Deutliche Unterstützung erhielt Merz dagegen von Tübingens parteilosem OB Boris Palmer. Er hatte auf Facebook geschrieben: „Wer sich häufiger in Parks und Bahnhöfen in den Städten aufhält, weiß genau, was der Kanzler meint: Gruppen junger Männer mit dunkler oder schwarzer Hautfarbe, die den ganzen Tag oder auch die Nacht Zeit haben, dort zusammenzustehen.“

Gegenwind für Palmer

Dafür erhielt der ehemalige Grüne massiv Gegenwind durch die Fraktionen der Grünen und der Alternativen Liste (AT). „Das ist rassistisch, spaltend und gefährlich“, erklärten sie in einer gemeinsamen Pressemitteilung.

Wörtlich hatte Friedrich Merz am vergangenen Donnerstag gesagt: „Bei der Migration sind wir sehr weit.“ Die Zahlen seien im Vergleichsmonat August um 60 Prozent zurückgegangen. „Aber wir haben natürlich immer im Stadtbild noch dieses Problem.“ Viele sahen darin Menschen mit Migrationshintergrund und Geflüchtete pauschal verunglimpft.

Ein eigenes Bild vom Stuttgarter Stadtbild könnte sich der Kanzler bereits am Dienstag machen. Am Vormittags wird er zum offiziellen Antrittsbesuch in der Landeshauptstadt erwartet. Allerdings wird der Bundeskanzler nur für zwei Stunden in Stuttgart bleiben.