Das Vermögen in europäischen aktiven ETFs hat 62,4 Milliarden Euro erreicht, was mehr als doppelt so viel ist wie noch vor zwei Jahren.

Das ist ein beeindruckendes Wachstum, aber das Segment macht immer noch nur 2,6 % des gesamten ETF-Vermögens in Europa aus und liegt damit deutlich hinter dem Anteil von 10,2 % in den Vereinigten Staaten zurück. Diese Lücke unterstreicht, dass sich die Einführung in Europa noch in einem frühen Stadium befindet.

Das Interesse der Anleger an aktiven ETFs nimmt zu, auch wenn deren Einführung noch in den Anfängen steckt. Allein zwischen Januar und August 2025 investierten Anleger 13,4 Milliarden Euro in aktive ETFs, nachdem bereits 2024 Zuflüsse in Höhe von 18,4 Milliarden Euro zu verzeichnen waren. Doch obwohl diese Zuflüsse ermutigend sind, machen sie nur 6 % der gesamten ETF-Zuflüsse in Europa aus, verglichen mit bemerkenswerten 36 % in den USA.

Trotz zunehmendem Wettbewerb bleibt JP Morgan weiterhin führend

JP Morgan bleibt mit einem Marktanteil von 56 % der dominierende Akteur auf dem europäischen Markt für aktive ETFs, was vor allem auf seine beliebte Research Enhanced Index (REI)-Reihe zurückzuführen ist. Es folgen Fidelity (11 %) und Pimco (7 %), während neue Marktteilnehmer wie HSBC, Avantis, Robeco und Goldman Sachs zunehmend an Bedeutung gewinnen.

Auch die Gebühren sind wettbewerbsfähiger geworden. Die durchschnittliche Gebühr für aktive Aktien-ETFs liegt derzeit bei 0,37 % und damit deutlich unter dem Durchschnitt von 1,32 % für aktive Investmentfonds, jedoch immer noch über dem Durchschnitt von 0,27 % für passive ETFs. Bei festverzinslichen Wertpapieren verlangen aktive ETFs etwa 0,30 % und liegen damit erneut unter den Gebühren für aktive Investmentfonds, während sie gegenüber Index-Tracker-Fonds einen moderaten Aufschlag aufweisen.

Mehr und mehr Produkt-Launches

Nach Jahren begrenzter Aktivität wurden 2024 und 2025 60 bzw. 81 neue aktive ETFs eingeführt. Fondsschließungen waren bislang selten, was jedoch eher auf das relativ kurze Bestehen des Segments zurückzuführen ist als auf handfeste Anzeichen für ein langfristiges Investoren-Engagement. Mit zunehmender Reife des Marktes bleibt abzuwarten, welche Produkte sich als nachhaltig erweisen werden, wenn ihre die Nachfrage der Anleger im Laufe der Zeit auf die Probe gestellt wird.

Systematische Strategien gewinnen an Bedeutung

Die rasante Verbreitung aktiver ETFs hat es für Anleger zunehmend schwieriger gemacht, zwischen den einzelnen Produkten zu unterscheiden. Um diesem Problem zu begegnen, haben die Analysten von Morningstar ein neues Klassifizierungssystem eingeführt, das Aufschluss darüber gibt, wie die Manager ihre aktiven ETFs verwalten.

Das System unterscheidet zwischen diskretionären Strategien, bei denen Portfoliomanager Entscheidungen hinsichtlich der Wertpapierauswahl und -allokation treffen, und systematischen Strategien, die quantitativen Modellen folgen.

Rund 86 % der aktiven ETF-Vermögenswerte in Europa folgen diskretionären Strategien, was Stand 31. August vor allem auf die Dominanz von JP Morgan zurückzuführen ist. Allerdings beginnt sich das Bild zu wandeln. Die Zuflüsse in systematisch-aktive ETFs haben sich in diesem Jahr auf 3,5 Milliarden Euro verdreifacht, was darauf hindeutet, dass Anleger zunehmend modellgesteuerte Ansätze bevorzugen. Anbieter wie Avantis, iShares und HSBC haben „quant“-orientierte Produkte auf den Markt gebracht.

Aktien-ETFs: Aktiv, aber scheu

Die aktivsten Aktien-ETFs in Europa sind das, was Morningstar als „shy-active“ bezeichnet – benchmarkorientierte Strategien mit geringem Tracking Error, die darauf ausgelegt sind, gegenüber Index-Fonds geringfügige Zusatzgewinne zu erzielen. Diese Produkte werden als Kernbausteine in Portfolios eingesetzt. Die Research Enhanced-Reihen von JP Morgan und Fidelity sind Beispiele für diesen Trend, da sie ein moderates aktives Risiko mit wettbewerbsfähigen Kosten in Einklang bringen.

Fonds mit hoher Überzeugung sind nach wie vor selten, beginnen jedoch, sich durchzusetzen. Janus Henderson hat beispielsweise im Rahmen seines neuen Pan European High Conviction ETF konzentrierte Best-Ideas-Portfolios aufgelegt, während der AI Innovation ETF von iShares auf Unternehmen abzielt, die die Einführung künstlicher Intelligenz vorantreiben. Fidelity hat zudem den ersten halbtransparenten aktiven ETF Europas eingeführt, der es Managern ermöglicht, proprietäre Erkenntnisse zu schützen und gleichzeitig Anlegern ausreichende Transparenz zu bieten.

Anleihen-ETFs: Stille Performer

Aktive ETFs erschließen auch neue Bereiche des Anleihenmarktes. Fondsmanager haben kürzlich Produkte aufgelegt, die auf Collateralized Loan Obligations (CLOs) und hypothekenbesicherte Wertpapiere abzielen, also Anlageklassen, die einst als zu komplex für ETFs galten. Janus Henderson, Invesco und iShares bieten nun aktiv verwaltete CLO-ETFs an, während der neue hypothekenbesicherte Wertpapier-ETF von Janus Henderson der erste seiner Art in Europa ist.

Im Bereich festverzinslicher Wertpapiere dominiert nach wie vor der diskretionäre Ansatz. Die meisten Anleihen-ETFs stützen sich eher auf fundamentale, vom Manager vorangetriebene Analysen als auf quantitative Modelle. Außerdem tendieren sie dazu, innerhalb enger Risikobänder zu bleiben. Tracking Errors von unter 1 % sind üblich, was die Präferenz der Anleger für benchmarkorientierte Engagements widerspiegelt.

Die ersten Performance-Daten sind vielversprechend. Aktive Fixed-Income-ETFs haben höhere Erfolgsraten erzielt als sowohl passive Pendants als auch traditionelle aktive Investmentfonds, was zum Teil auf niedrigere Gebühren und die relative Ineffizienz der Anleihemärkte zurückzuführen ist.

Fazit: Aktive ETFs werden langsam erwachsen

Der aktive ETF-Markt in Europa entwickelt sich rasant. Was als Nischensegment begann, das von benchmarkorientierten Strategien dominiert wurde, dehnt sich nun auf neue Anlageklassen, Stile und Überzeugungsgrade aus. Die Kosten sinken, der Wettbewerb verschärft sich und Innovationen – von semitransparenten Strukturen bis hin zu systematischen Quant-Modellen – nehmen zu.

Für Anleger bedeutet dies mehr Auswahl, aber auch mehr Komplexität. Es wird entscheidend sein, zu verstehen, ob ein ETF wirklich aktiv ist, wie hoch sein Risiko ist und wie er in ein Portfolio passt. Aktive ETFs in Europa verlassen derzeit ihre Komfortzone, was sie in den kommenden Jahren zu einem der interessantesten Bereiche der Investmentlandschaft machen könnte.

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Der Autor/Autorin oder die Autoren besitzen keine Aktien der in diesem Artikel erwähnten Wertpapiere. Informieren Sie sich hier
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