Wer die Frankfurter Allgemeine Zeitung gelesen hat, muss sich Sorgen machen um die Zukunft der Musikschulen. „Einige Musikschulen werden schließen müssen“, zitiert die FAZ den Leiter einer hessischen Musikschule. Bundesweit hat das sogenannte Herrenberg-Urteil für Aufruhr gesorgt in der Szene. Dem Urteil des Bundessozialgerichts zufolge müssen Musikschulen bisherige Honorarkräfte – Freiberufler also – fest anstellen, um Scheinselbständigkeit zu vermeiden. An diesem Donnerstag beginnt in Nürnberg der Bayerische Musikschultag. Anlass zu fragen, ob die in Rede stehenden Verhältnisse in Hessen so auch in Bayern zu befürchten sind.

Immerhin treten vor allem Kommunen als Träger der insgesamt 225 Musikschulen in Bayern auf – und die kommunalen Finanznöte sind derzeit Dauerthema. Selbst im lange prosperierenden Ingolstadt ist neuerdings von einer schweren Finanzkrise die Rede. Der Betrieb von Musikschulen gilt als sogenannte freiwillige Leistung. Könnten also auch in Bayern öffentliche Einrichtungen auf der Kippe stehen?

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Benedikt Stegmayer war fünf Jahre lang Kulturreferent in Bayreuth, seit 2024 ist er in selber Funktion nach Würzburg gewechselt.  Fundamentale Folgen bei den Musikschulen? Für die unterfränkischen Hauptstadt ist das kein Thema: „Da ist nichts zu befürchten.“ Dass das Urteil des Bundessozialgerichts zum Teil drastische Konsequenzen im nahen Hessen haben könnte, bedauert Stegmayer. In Würzburg allerdings sei man sich der Bedeutung dieser Schulen vollauf bewusst.

Haushaltsnöte dürften nicht zu einem „Kahlschlag“ führen. Zumal das Herrenberg-Urteil – zurückgehend auf einen Fall in der baden-württembergischen Stadt – schon insofern folgenlos für Würzburg sei, weil man dort ohnehin auf faire Anstellungsverhältnisse wert legt. Keine Scheinselbständigkeit also.

Würzburg ist da bayernweit keine Ausnahme. Nach Angaben von Christoph Peters, Geschäftsführer des Verbands Bayerischer Sing- und Musikschulen, sind in Bayern „99 Prozent“ aller Beschäftigten öffentlicher Musikschulen fest angestellt. Zwar habe das Urteil bundesweite Debatten ausgelöst. In Bayern allerdings bemühe man sich an den Musikschulen – getragen vor allem von Kommunen und Vereinen – schon seit den Achtzigerjahren um Fairness.

Aber wir kämpfen hier unermüdlich, dass wir nicht ans Eingemachte ran müssen.

Nürnbergs Kulturbürgermeisterin Julia Lehner

Bayern als eine Art Insel der Seligen? An den öffentlichen Musikschulen im Freistaat sind die Beschäftigungsverhältnisse tatsächlich „absolut vorbildlich“, bestätigt die Kulturbürgermeisterin von Nürnberg, Julia Lehner (CSU). Was nicht bedeute, dass nicht auch dort angesichts leerer Kassen nach Sparpotenzial gesucht werde in den Kommunen. „Aber wir kämpfen hier unermüdlich, dass wir nicht ans Eingemachte ran müssen“, sagt Lehner. Bislang mit Erfolg.

Und auf dem Land? Jonas Merzbacher (SPD) ist Bürgermeister in der Gemeinde Gundelsheim, er komme „viel herum“ im finanziell nicht auf Rosen gebetteten Oberfranken. Für Musikschulen verantwortlich zu sein, als freiwillige Leistung, ist für kleinere Kommunen keine Aufgabe, die so ganz einfach zu bewältigen ist, sagt Merzbacher. Anzeichen für einen „angedachten Kahlschlag“ indes erkenne er bei keinem seiner Kollegen – und das parteiübergreifend.

Die dunklen Wolken über Hessen scheinen also an Bayern vorüberzuziehen. Dass das auch auf lange Sicht so bleibt, hofft Geschäftsführer Peters. 220 000 Schülerinnen und Schüler, Tendenz steigend, lassen sich derzeit in Bayerns Musikschulen unterrichten, deren Veranstaltungen besuchen mehr als drei Millionen Menschen pro Jahr – Zahlen, die „mitunter etwas unter dem Radar“ bleiben, bedauert Peters.

„Musikschule – unerHÖRT gut“ ist das Programm des 48. Bayerischen Musikschultags in Nürnberg überschrieben. Eröffnet wird es am Donnerstag, 23. Oktober, mit einem Konzert im Gemeinschaftshaus Langwasser. Am Samstag musizieren Musikschülerinnen und Musikschüler unter anderem auf dem Nürnberger Kornmarkt.