Pumpen sind im Ölfeld Novo-Yelkhovskoye von Yelkhovneft im Einsatz.

Stand: 23.10.2025 15:03 Uhr

Die Ölpreise haben einen mächtigen Satz nach oben gemacht. Hintergrund sind neue Sanktionen der USA gegen die russischen Ölfirmen Lukoil und Rosneft – auch auf Indien wächst jetzt der Druck.


Angela Göpfert

Öl ist plötzlich wieder deutlich teurer geworden. Der Preis für ein Barrel (159 Liter) der Rohölsorte Brent aus der Nordsee springt heute zeitweise um mehr als fünf Prozent in die Höhe über die Marke von 66 Dollar. Ein Fass der US-Sorte WTI kostet am Mittag 61,51 Dollar – ein Plus von 5,1 Prozent. Die Ölpreise steuern damit den Analysten der Deutschen Bank zufolge auf ihren größten Tagesgewinn seit Juli zu.

Doch was steckt dahinter? Expertinnen und Experten verweisen auf die neuen Sanktionen der USA gegen große russische Öl-Firmen. Davon betroffen sind die Staatskonzerne Rosneft und Lukoil sowie deren Tochterfirmen – soweit sie mehrheitlich von ihnen kontrolliert werden.

Bisherige Sanktionen perlten an Russland ab

Alle US-Vermögenswerte dieser Unternehmen sind nun eingefroren. US-Personen und -Unternehmen dürfen keine Geschäfte mit ihnen tätigen, sofern keine spezielle Lizenz vorliegt. Mit diesem Schritt habe die Trump-Regierung die Märkte überrascht, betont Börsenexperte Robert Rethfeld von Wellenreiter-Invest.

Ziel der neuen US-Sanktionen ist es, Russlands Einnahmen aus dem Ölgeschäft zu verringern, mit denen das Land seinen Angriffskrieg gegen die Ukraine finanziert. Allen bisherigen Sanktionen zum Trotz ist Russland auf dem Ölmarkt nämlich nach wie vor einer der ganz großen Player. Das Land ist nach Saudi-Arabien der weltweit zweitgrößte Ölexporteur.

Droht Trump nun Indien mit Sekundärsanktionen?

Doch nicht nur Russland selbst und seine Ölkonzerne geraten nun zunehmend unter Druck – sondern auch die Käufer russischen Öls. Allen voran Indien. So sagte US-Präsident Trump, der indische Premierminister Narendra Modi habe ihm in einem Telefonat am Dienstag versichert, Indien werde „nicht viel Öl aus Russland kaufen“, da auch er „ein Ende des Krieges zwischen Russland und der Ukraine“ wolle.

Im Raum stehen sogenannte Sekundärsanktionen der USA, also Sanktionen gegen ausländische Finanzinstitutionen und Unternehmen, die Geschäfte mit russischen Ölfirmen machen.

Edward Fishman – ein ehemaliger hochrangiger Beamter des US-Außenministeriums, der für die Sanktionen gegen den Iran zuständig war – betont denn auch in einem Beitrag auf X, die Tragweite der neuen Sanktionen hänge von den weiteren Entwicklungen ab: „Werden die USA den chinesischen Banken, Händlern aus den Vereinigten Arabischen Emiraten und indischen Raffinerien, die mit Rosneft/Lukoil Geschäfte machen, aktiv mit Sekundärsanktionen drohen?“. Fishman erwartet zumindest kurzfristig „einen gewissen Rückzug aus den Geschäften mit russischem Öl“.

Indische Raffinerien in Aufruhr

Tatsächlich prüfen indische staatliche Raffinerien wie die Indian Oil Corp, die Bharat Petroleum Corp und die Hindustan Petroleum Corp bereits ihre Handelsdokumente für russisches Öl, wie die Nachrichtenagentur Reuters unter Berufung auf Insider berichtet. Sie wollten damit sicherstellen, keine Lieferungen direkt von den russischen Konzernen Rosneft und Lukoil zu erhalten.

Der größte indische Abnehmer russischen Öls, das Unternehmen Reliance Industries, erwäge darüber hinaus auch eine vollständige Einstellung der Importe aus Russland, sagten zwei mit den Überlegungen vertraute Personen. Expertinnen und Experten rechnen allerdings damit, dass weiterhin einige Fässer über Zwischenhändler auf den Markt kommen werden.

Indien ist zweitgrößter Käufer russischen Öls

Floss früher nur wenig russisches Öl nach Indien, so ist Russland im Zuge des Kriegs gegen die Ukraine zu Indiens größtem Öllieferanten geworden. Allein in den ersten neun Monaten dieses Jahres flossen etwa 1,7 Millionen Fass russisches Schattenflotten-Öl nach Indien – pro Tag.

Insgesamt kaufte Indien seit Dezember 2022 bis Ende September dieses Jahres rund 38 Prozent aller russischen Ölexporte. Nur China nahm mit 47 Prozent noch mehr ab, rechnet das unabhängige Forschungsinstitut Centre for Research on Energy and Clean Air (CREA) vor.

Die immensen indischen Käufe russischen Öls sind Trump schon lange ein Dorn im Auge. Sie sind einer der Hauptgründe dafür gewesen, dass der US-Präsident im August Strafzölle von 50 Prozent auf die meisten indischen Importe in die USA verhängt hat.