In der Lichtenrader Schokoladenfabrik soll im Dezember, nach einer Ära von mehr als 60 Jahren, die letzte Kakaobohne zu Schokolade verarbeitet werden. Cargill stellt den Betrieb „aufgrund des schwierigen globalen Marktumfelds“ ein. Das hat der US-amerikanische Agrarhandelskonzern, der das Werk 2011 gekauft hatte, dem Tagesspiegel mitgeteilt. Zuerst hatte der „rbb“ über die Schließung berichtet.

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An dem Standort am südlichen Zipfel der Hauptstadt sind 43 Arbeiter:innen beschäftigt. Die Geschäftsführung hat sie Anfang Oktober über den Plan informiert. In der kommenden Woche soll vor dem Arbeitsgericht über eine Einigungsstelle entschieden werden. Diese dient dazu, betriebsinterne Streitigkeiten beizulegen.

Um Verhandlungen über die mögliche Weiterbeschäftigung in dem deutlich größeren Schwesterwerk in Reinickendorf soll sich die Geschäftsleitung bislang drücken. Die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) fordert, auf Kündigungen zu verzichten.

Zu wenig geld investiert

Gewerkschaftssekretärin Rebecca Rahe sagt, Cargill habe das Werk seit der Übernahme vor rund 15 Jahren auf Verschleiß gefahren und kaum Geld investiert. „Den Kolleginnen und Kollegen wurde es immer schwerer gemacht, gute Ergebnisse zu erzielen.“ Zugleich sei die Schließung „absolut vermeidbar“. In der Stadt gebe es viele Standorte der Süßwarenindustrie, „die auf Lieferungen aus dem Werk angewiesen sind“.

Cargill hat seinen Hauptsitz in Wayzata, Minnesota.

© IMAGO/KURT DESPLENTER

Auch der Betriebsratsvorsitzende kritisiert, die Mitarbeitenden hätten wegen der Investitionsflaute zu lange unter widrigen Bedingungen gearbeitet. In Reinickendorf habe der Konzern hingegen neue Maschinen angeschafft und die Kapazitäten ausgebaut, erzählt er. „Wir haben in den oberen Ebenen oft angesprochen, warum der Konzern Lichtenrade so vernachlässigt.“

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Der Gesamtkonzern ringt mit Umsatzeinbußen. Laut Medienberichten lag das im vergangenen Jahr vor allem an fallenden Preisen für Agrarrohstoffe auf dem Weltmarkt. Cargill gilt als das größte Privatunternehmen in den USA und beschäftigt global circa 160.000 Menschen. Von rund 8000 von ihnen, so kündigte der Konzern Ende 2024 an, wolle er sich wegen des Umsatzrückgangs trennen.