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Chinas Handelsminister wird „in den kommenden Tagen“ nach Brüssel reisen, um über Beijings drastische Exportbeschränkungen für Seltene Erden zu sprechen. Das kündigte der EU-Handelskommissar am Dienstag an.
Maroš Šefčovič sagte vor Journalisten in Straßburg, sein chinesischer Amtskollege Wang Wentao habe seine Einladung nach einem „konstruktiven“ zweistündigen Videogespräch über die chinesischen Handelsbeschränkungen angenommen. Diese Maßnahmen haben in der EU-Politik und in der europäischen Wirtschaft erhebliche Besorgnis ausgelöst.
China ist für rund 70 Prozent der weltweiten Förderung und 90 Prozent der Verarbeitung von Seltenen Erden verantwortlich. Damit verfügt Beijing über ein faktisches Monopol bei der Versorgung mit den strategisch wichtigen Metallen, die unter anderem für Elektrofahrzeuge und Kampfflugzeuge benötigt werden.
„Ich habe die chinesischen Behörden eingeladen, in den kommenden Tagen nach Brüssel zu kommen, um dringend Lösungen zu finden“, sagte Šefčovič. Wang habe der Reise zugesagt.
„Ich bin der Überzeugung, dass nach dem Gespräch am heutigen Vormittag kein Interesse an einer Eskalation besteht“, so der EU-Kommissar weiter. „Gleichzeitig wirft diese Situation einen Schatten auf unsere Beziehungen. Deshalb ist eine rasche Lösung entscheidend.“
Das Treffen soll im Rahmen des „aufgewerteten Lieferkettenmechanismus“ stattfinden, auf den sich beide Seiten beim EU-China-Gipfel im Juli in Beijing geeinigt hatten, um Engpässe bei kritischen Rohstoffen zu entschärfen, erklärte Šefčovič.
„Wir haben vereinbart, die Kontakte auf allen Ebenen zu intensivieren“, fügte er hinzu.
Chinas Sicht der Dinge
In einer Mitteilung des chinesischen Handelsministeriums über das Telefonat hieß es ebenfalls, beide Seiten hätten sich darauf verständigt, „so bald wie möglich“ in Brüssel zusammenzutreffen, um über die Maßnahmen zu beraten. Es wurde jedoch nicht bestätigt, dass Wang persönlich anreisen wird.
Die Anfang des Monats verkündeten chinesischen Maßnahmen gehen weit über die bereits im April eingeführten massiven Beschränkungen hinaus, die einige europäische Unternehmen bereits zur Einstellung der Produktion gezwungen hatten.
Dem neuen Exportregime zufolge benötigen künftig alle Produkte, die auch nur Spurenelemente chinesischer Seltener Erden enthalten, spezielle Ausfuhrgenehmigungen aus Beijing. Die Nutzung dieser Metalle für militärische Technologien soll „grundsätzlich“ verboten werden.
Laut chinesischer Stellungnahme seien die neuen Regeln „ein normaler Schritt zur Verbesserung des Exportkontrollsystems im Einklang mit Gesetzen und Vorschriften“ und ein Ausdruck von „Chinas Verantwortung als Großmacht für die Wahrung von Weltfrieden und Stabilität“.
Die Mitteilung enthielt zudem deutliche Kritik an der Entscheidung der niederländischen Regierung, den Chip-Hersteller Nexperia von seinem chinesischen Eigentümer Wingtech Technologies zu beschlagnahmen.
Gerichtsunterlagen zufolge erfolgte die Maßnahme nach erheblichem Druck der US-Behörden. Beijing reagierte empört, und die chinesische Tochter des Konzerns, Nexperia China, wies ihre Mitarbeitenden an, Anweisungen aus der niederländischen Konzernzentrale zu ignorieren.
In einer Stellungnahme vergangene Woche erklärte Nexperia, dass Beijing den Export von Fertigprodukten und Komponenten aus China, wo ein Großteil der Chips gefertigt wird, untersagt habe. Das Unternehmen informierte seine Kunden, dass es möglicherweise nicht in der Lage sei, Aufträge zu erfüllen.
Der Streit um Nexperia, das Chips an führende Autobauer wie BMW und Mercedes-Benz Group liefert, verschärft die ohnehin angespannte Lage in der europäischen Automobilindustrie. Diese steht bereits unter Druck durch US-Zölle der Trump-Administration sowie den zunehmenden Wettbewerb chinesischer Elektroautohersteller.
Der Konflikt hat die ohnehin belasteten Beziehungen zwischen Brüssel und Beijing weiter verschärft. Streitpunkte sind unter anderem Chinas wachsender Handelsüberschuss und seine engen wirtschaftlichen und politischen Beziehungen zu Russland.
Šefčovič betonte am Dienstag, er stehe „in engem Kontakt“ mit den niederländischen und chinesischen Behörden in der Angelegenheit zu Nexperia und sei „zuversichtlich, dass beide Seiten an einer Deeskalation interessiert sind“.
„Ich denke, allen Beteiligten ist klar, dass hier die Zeit drängt“, sagte er.
(jp, jl)