Ende Juni war er wegen übler Nachrede verurteilt worden, nun muss er sich erneut am Amtsgericht verantworten, sogar bei derselben Richterin. Worum es diesmal geht: Der Aktivist, Grünen-Politiker und Ex-Stadtrat Jürgen Kasek soll sich unter anderem des Missbrauchs von Titeln und Berufsbezeichnungen schuldig gemacht haben, indem er 2022 trotz verlorener Zulassung weiter als vermeintlicher Rechtsanwalt aufgetreten sei.
Es geht um insgesamt 42 Fälle unter anderem von missbräuchlicher Berufsbezeichnung, Betrug, Betrugsversuch und Untreue: Seit Mittwoch, dem 22. Oktober, steht Jürgen Kasek zum zweiten Mal in diesem Jahr vor dem Leipziger Amtsgericht. Der als streitbar und öffentlich präsent bekannte Grünen-Politiker, der bis 2024 auch für seine Partei im Stadtrat saß, soll vor etwa drei Jahren wiederholt als Anwalt tätig gewesen sein und Fälle übernommen haben, obwohl er zu dieser Zeit keine Zulassung mehr besaß.
Anwaltszulassung wurde Kasek im Juli 2022 entzogen
Diese war dem studierten Volljuristen, seit März 2009 bei der Rechtsanwaltskammer Sachsen gelistet, nach einem 2021 begonnenen und verlorenen Rechtsstreit ab 19. Juli 2022 entzogen worden – nach seiner Angabe aufgrund von Zoff über Beiträge zum Rechtsanwaltsversorgungswerk. Die Kammer selbst hatte sich unter Verweis auf den Datenschutz damals nicht über die Hintergründe im Fall Kasek geäußert.
Nichtsdestotrotz sei der heute 44-Jährige auch nach dem 19. Juli 2022 immer wieder als vermeintlich zugelassener Anwalt aufgetreten: So jedenfalls listete es Staatsanwalt Manuel Rothe in seiner längeren Anklageschrift am Mittwoch auf. Trifft diese zu, so hat sich Kasek nicht nur bis mindestens 26. August 2022 auf X (ehemals: Twitter) fälschlich als Rechtsanwalt bezeichnet, sondern über Monate auch weiter das normale Tagesgeschäft eines solchen betrieben.
Anwaltsgeschäft laut Anklage weiter betrieben
Heißt: In einer Vielzahl von Fällen habe Kasek Akteneinsicht beantragt, mit Polizei, Bußgeldstelle und Gerichten kommuniziert, Telefonate geführt, E-Mails und Schriftstücke mit entsprechender Signatur versandt, ein Gespräch mit einem potenziellen Mandanten gehabt. Oft ging es um Fälle des Strafrechts, in denen Kasek, meist am Amtsgericht oder Landgericht Leipzig, als Verteidiger von Tatverdächtigen auftrat.
Aktenkundig sind aber auch verwaltungs- und zivilrechtliche Streitigkeiten, etwa vor dem Leipziger Arbeitsgericht, bei denen sich Kasek für eine Partei einsetzte. Einige der benannten Verfahren fanden außerhalb statt, so am Amtsgericht Fürth, dem Sozialgericht Halle/Saale oder dem Oberlandesgericht Thüringen in Jena. In einem Leipziger Fall soll Kasek für eine Anwältin, die ihren Gerichtstermin nicht wahrnehmen konnte, auf deren Anfrage eingesprungen sein.
Kasek entscheidet sich vorerst zum Schweigen
Es seien laut Anklagevertreter auch mehrfach widerrechtlich Geldsummen, überwiegend dreistellig, für die Tätigkeit geflossen, die Kasek abgerechnet habe. In einem Fall soll er sich der Hilfe eines Anwalts bedient haben, welcher eine Zahlung im Namen Kaseks eingefordert haben soll, obwohl er mutmaßlich wusste, dass Kasek nicht mehr als Anwalt zugelassen war. Der Mann wird durch die Anklagebehörde gesondert verfolgt.
Kasek selbst erklärte am Mittwoch zum Prozessauftakt über seine Anwältin Rita Belter, sich vorerst nicht zur Sache zu äußern. Vorangegangen war ein nicht-öffentliches Rechtsgespräch zwischen Schöffengericht, Anklage und Verteidigung, in dem über ein mögliches Strafmaß aber keine Einigkeit erzielt wurde.
Ende Juni wegen übler Nachrede verurteilt
Weniger schweigsam hatte sich Kasek noch Ende Mai gezeigt: Damals war er angeklagt, weil er im Zusammenhang mit dem Demo-Geschehen vom „Tag X“ in Leipzig einen Staatsanwalt im Netz verleumdet haben soll. Nach einer zuweilen turbulenten Gerichtsverhandlung, in der Kasek sich vehement verteidigte, wurde der zweifache Vater Ende Juni zumindest wegen über Nachrede schuldig gesprochen.
Der jetzige Prozess beim Schöffengericht unter Vorsitz von Richterin Ute Fritsch wird am 29. Oktober fortgesetzt, dann sind erste Zeugenvernehmungen geplant. Insgesamt stehen aktuell vier weitere Termine bis 26. November auf dem Plan.