Erstkontakte gab es in dieser Sache bereits zwischen Stuttgart und Braunschweig. Eine Studie der Technischen Universität (TU) Braunschweig war auf großes Interesse gestoßen: Die Untersuchung hatte – selbst für die Forscher um Christian Seidel – überraschende Erkenntnisse geliefert. Sie hatten für 80 Großstädte in Deutschland berechnet, welches Wärmepotenzial in angrenzenden Fließgewässern schlummert.

Wärmeplanung in Stuttgart sagt etwas anderes

Allein die Stuttgarter Haushalte betrachtet, könnte die Wärme im Neckar bis zu 82 Prozent der Stuttgarter Haushalte beheizen. Wobei die Wissenschaftler des Instituts für Statik und Dynamik Faktoren wie die Topografie außen vor gelassen haben.

Diese Prognose unterscheidet sich stark von den Angaben in der Stuttgarter Wärmeplanung. Dort ist von einem theoretischen Potenzial von 16 Prozent die Rede. „Es steht nicht sauber drin, wie sie das bestimmt haben“, sagt der Studienautor Christian Seidel dazu.

Die Neckarbrücke in Stuttgart Foto: Imago/Arnulf Hettrich

Verschiedene Fraktionen im Gemeinderat wollen es nun genauer wissen. In einem gemeinsamen Antrag fordern Grüne, SPD und Volt, Linke/SÖS/Plus sowie PULS (Die Stadtisten/Die Partei/Klimaliste) eine Schwerpunktsitzung zum Thema Flusswärme. Eingeladen werden sollen auch Vertreter der TU Braunschweig sowie von der Rhein-Energie, „die Europas größte Flusswärmepumpe in Köln baut“, heißt es in dem Antrag, der im Ausschuss für Klima und Umwelt am 24. Oktober Thema sein soll.

Verlässliche Daten für Neckar in Stuttgart

Christian Seidel berichtet auf Nachfrage unserer Redaktion, er habe vor einiger Zeit Kontakt per Mail mit der Stadt Stuttgart gehabt. Die Stadt habe beispielsweise angezweifelt, ob die Angaben zu den Pegeln überhaupt stimmen würden. Das sei „Quatsch“, so Seidel. Gerade für den Neckar seien verlässliche Daten verfügbar.

Sollte eine Einladung nach Stuttgart bei ihm eingehen, „kann man das natürlich machen“, sagt er über den Wunsch der verschiedenen Fraktionen, sich die Studie und was sich daraus ergibt, erklären zu lassen.

Für die 80 Großstädte in Deutschland hatte die Studie herausgefunden: Theoretisch könnten die Fließgewässer 94 Prozent der Wärme im Niedertemperaturbereich decken. Dabei würde die Temperatur in den Gewässern um maximal zwei Grad Celsius abgesenkt. Die Kosten lägen bei etwa einem Fünftel des Preises im Vergleich zu Geothermie.

Nicht nur Stuttgart habe bei diesen großen Zahlen aufgehorcht. Auch Städte wie Siegen, Paderborn, Göttingen oder Dresden hätten bereits Rückfragen gestellt, berichtet Seidel.

Sie seien aktuell dabei, eine zweite Auflage der Studie zu erstellen. Darin sollen Details noch einmal klargezogen werden. An der Kernbotschaft, so Seidel, ändere sich aber nichts: In den Fließgewässern Deutschlands befinde sich ein Wärmepotenzial, mit dem so niemand gerechnet hätte.