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Tagebau für seltene ErdenChina ist weltweit der wichtigste Produzent von seltenen Erden. (Archivbild) © Str/FEATURECHINA/dpa

China hat ein Monopol bei Seltenen Erden. Die Exportbeschränkungen treffen die deutsche Industrie hart. „Der Rohstoffhandel, wie man ihn bisher kannte, existiert nicht mehr.“

Frankfurt – Die Abhängigkeit von China ist zum wunden Punkt der deutschen Wirtschaft geworden. Die weitere Verschärfung der Exportkontrollen der chinesischen Regierung hat weitreichende Folgen für die Industrie: Genehmigungen sind schwer zu bekommen, gleichzeitig steigen die Preise rasant, berichtet Matthias Rüth von Tradium, einer der größten Rohstoffhändler Europas. „Der Rohstoffhandel, wie man ihn bisher kannte, existiert nicht mehr.“ Auf der anderen Seite der Welt könnte eine deutsche Fabrik mit recycelten Magneten eine nachhaltige Alternative bieten, doch sie hat es schwer: Die Kosten sind hoch, die Nachfrage gering. Woran liegt das?

Preissteigerungen von bis zu zweihundert Prozent: China-Abhängigkeit bei Rohstoffen hoch

Für die Produktion von Smartphones, Windrädern oder Elektroautos sind Seltene Erden unverzichtbar. China kontrolliert etwa 69 Prozent des Weltmarkts beim Abbau von Seltenen Erden. Bei der Verarbeitung ist die Abhängigkeit noch größer: Hier kommt fast alles aus China, rund 99 Prozent. Im Oktober wurde bekannt, dass die chinesische Regierung erneut die Exportbeschränkungen verschärft. So benötigen ausländische Firmen vor dem Export von Waren, die auch nur kleinste Mengen chinesischer Seltene Erden enthalten, eine Genehmigung.

Bereits im April kam es zu Verschärfungen von Rohstoffen, die besonders in der Magnet-und Elektroindustrie benötigt werden. „Die chinesische Regierung will zeigen, wer am längeren Hebel sitzt“, meint Rüth, Geschäftsführer der Frankfurter Firma Tradium, in einem Zeit-Gespräch. Während früher mit chinesischen Produzenten über Preise verhandelt wurde, stelle sich heute die Frage, ob man überhaupt Ware bekomme, berichtet er. Auch die Preisstruktur habe sich stark verändert, zum Teil kämen Preissteigerungen von bis zu zweihundert Prozent vor. Für die Lizenzen müssen die Firmen zudem viel zu viele Informationen hergeben. „Die Verfügbarkeit ist so stark eingeschränkt, dass die Versorgung einiger Industriekunden fraglich ist“. Die Konsequenz? Irgendwann stünden die Bänder in Deutschland still. 

Die chinesische Regierung will zeigen, wer am längeren Hebel sitzt. Die Chinesen sind exzellente Strategen und denken langfristig. Während viele europäische Unternehmen oft von Quartal zu Quartal planen, verfolgt China Zehn- oder sogar Zwanzigjahrespläne. Was wir heute erleben, sind die Ergebnisse dieser Strategie. 

Seltene Erden gar nicht so selten: Trotzdem bleibt Markt stark von China abhängig

Weltweit gibt es rund 470 Lagerstätten für Seltene Erden, davon knapp 200 außerhalb Chinas. Dennoch bleibt der Westen abhängig von China, das über die größten Reserven und Produktionsmengen verfügt. Niedrige Weltmarktpreise, fehlende Infrastruktur und Investoren sowie mangelndes Know-how erschweren die Erschließung neuer Vorkommen, zeigt eine aktuelle Studie der Deutschen Rohstoffagentur (DERA). Seltene Erden, wie Lanthan, Neodym, Dysprosium oder Terbium, die für Hochtechnologien unverzichtbar sind, sind zwar eigentlich nicht so selten wie ihr Name vermuten lässt, aber der Markt bleibt trotzdem stark von China abhängig.

„Alle Unternehmen, die derzeit Seltene Erden fördern oder verarbeiten, melden wirtschaftliche Probleme. Auch die in China“, berichtete Dr. Harald Elsner, Co-Autor der neuen DERA-Studie, im ersten Quartal des Jahres. Die Nachfrage nach Seltenen Erden zumindest für Permanentmagneten, die für den Bau von E-Autos und Windkraftanlagen benötigt werden, soll in Zukunft zwar ansteigen, „doch noch ist davon auf dem Markt wenig zu merken“. Das ist auch der Grund, weshalb es Projekte außerhalb Chinas äußerst schwer haben. Zudem meint Rüth von Tradium zur Abhängigkeit Deutschlands wenig optimistisch: „Die Gelegenheit, alternative Lieferanten zu finden oder eine eigene Lieferkette aufzubauen, ist verpasst.“

In Deutschland befindet sich größte Recycling-Anlage Europas für Seltene Erden

Erst im Mai letzten Jahres wurde von der deutschen Technologiegruppe Heraeus südwestlich von Berlin, in Bitterfeld, eine Anlage eröffnet, die Seltene Erden aus ausgedienten Elektronikgeräten recycelt. Es soll die größte Recycling-Anlage für Seltene-Erden-Magnete in Europa sein. Die Hoffnung war groß, sollte die Anlage doch jährlich rund 600 Tonnen Magnetpulver aus Seltenen Erden produzieren, mit dem Ziel, auf sogar 1.200 Tonnen zu verdoppeln.

„Die Nachfrage wird aufgrund der Elektrifizierung und der Klimatransformation bis 2030 voraussichtlich verdoppelt und bis 2040 sogar mehr als verdreifacht. Bereits ab 2026 wird die Nachfrage das Angebot überschreiten, was eine vollständige Abhängigkeit von Lieferanten außerhalb von Europa zur Folge haben könnte“, hieß es in einer Pressemitteilung zur Eröffnung.

Doch nur rund ein Jahr später gibt es ernüchternde Worte von David Christian Bender, dem Co-Leiter von Heraeus Remloy: „Ich kann keine genaue Zahl nennen, aber wir sind weit von unserer Kapazitätsgrenze entfernt“. Das Problem sei die viel zu starke und billige Konkurrenz aus China. Denn das europäische Recycling könne „nicht mit den Lieferungen von Seltenen Erden aus China konkurrieren.“

Die Abhängigkeit Deutschlands von China entwickelt sich zu einem immer größeren Problem, denn zahlreiche Arbeitsplätze sind auf Seltene Erden angewiesen. Einer aktuellen McKinsey-Studie zufolge hängen hierzulande rund vier Millionen Jobs davon ab. Fällt die Versorgung aus China aus, wäre rund neun Prozent der deutschen Wirtschaftsleistung gefährdet – 370 Milliarden Euro an Wertschöpfung.