Die markantesten Sätze des Abends kam von den Geehrten selbst: „Es ist wichtig, dass Menschen mit Behinderung ausgezeichnet werden, weil nur so sichtbar wird, dass auch wir etwas zur Gesellschaft beitragen können“, sagte Andrea Grieb. Und Carmen Kohr, die zweite Geehrte ergänzte: „Es wurde früher viel über die Köpfe von Menschen mit Behinderung hinweg entschieden; nur wenige haben mit uns gesprochen. Wir wollen aber gesehen und gefragt werden bei Dingen, die uns betreffen.“ Der Applaus der mehr als 300 Zuhörer im großen Sitzungssaal des Rathauses verlieh den Sätzen Nachdruck.

Die Ehrenplakette der Stadt wird einmal im Jahr an verdiente Ehrenamtliche verliehen. Foto: Lichtgut/Ferdinando Iannone

Beide Frauen, Andrea Grieb und Carmen Kohr, hatten soeben aus der Hand von Oberbürgermeister Frank Nopper die Ehrenplakette erhalten, eine undotierte Auszeichnung, mit der die Stadt Stuttgart einmal im Jahr Stuttgarterinnen und Stuttgarter ehrt, die sich in außerordentlicher Weise ehrenamtlich engagieren. Die Themenbereiche wechseln. Diesmal wurden zwei Persönlichkeiten geehrt, die sich beim Thema Inklusion hervorgetan haben. In früheren Jahren waren die Bereiche Soziales, Kultur, Bildung, Sport, Umwelt und Sicherheit berücksichtigt worden.

OB Nopper: „Sie bauen Brücken zwischen Menschen mit und ohne Behinderung“

Dem Anliegen von Andrea Grieb und Carmen Kohr wurde am Mittwochabend entsprochen – der Bürgerempfang machte die Leistungen der beiden Frauen öffentlich sichtbar. Oberbürgermeister Frank Nopper stellte ihre Verdienste für Inklusion und Teilhabe von Menschen mit Behinderung in Stuttgart heraus. „Sie leben vor, was Inklusion bedeutet, nämlich mitreden, mitgestalten und mit Herz und Leidenschaft für andere da sein“, sagte er an Andrea Grieb gewandt. Seit 15 Jahren engagiert sie sich im Beirat Inklusion, der beratend wirkt. Daneben bringt sie sich im inklusiven Netzwerk „Imbiss“ ein und ist als ausgebildete Stuttgarter Gästeführerin aktiv. „Sie bauen Brücken zwischen Menschen mit und ohne Behinderung“, lobte Nopper.

Für Carmen Kohr gilt Ähnliches. Als langjähriges Mitglied im Stuttgarter Körperbehindertenverein und dessen Jugendclub „Alex“, sei sie zu einer „zentralen Säule“ geworden, sagte Nopper. Er hob zudem ihr Engagement im Beirat für Menschen mit Behinderung hervor. Als „Expertin für Barrierefreiheit“ habe sie aktiv an der Entwicklung des Stuttgart Aktionsplans zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention mitgewirkt. Die gelernte Erziehering besitze die Fähigkeit, „Menschen zu verstehen, die sich nicht mir Worten ausdrücken können“, erklärte Nopper. Carmen Kohr sorge dafür, „dass jede Stimme gehört wird“. Ihr Beispiel zeige, dass Engagement nicht laut sein müsse, um Berücksichtigung zu finden: „Es braucht dazu vielmehr Herz und die Überzeugung, dass jeder Mensch dazu gehört.“

Die passende Untermalung dazu lieferte der inklusive Treffpunkt-Chor des Caritasverbandes Stuttgart, dem Andrea Grieb angehört. „Schön ist es auf der Welt zu sein“, schmetterten seine Mitglieder in einer Weise, die den Zuhörern zu Herzen ging.