Freihafenelbbrücke Blick auf Baakenhafen

Freihafenelbbrücke Blick auf Baakenhafen

Fokusiert/Getty Images

Einen Schritt weiter ist man im historischen Levantehaus an der Mönckebergstraße. Das charakteristische Backsteingebäude beherbergt demnächst die erste Deutschland-Dependance von „Conrad“, Hiltons Luxushotel-Marke. Die Innenarchi­tekten vom Büro 1508 London zeigen, wie viel Inspiration in historischer Bausubstanz stecken kann (der Bau der Architekten Franz Bach und Carl Bensel stammt aus dem Jahr 1912). Wobei man die in Statements des Büros viel beschworenen Anklänge ans Thema Musik im Interior schon sehr bewusst suchen muss. Womöglich steckt auch der Versuch dahinter, ein neues Narrativ für die Stadt zu finden: die Musikstadt an der Elbe. Funktio­nieren könnte es. Denn auch nach der Eröffnung der Elphi will Hamburg in Sachen Musik weiter zulegen. Der Milliardär Klaus-Michael Kühne, dessen Gelder der HSV zuletzt nicht mehr zwingend nötig hatte, will der Stadt nun ein neues Opern­haus in der Hafencity spendieren. Ein Architek­turwettbewerb läuft. Neben anderen Großbüros macht auch Snøhetta mit; die Norweger sollen Kühnes Favoriten sein. Zwar gibt es auch Widerspruch – die Architektenkammer etwa ist angesichts der Monofunktionalität und des Standorts weit abseits der Innen­stadt skeptisch. Aber wenn das Projekt klappt, wäre das natürlich ein Schritt in Richtung des neuen Narrativs.

Wo bleibt der Glamour in Hamburg?

Nötig wäre es. Denn manch überkommene Hamburg-Erzählung hat sich ein wenig abgenutzt. Die alte Story von der Verlagsstadt Hamburg etwa funktioniert so nicht mehr. Die Medien kriseln zu sehr, und Springer ist nach Berlin abgezischt. Architektonisch spiegelt sich das im Leerstand des wunder­baren Verlagshauses von Gruner + Jahr. Der kürzlich verstorbene Uwe Kiessler hatte das Projekt am Baumwall gemeinsam mit Otto Steidle in den 1980ern entworfen. Es stand mit seiner spannenden Architektur und der klugen städtebaulichen Ein­bindung ins Viertel für einen Aufbruch in der Hafengegend. Für Nachwuchsjournalisten war der Bau in den Neunziger- und Nullerjahren so etwas wie ein heiliger Ort. Glamour hatte Hamburg, wie Deutschland insgesamt, auch jenseits der Medienwelt schon einmal mehr. Momentan herrscht nicht nur politisch Katerstimmung. Auch architektonisch hat man den Eindruck, als hätten die diversen Krisen – Geopolitik, Klima, Wirtschaft – die Kreativität der Branche zum Erliegen gebracht. Vielleicht sorgt auch der Tenor jeder Nach­hal­tigkeitskonferenz, dass neu bauen quasi automatisch von Übel wäre, für Kleinmut. Es ist aber immer wieder sinnvoll, daran zu erinnern, dass sich über Architektur und Stadt­ent­wicklung durchaus der Geist und die Stimmung von Ländern und Städten verändern lassen. Genau das hat Hamburg ja in den vergangenen 20 Jahren vorgemacht. Und gezeigt, dass man auch mit schwierigen Bedingungen und sperrigen Überbleibseln konstruktiv und kreativ umgehen kann.