Katherina Reiche

Stand: 21.10.2025 18:32 Uhr

Wenig Sonne und Wind bedeuten wenig erneuerbaren Strom. Für solche Fälle wollte Energieministerin Reiche Gaskraftwerke zubauen. Doch Brüssels Regeln dafür sind streng. Auch ein Unternehmen fürchtet Wettbewerbsverzerrung.

Der mögliche Zubau von Gaskraftwerken in Deutschland droht einem Medienbericht zufolge an der EU-Wettbewerbsaufsicht zu scheitern. Wie der Spiegel berichtet, verhandelt das Bundesenergieministerium von Katherina Reiche (CDU) in Brüssel nur noch über neue Kapazitäten in Höhe von 12 bis 12,5 Gigawatt statt der geplanten mindestens 20 Gigawatt. Unter Berufung auf Teilnehmer eines Gesprächs zwischen Ministerium und Energieunternehmen hieß es, Reiches Verhandler gingen mittlerweile von deutlich geringeren neuen Gaskapazitäten aus.

Die Kraftwerke sollten Strom liefern, „wenn der Wind nicht weht und die Sonne nicht scheint“, zitiert der Spiegel eine Aussage der CDU-Politikerin aus diesem Frühjahr. Da sie als Back-up nur begrenzte Betriebszeiten haben sollen, benötigen sie für einen wirtschaftlichen Lauf staatliche Fördermittel. Die staatliche Hilfe für den Bau neuer Gaskraftwerke muss sich die Bundesregierung von den Wettbewerbshütern in Brüssel genehmigen lassen, weil sie einen Eingriff in den europäischen Strommarkt darstellen.

EU-Kommission „im konstruktiven Kontakt“ mit deutschen Behörden

Den Bericht, wonach die Kommission bestenfalls 12,5 der 20 Gigawatt zu genehmigen bereit ist, will man dort nach einer Anfrage des ARD-Studios Brüssel nicht bestätigen. Man sei im konstruktiven Kontakt mit den deutschen Behörden, hieß es, der Prozess dauere an. Die europäischen Regeln sollten aber für gleiche Wettbewerbsbedingungen im Binnenmarkt sorgen.

„Wir unterstützen Deutschland bei der Entwicklung von Ideen und der Gestaltung von Maßnahmen, die mit den EU-Vorschriften übereinstimmen, Wettbewerbsverzerrungen und Handelsverzerrungen zwischen den Mitgliedstaaten vermeiden und den besten Nutzen für die Verbraucher bieten“, sagte ein Sprecher der EU-Kommission laut einer Meldung der Nachrichtenagentur AFP.

Die Genehmigung von 12 Gigawatt neuer Gaskraftkapazität hatte Reiches Amtsvorgänger Robert Habeck (Grüne) ebenfalls angepeilt und mit der EU-Kommission weitgehend ausverhandelt. Auch Habeck hatte seine Pläne bereits eindampfen müssen. Reiche hatte nach ihrem Amtsantritt angekündigt, dass neue Gaskraftwerke mit einer Gesamtkapazität von mindestens 20 Gigawatt gebaut werden sollen. Zwischenzeitlich war sogar von bis zu 36 Gigawatt die Rede.

Bundesnetzagentur-Chef fordert schnelles Handeln

Kritiker werfen Reiche vor, zu einseitig auf Erdgas zu setzen. Neben neuen Kraftwerken bieten auch Großbatteriespeicher, Biomasse- und Wasserkraftanlagen steuerbare Kapazität. Der Chef der Bundesnetzagentur, Klaus Müller, forderte eine „viel stärkere Flexibilisierung von Angebot und Nachfrage“. Im Gespräch sind dafür etwa mehr private Energiespeicher und intelligente Stromzähler. Müller mahnte dennoch beim Bau neuer Gaskraftwerken und Alternativen zur Eile. Es gebe „einen dringenden Bedarf an neuen steuerbaren Kapazitäten“, teilte er mit.

Der Chef des Bundeskartellamts, Andreas Mundt, forderte außerdem, die anstehenden Ausschreibungen für neue steuerbare Kapazitäten „unbedingt“ zu nutzen, „um die hohe Marktkonzentration im Stromerzeugungsmarkt zu verringern“. Wegen der sich hinziehenden Verhandlungen in Brüssel ist dem Spiegel-Bericht zufolge allerdings auch der Zeitplan für die Ausschreibungen für die neuen Gaskraftwerke kaum noch zu halten. In diesem Jahr werde es wohl nicht mehr dazu kommen.  

Unternehmen klagt in Brüssel

Das Energieunternehmen „1Komma5°“ aus Hamburg legte derweil wegen Reiches Gas-Plänen offiziell Beschwerde gegen die Bundesregierung in Brüssel ein. Die geplanten Zahlungen seien „wettbewerbsverzerrend und treiben die Kosten für die Energiewende unnötig in die Höhe“, teilte das Unternehmen mit.

Mit Informationen des ARD-Studios Brüssel