„Ab ins Gas mit euch!“ Mit solchen Beschimpfungen würden Jüdinnen und Juden wieder konfrontiert, hatte Guy Katz vor zwei Wochen bei einer von ihm organisierten Kundgebung gegen Antisemitismus auf dem Münchner Königsplatz gesagt. Jetzt ist der Hochschullehrer selbst mit dem Tod bedroht worden.
Ein User droht, dass er Katz töten und „wie ein Schlachttier in Stücke schneiden“ werde. Unterzeichnet ist die Drohung mit roten Dreiecken. Dieses Symbol benutzen die Terrororganisation Hamas und deren Sympathisanten als Feindmarkierung und zur Einschüchterung. Der Account, von dem aus Katz bedroht wird, lässt sich bis nach Ägypten verfolgen. Die Münchner Generalstaatsanwaltschaft ermittelt.
Parallel dazu sieht Katz sich einer gegen ihn gerichteten Kampagne in den sozialen Netzwerken ausgesetzt. Die vom Verfassungsschutz beobachtete Gruppierung „Palästina spricht München“, die für Mittwochabend gegen einen Frieden „on stolen land“ mobilisierte, veröffentlichte auf Instagram einen Post („Guy Katz entlarvt“), in dem der in Israel aufgewachsene Münchner als Drahtzieher eines Netzwerks dargestellt wird, der seine Lehrtätigkeit an der Hochschule missbrauche, um der israelischen Armee zuzuarbeiten.
Auch dieser Post wird derzeit bei der Generalstaatsanwaltschaft juristisch geprüft. Seit Mittwochnachmittag ist er in Deutschland nicht mehr aufrufbar. „Wir haben einen gesetzlich begründeten Antrag auf Einschränkung dieses Inhalts erhalten“, teilt Instagram mit. „Nach der Überprüfung haben wir den Zugriff auf den Inhalt in den Regionen eingeschränkt, in denen er gegen die lokale Gesetzgebung verstößt.“
Doch die Stimmungsmache gegen den Hochschullehrer hat längst ihr Publikum gefunden. Unter thematisch völlig anders ausgerichteten Veröffentlichungen seiner Hochschule tauchen Kommentare auf, in denen wieder und wieder Katz’ Entlassung gefordert wird. In anderen Posts wird der Enkel von vier Überlebenden der Schoah als „Zionazi“ und „genocidal nazi maniac“ verunglimpft.
Katz, der in München die wöchentlichen Märsche zur Erinnerung an die israelischen Hamas-Geiseln („Run for their lives“) initiiert und zuletzt bereits 40 000 Unterschriften für eine Petition zur Umsetzung eines Fünf-Punkte-Plans gegen Antisemitismus gesammelt hat, sieht einen klaren Zusammenhang zwischen seiner öffentlichen Präsenz und der aktuellen Kampagne gegen seine Person. Mehr als hundert antisemitische Nachrichten habe er in den vergangenen Monaten erhalten. Sie reichen laut Katz von judenfeindlichen Beschimpfungen bis zur offenen Drohung.
Er sieht auch, dass die Gefährdung für ihn persönlich gestiegen ist – zurückfahren will er sein Engagement gleichwohl nicht. „Die Inhalte, die über mich verbreitet werden, greifen auf klassische antisemitische Weltverschwörungsmythen zurück“, so Katz. Sie zeigten, wie tief der Hass auf Jüdinnen und Juden in Teilen der Gesellschaft wieder verankert sei.
Am Mittwoch stellte sich neben zahlreichen Einzelpersonen und Gruppierungen auch der Beauftragte der bayerischen Staatsregierung gegen Antisemitismus, der Münchner CSU-Politiker Ludwig Spaenle, an Katz’ Seite. Die Kommentare gegen den Professor machten deutlich, „dass der Hass gegen Menschen jüdischen Glaubens auch nach der Befreiung der Geiseln und dem Waffenstillstand nicht beendet sind, sondern anhalten. Wir können das nicht tolerieren.“