„Vincent – Zwischen Wahn und Wunder“

Lohnt sich die 360-Grad-Van-Gogh-Ausstellung?

Aktualisiert am 22.10.2025 – 12:14 UhrLesedauer: 4 Min.

Die immersive Ausstellung „Vincent – Zwischen Wahn und Wunder“ beschäftigt sich mit den letzten Jahren des Malers Vincent van Gogh.Vergrößern des Bildes

Die immersive Ausstellung „Vincent – Zwischen Wahn und Wunder“ beschäftigt sich mit den letzten Jahren des Malers Vincent van Gogh. (Quelle: Morris Mac Matzen)

Am Mittwoch eröffnet eine neue Ausstellung über Vincent van Gogh. t-online war bereits vor Ort und verrät Ihnen, ob es sich lohnt.

Einmal selbst durch die träumerische Landschaft der „Sternennacht“ wandern oder die berühmten Sonnenblumen hautnah bewundern? Was bislang nur ein Traum für viele Kunstfans war, ermöglicht nun eine neue Ausstellung über Vincent van Gogh in München.

Ein immersiver Rundgang führt durch die Werke des niederländischen Malers und konzentriert sich auf seine letzten Lebensjahre. Die Ausstellung eröffnet am 15. Oktober in den Räumlichkeiten des Utopia. t-online war bereits am Vortag vor Ort und hat einen ersten Blick erhaschen können.

„Eintauchen statt einfach nur anschauen“, so könnte das Motto lauten. Dabei werden die Räumlichkeiten zu einer Art begehbaren Leinwand: Mit 360 Grad-Projektionen, Klanguntermalung und der für Ausstellungen dieser Art typischen 3D-Mapping-Projektion kann man die Werke van Goghs von allen Seiten bewundern und sogar selbst ein Teil davon werden.

Das Besondere an „Vincent – Zwischen Wahn und Wunder“ ist nicht nur das begehbare, bildgewaltige und von musikalischen Klängen untermalte Ausstellungsformat. Es ist vor allem die Perspektive, aus der erzählt wird: nämlich die von Johanna van Gogh, genannt Jo.

Johanna war die Ehefrau von Theo van Gogh, dem jüngeren Bruder des Malers. Sie war es auch, die nach dem frühen Tod der Brüder den umfangreichen Nachlass verwaltete, die Werke von Vincent van Gogh sammelte und den Briefwechsel zwischen ihrem Mann und ihrem Schwager sorgfältig aufbereitete – als verwitwete, nicht unbedingt gutsituierte Mutter.

Zu den gesammelten Werken ihres Schwagers organisierte Johanna van Gogh regelmäßige Ausstellungen in Amsterdam. Ihre Arbeit legte den Grundstein für den späteren Ruhm des Malers – und doch bleibt ihr Name häufig ungenannt.

Davon lesen die Besucher nicht nur, sie hören es auch: Jeder Besucher erhält einen Audioguide mit Kopfhörern. Dieser Audioguide schildert automatisch, je nach Position in der Ausstellung, eine Episode aus dem Leben von Vincent van Gogh. Dieser technische Clou erweckt den Eindruck, Johanna sei mit im Raum, wenn sie zum Beispiel davon erzählt, wie ihr Mann Theo und Vincent einen „Pakt“ schlossen, um dessen künstlerische Arbeit zu finanzieren.

Johannas sanfte Stimme trägt die Besucher durch die Entwicklung van Goghs. Sie erzählt von seinen Anfängen im Kunsthandel in London und seinem Fortschritt als Maler, wobei der Fokus auf seinen letzten Lebensjahren liegt.

Der Rundgang widmet sich auch seinen gesundheitlichen Problemen: Der fast schon berühmt-berüchtigte Wahnzustand, in dem er sich einen Teil seines Ohres abschnitt, wird aber nur nebenbei erwähnt. Stattdessen erfahren Besucher beim Lesen der zahlreichen Hinweistafeln, woran der gebeutelte Künstler litt: eine sogenannte Frontallappen-Epilepsie. Zu den Symptomen zählen Halluzinationen und Wahnvorstellungen, aber auch depressive Phasen. Die Erkrankung hatte den Maler jahrelang gequält, aber auch sein künstlerisches Schaffen geprägt.