Da staunten die Mitglieder des 1. FC Nürnberg nicht schlecht!
Letzte Woche verschickte der FCN fristgerecht seine Einladungen zur JHV am 18. November (18 Uhr). Darin natürlich enthalten: die Tagesordnung. Doch wer vom Verein (wie z. B. die organisierte Fanszene) nicht vorab informiert wurde, stolperte sofort über den Tagesordnungspunkt 10: „Beschlussfassung über die Zustimmung zum Gewinnabführungsvertrag mit der 1. FCN Marketing GmbH“.
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Hintergrund: 2022 beschlossen die Mitglieder auf Vorschlag von Vorstand und Aufsichtsrat (im zweiten Anlauf!) eine Erweiterung der FCN-Satzung. So wurde es dem Verein ermöglicht, Tochtergesellschaften zu gründen und zu führen.
Die zentrale Begründung damals: „Die Gründung einer Tochtergesellschaft dient vor allem dem Schutz des Vereinsvermögens. (…) Sollten Schadenersatzansprüche entstehen, läge lediglich das Vermögen der Tochtergesellschaft und nicht das Vereinsvermögen als Haftungsmasse zugrunde.“
Nur drei Jahre später ist davon keine Rede mehr. Im Gegenteil! Jetzt wollen Aufsichtsrat und Vorstand plötzlich die Zustimmung zu einem am 16. September verabschiedeten Vertrag, der den Verein dazu verpflichten würde, für Verluste der Marketing GmbH zu 100 Prozent zu haften.
Kurioserweise verschleiern die FCN-Bosse diese 2022 selbst vorgebrachte Gefahr, indem sie nur um die Zustimmung zu einem „GEWINNabführungsvertrag mit der 1. FCN Marketing GmbH“ werben. Der präzisere und in Fachkreisen gebräuchlichere Begriff wäre aber „Ergebnisabführungsvertrag“ (EAV) gewesen, weil dieser auch klarer auf eine mögliche Verlustübernahme hinweist.
Eine klassische Rolle rückwärts! Wird der Beschluss mit 75-prozentiger Mehrheit angenommen, haftet der Verein zukünftig für seine Tochter wieder zu 100 Prozent. Genau das wollte man aber 2022 unbedingt verhindern.
Richtig ist aber auch, dass Millionenverluste oder gar eine Insolvenz der „1. FCN Marketing GmbH“ eher unwahrscheinlich sind. ABER dieser EAV soll zukünftig auch bei anderen Tochtergesellschaften (z. B. Stadion-Betreibergesellschaft) zur Abstimmung kommen.
Deswegen will Finanzvorstand Stefan Heim (55) bei der JHV seinen Tagesordnungspunkt 10 auch mit einer symbolischen Zustimmung zum Stadionneubau verbinden. Heißt: Wer für das neue Achteck ist, sollte auch für den EAV und damit für die neue „ClubStruktur“ stimmen.
Auf BILD-Nachfrage erklärt Heim seine Pläne: „Wir möchten zukünftig eine sogenannte ´ClubStruktur` umsetzen, in der alle Töchter wie ein Schnellboot am Markt agieren können, um anschließend das, was sie verdienen, bei der Mutter wieder abzuführen. Dadurch können wir uns erhebliche Steuern sparen und mehr in den Sport investieren. Denn der Gesetzgeber erlaubt uns, alle Töchter mit der Mutter zu einer sogenannten steuerlichen Einheit zusammenzuführen, indem du sie mit Ergebnisabführungsverträgen verbindest.“
Aber warum geschah das dann nicht vor drei Jahren?
Tatsächlich sind EAVs in Konzernen völlig normal und könnten gerade einem gemeinnützigen Verein wie dem FCN Geld sparen. Doch zur Wahrheit gehört auch, dass Tochtergesellschaften mit einem EAV nicht mehr verpflichtet sind, einen kompletten Jahresabschluss (inkl. Gewinn- und Verlustrechnung) zu veröffentlichen.
Alle womöglich diskussionswürdigen Finanzkennzahlen der Töchter könnten so in der Konzernbilanz „verschwinden“. Ob sich der FCN trotzdem dazu verpflichtet, auch zukünftig alle detaillierten Bilanzen der Töchter (inkl. GuV) den Mitgliedern zu präsentieren, steht auf BILD-Nachfrage noch nicht fest.