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Vier berühmte Liverpooler: Paul, George, Ringo und John. © Smarterpix
Mersey oder Main? Unentschieden. Zum Sieg im total objektiven Städtevergleich vor dem Champions-League-Spiel Frankfurt gegen Liverpool reicht es aber auch so. Eine Analyse von Georg Leppert und Thomas Stillbauer.
Sklaverei
An dieser Stelle danken wir der Wissenschaftlerin Florence Baggett, die eine Abhandlung über das Ende der Sklaverei geschrieben hat. Darin stellt sie fest: Gegen Ende des 18. Jahrhunderts war der Sklavenhandel in Liverpool der größte der Welt. Der wirtschaftliche Aufstieg der Stadt hing entscheidend mit der Ausbeutung zusammen. Folglich gab es in Liverpool Proteste gegen die Abschaffung der Sklaverei. Und wir diskutieren jetzt nicht über moderne Sklaven und die Wirtschaft in den Wolkenkratzern am Main, sondern sagen: Punkt für Frankfurt. 1:0
Größe
Eine halbe Million Menschen leben in Liverpool, eine Dreiviertelmillion in Frankfurt. Es war mal ungefähr andersrum. Dass Liverpool dann immer weniger Einwohnerinnen und Einwohner hatte, lag vor allem an seiner schwindenden Bedeutung als Hafen- und Industriestadt. Dennoch drängeln sich heute fast 4500 Liverpoolerinnen und -pooler auf einem Quadratkilometer, in Frankfurt nur gut 3000 Leut. Wir könnten hier außerdem einen Schritt in den Taunus oder den Kreis Offenbach tun, wenn’s allzu eng wird. Die Briten stünden dann im Meer. Punkt für Frankfurt. 2:0
Kirche
Klar, der Frankfurter Dom macht was her. Insbesondere seit der Blick von oben nicht mehr auf das Technische Rathaus fällt, sondern auf Menschenmassen, in deren Mitte Christian Setzepfandt oder Thomas Bäppler-Wolf stehen, die den Leuten Geschichten über die Altstadt erzählen. Aber die Liverpool Cathedral spielt in einer anderen Liga. Dort konnte man sich es sogar erlauben, Paul McCartney als Chorknabe abzulehnen. Überhaupt: Der Aufstieg Liverpools begann 1700, als die Bürgerinnen und Bürger das Recht bekamen, eine Kirche zu bauen. Punkt für Liverpool. 2:1
Berühmter Frankfurter: Johann Wolfgang. © Renate HoyerMusik
Okay, wir hatten Sven Väth. Wir haben Talla 2XLC. Wir haben das erste und einzige Museum für elektronische Musik weit und breit in Frankfurt. Wir haben Tankard! Die Frankfurt City Blues Band! Snap! Culture Beat! Rödelheim Hartreim! Smiles in Boxes! The Slags! The Hungry Cascades! Platzregen! The After Eighties! Fantastische Frankfurter Bands, die … bitte? Wir sollen aufhören? Aber die Musikmesse! Jaja, die ist auch C-Moll von gestern. Was kann Liverpool dem entgegensetzen? Na? Na gut. John, Paul, George und Ringo. Das reicht. Punkt für Liverpool. 2:2
Politik
Der Stadtrat von Liverpool ist seit jeher von Labour dominiert. Zuletzt holte die Partei 53 Prozent. Nun stellen wir uns vor, die SPD hielte im Römer die absolute Mehrheit. Klar, der Zuschlag für Beschäftigte in Frankfurt wäre nett. Aber wie langweilig ist es bloß, über Kommunalpolitik zu berichten, wenn das Wahlprogramm einer Partei wörtlich umgesetzt wird. Punkt für Frankfurt. 3:2
Städtenamen
Liverpool bedeutet nicht etwa Leberbassin. Es ist schlimmer. Im zwölften Jahrhundert existierte es als Ortschaft namens Liuerpul, was so viel hieß wie „schlammiger Pfuhl“ (Quelle: Internet). Dass die Namenswahl ironisch gemeint war oder einer Teatime bei feinem englischem Humor entsprang: eher nicht. Die Leute hatten nicht viel zu lachen und nannten ihre Heimat noch Jahrhunderte später in einem Bettelbrief an Elizabeth I. „die arme, heruntergekommene Stadt ihrer Majestät“. Der Name Frankfurt hingegen basiert auf der anrührenden Geschichte, die den Kaiser und seine Mannen einst auf der Flucht vor den lästigen Sachsen an den Main führte, wo ihn eine Hirschkuh samt Kalb dezent ans andere Ufer geleitete. Wussten Sie schon? Fußball bildet! Punkt für Frankfurt. 4:2
Essen & Trinken
Scouser nennt man die Menschen in Liverpool gern. Das leitet sich ab von Scouse, wobei es sich um eine Art Eintopf handelt, dessen Name sich wiederum von Lobscouse ableitet, und das kommt uns hamburgerisch vor. Die klangliche Nähe zum Labskaus ist etwas irreführend (wenn nicht gar beleidigend), denn im Gegensatz zum rosafarbenen Gemantsche aus Norddeutschland ist Scouse ein durchaus ansehnlicher Eintopf, in dem oft noch Teile von Rind, Lamm, Kartoffeln und Karotten sogar optisch erkennbar sind. Wohl bekomm’s. Wir in Frankfurt haben es trotzdem gern klar und deutlich und sind mit Grie Soß, Handkäs, Rippchen und Kraut klar im Vorteil. Wäre ja noch schöner, wenn uns jetzt die Briten lukullisch kämen. Punkt für Frankfurt. 5:2
Zum Spiel
In ihrer dritten Partie der Champions-League-Saison 2025/2026 trifft die Frankfurter Eintracht an diesem Mittwoch um 21 Uhr auf den FC Liverpool. Die Partie im Waldstadion ist längst ausverkauft.
Im Fernsehen ist die Begegnung beim kostenpflichtigen Internet-Streamingsender DAZN zu erleben. Die Übertragung mit Vorberichten beginnt dort schon um 20 Uhr.
Hafen
Stell dir vor, du hast einen Hafen mit einem angrenzenden Viertel, das deine Stadt über Jahrhunderte prägt. Irgendwann wird die Gegend zum Weltkulturerbe erklärt. Und was machst du? Lässt das Viertel verfallen, bis die Unesco sagt: Das geht so nicht, wir erkennen dir die Auszeichnung ab. Peinlich, Liverpool. Der Westhafen bekommt erst gar keine Auszeichnung. Punkt für Frankfurt. 6:2
Flüsse
„Life goes on day after day/Hearts torn in every way/So ferry cross the Mersey/‘Cause this land‘s the place I love/And here I‘ll stay”. Schön. Den Fluss haben Gerry and the Pacemakers so wunderbar besungen, dass viele andere Bands das Lied später übernahmen. Eine ganze Musikrichtung hieß Merseybeat. Aber zur Musik an anderer Stelle auf dieser Seite mehr, nicht nur, weil wir hier eher wenige tolle Lieder über den Main haben (mal abgesehen von „Es führt über den Main“ oder „Der Mönch vom Main“ – wie, kennen Sie nicht?“). Auch der Begriff Mainstream hat jetzt nicht ganz direkt mit unserem Fluss zu tun. Allerdings ist er fast fünf Mal so lang wie der Mersey. Schön ist er ja schon, der Main. Und halt, wie gesagt, auch echt lang. Also sagen wir: Unentschieden? 7:3
Städtepartnerschaften
Der Klassiker im total objektiven Städtevergleich der FR. Und diesmal können wir es kurz machen. Frankfurt pflegt – Sie wissen das – 18 Partner- und Freundschaften mit anderen Kommunen. Liverpool hat nur deren sieben. Sowohl Frankfurt als auch Liverpool haben eine enge Beziehung mit Birmingham. Aber wenn man in Frankfurt zum Schüleraustausch nach Birmingham aufbricht, ist man in einer guten Stunde am Ziel. In Liverpool wundert man sich erst, dass man überhaupt in ein Flugzeug steigen muss, denn die beiden Städte sind weniger als 100 Meilen voneinander entfernt. Aber dann fliegt man plötzlich zehn Stunden und landet nicht in Birmingham/England, sondern in Birmingham/Alabama. Nee, nee, der Punkt geht klar an Frankfurt. 8:3
Klima
Wir wollen mal so sagen: Für Liverpool weist die Wetterstatistik ein mittleres Tagesmaximum von 19,7 Grad aus. Im Juli. Frankfurt: 26 Grad (in einem Wort: sechsundzwanzig). Das sind 6,3 Grad mehr. Im Schnitt. Bei uns wird’s im Sommer gern auch mal 40,1 Grad „warm“. Dafür regnet es in Liverpool noch häufiger als im übrigen England – durchschnittlich jeden zweiten Tag. Vor dreißig Jahren hätten wir noch schenkelklopfend gesagt: Klare Sache, der Punkt geht nach Frankfurt. Aber seit wir wissen (und einige von uns auch unter der neuen Regierung noch nicht komplett vergessen haben), dass 40 Grad gar nicht mal so supi sind und dass Regen ausgesprochen klasse für Bäume ist und Bäume absolute Weltklasse für Menschen, denken wir da ein wenig anders. Punkt für beide. 9:4
Dann hätten wir das – klarer Erfolg, wie eigentlich fast immer in unserem Städtevergleich. Funny, isn‘t it?
Jetzt müsste nur noch das Wetter am Mittwochabend mitspielen. Im Moment ist es uns ein bisschen zu englisch.