Der Fußball knallt gegen den Zaun, er springt zurück, und Gabriel Sanna holt direkt zum nächsten Schuss aus gut 15 Metern aus. Sein Vater Fabrizio steht im Tor, gibt seinem neun Jahre alten Filius auf Italienisch Hinweise zu besserer Schusstechnik und motiviert ihn zu schnellerem Anlauf. Vater und Sohn haben Spaß zu zweit im „Käfig“ im Günthersburgpark. Eingezäunt lädt ein gut 35 mal 15 Meter großes Kunstrasenspielfeld zum Kicken ein. „Ich finde die Anlage super. Wir kommen öfter her“, sagt Vater Sanna. „Für Fußball hat Frankfurt schon ein paar gute Angebote in den Parks.“
Basketballer haben im Günthersburgpark ebenfalls Spielmöglichkeiten. Direkt neben dem Fußballkäfig befindet sich ein Basketballfeld, quadratisch und mit Backsteinen gepflastert, ein Korb steht darauf. Gespielt wird hier aber selten. An mangelnder Beliebtheit des Sports kann es nicht liegen.
Basketball ist im Trend, nicht zuletzt dank der Erfolge der deutschen Basketballerinnen und Basketballer. Aber die Streetball-Community ist eher unzufrieden mit dem Zustand der Spielfelder in der Stadt. Die Körbe werden bemängelt, deren Beschaffenheit eine ganz andere Bedeutung für den Spaß am Spiel hat als beispielsweise für die Fußballer.
Für Ambitionen sind die Vereine da
Wie hier im Günthersburgpark fehlen zudem meist die Dreipunktelinien, die die Entfernung markieren, aus der ein Wurf mehr Ertrag bringt als die üblichen zwei Punkte pro Treffer. Für die Korbjäger ist das die ultimative Herausforderung neben dem Dunking, den die Beschaffenheit der Körbe ebenfalls nicht gestattet. Beim „Eintunken“ des Balls in den Korb hängen sich die Spieler kurzzeitig an den Korb, bei den in den Parks aufgehängten Varianten ist das nicht ohne Verletzungsgefahr und Beschädigung des Korbs möglich.
Der neun Jahre alte Gabriel Sanna hat den „Käfig“ im Günthersburgpark für sich entdeckt.Anjou Vartmann
Das zuständige Grünflächenamt der Stadt zieht sich auf den Standpunkt zurück, dass die Anlagen nicht für solche Höchstleistungen ausgelegt seien. „Das Grünflächenamt bietet in öffentlichen Grünanlagen kostenlose Flächen zum informellen Sport für jegliche Nutzer für alle Alters- und Spielniveaus an.“ Bewusst bestünde hier der grundsätzliche Unterschied zu spezifischen Angeboten auf Sportanlagen, die Vereinen die regelkonforme Ausübung von Sportarten ermöglichen. „Der Anspruch, regelkonformen Sport zu betreiben, gilt nicht für öffentliche Grünanlagen.“
Meist finden die Jugendlichen Lösungen
Wer richtig Basketballsport treiben will, soll eben in den Verein und dessen Sporthallen gehen. So begründet das Amt auch vermeintliche Schildbürgerstreiche wie im Bürgerpark Süd. Auf dem umgestalteten Gelände der ehemaligen Rennbahn in Nachbarschaft zum DFB verläuft ein Basketballcourt entlang der Mittellinie quer zum Fußballplatz. Meist finden die Jugendlichen untereinander Lösungen, aber zumindest bleibt eine Verletzungsgefahr, wenn ein Fußball mitten in eine umkämpfte Spielszene der Basketballer rollt und im schlimmsten Fall einen Werfer bei der Landung zu Fall bringt.
„Solche Nutzungskonflikte sind Unsinn. Da hätte man sich meist das Geld für Basketball auch sparen können. Diese Körbe werden so gut wie nicht genutzt“, sagt Thordi de Souza, dank seines Engagements für die Community der EZB-Basketballer Sprachrohr der Streetballer in der Stadt. Er will aber eigentlich gar kein Öl ins Feuer gießen, weil er gerade in den vergangenen Monaten spüre, dass die Stadt deutlich gesprächsbereiter geworden ist. Mit der für die Grünflächen zuständigen Dezernentin Tina Zapf-Rodríguez (Die Grünen) ist auch gerade ein Treffen anberaumt. „Wir wollen mit der Stadt im Gespräch bleiben.“
Im Bürgerpark Süd auf der alten Rennbahn kommen sich Basketball und Fußball in die Quere.Anjou Vartmann
Das Grünflächenamt betont, dass es sich um Verbesserungen bemüht. „Im Rahmen der zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel werden Bolzplätze in öffentlichen Grünanlagen saniert oder grunderneuert“, schreibt die Behörde. Konkrete Beispiele seien Bolzplätze der Luthmerstraße und in der Bechtenwaldanlage oder im Lotte-Specht-Park und auf dem Oppenheimer Platz.
Gewiss Sanierungsbedarf herrscht zudem unter der Friedensbrücke, wo die Skateranlage zwar noch ihre Nutzer findet, vor allem Basketballer aber miese Körbe in viel zu geringer Höhe vorfinden – und alle penetranten Uringeruch aushalten müssen. Fußball spielende Jugendliche kommen ohnehin besser zurecht, sie passen ihr Spiel und ihre Fertigkeiten den Gegebenheiten an. Die Basketball-Community hat indes so ihre Schwierigkeiten.
Der Hafenpark ist die Alternative
Für de Souza ist die Argumentation des Amts bezüglich der Sportanlagen in den Parks nicht überzeugend. Er moniert neben fehlenden Linien und geeigneten Körben mit Federmechanismus beispielsweise auch die meist aus Eisenketten hergestellten Netze der Körbe, an denen man sich die Finger schwer verletzen könne. „Aus Sicht von uns Basketballern werden da Chancen vergeben. Wenn nicht jetzt, wo Deutschland nacheinander die WM und die EM bei den Männern und dazwischen Olympiagold bei den Frauen in der Streetballvariante 3×3 gewonnen hat, wann will man denn dann Basketball fördern?“, fragt er und gibt sich durch den Ton in seiner Stimme gewissermaßen selbst die Antwort.
Tatsächlich sind ambitionierte Basketballer eher die Ausnahme auch auf einem Platz im Grüneburgpark. Dort ist zudem der Boden in einem so schlechten Zustand, dass er bei nur etwas Feuchtigkeit sehr glitschig ist. Richtige Duelle zwei gegen zwei oder drei gegen drei wären hier schon fast gefährlich. Ohnehin würde man dann mit kleinen Kindern ins Gehege kommen, für die noch in Wurfweite zum Korb zwei kleine Fußballtore aufgestellt sind. Die jungen Männer, die hier gerade ihre Bälle werfen, haben dennoch ihren Spaß. „Ich bin zufrieden, ich kann hier in Ruhe Bälle auf den Korb werfen. Wenn kleine Kids Fußball spielen, dann nehmen wir alle immer Rücksicht“, sagt er. „Richtig gegeneinander spielen ist hier aber nicht möglich, dann muss man woanders hin.“
Beispielsweise in den Hafenpark, der zum beliebtesten Treffpunkt der Basketballer geworden ist. Bei der Neugestaltung wurden zwei allein dem Basketball vorbehaltene Spielfelder mit viel Geldeinsatz auf Vordermann gebracht – und dann wunderte sich die Szene, als sie den Ort in Augenschein nahm. Die Spielfeldlinien waren nicht korrekt gezogen, sodass ein Dreipunktwurf von der Seite nicht korrekt ausgeführt werden konnte, die Bretter, an denen die Körbe befestigt sind, waren zu klein, die Körbe selbst von minderer Qualität.
Streit um Körbe
Das Grünflächenamt verweist auf Nachfrage auf „Sicherheitsabstände, die auch im Zusammenhang mit den jeweiligen Anforderungen (informelles Spielangebot im Rahmen einer Parkanlage/Anspruch an einen Regelspielbetrieb) stehen.“ Die spielregelkonforme Anpassung der Courts im Hafenpark sei nach vielen Gesprächen im Einvernehmen mit der EZB-Basketball-Community umgesetzt worden. Aber hier gilt wie in allen Parks: „Das ändert nichts am grundlegenden Verständnis der informellen Angebote in öffentlichen Grünanlagen.“
Im Hafenpark wurde nach zähen Diskussionen und monatelanger Sperrung ein Kompromiss gefunden, derzeit gibt es aber wieder Meinungsverschiedenheiten wegen immer wieder beschädigter Körbe – Folge der spektakulären Dunks, die die sprunggewaltigen Streetballer in die Luft zaubern. Das Grünflächenamt konstatiert, dass die auf Wunsch der EZB-Basketballer montierten Körbe mit Federmechanismus der öffentlichen Beanspruchung nicht standhielten, weswegen andernorts ja andere Lösungen bevorzugt würden.
Thordi de Souza wüsste aber eine bessere Abhilfe. Er empfiehlt der Stadt, dann tatsächlich bewährte Produkte einzusetzen statt auf etwas weniger gute Angebote des immer gleichen Herstellers zurückzugreifen, nur weil diese in der Anschaffung etwas günstiger seien.
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Roland Frischkorn setzt sich in der Debatte seit Jahren für ein stärkeres Mitspracherecht der Jugendlichen ein. „Der Sport bietet die Chance, dass sie Teilhabe an Entscheidungsprozessen lernen und erfahren können, was Demokratie ist“, sagt der Vorsitzende des Sportkreises Frankfurt. Deshalb habe er sich mit Vehemenz dafür eingesetzt, dass im Hafenpark letztlich im Gespräch Lösungen gefunden wurden, und er will, dass dies zum Standard wird.
Das Grünflächenamt sieht sich dabei selbst schon auf einem guten Weg. Den Planungen im Bürgerpark Süd sei eine groß angelegte Bürgerbeteiligung vorausgegangen, bei der Calisthenics-Anlage beispielsweise konkret im Austausch mit der entsprechenden Community. Ein explizit getrenntes Basketballfeld sei aber eben kein vorrangiger Wunsch gewesen. Zudem hätten Vorgaben aus dem Landschaftsschutzgebiet I beachtet werden müssen, heißt es auf Nachfrage. Vermutlich müssen sich die Basketballer damit abfinden, dass mit der Bürokratie eben selten Dreipunktewürfe möglich sind.