Vor Tagen hatte der Kanzler festgestellt, dass es „immer im Stadtbild noch dieses Problem“ gebe, um das sich der Bundesinnenminister nun mithilfe von Rückführungen „in sehr großem Umgang“ kümmere. Zurücknehmen wolle er seine Beobachtung keinesfalls, betonte Friedrich Merz, trotz der anhaltenden Kritik, dass er Menschen mit Migrationshintergrund, die nur aufgrund ihres Aussehens als nicht deutsch wahrgenommen werden, unter Generalverdacht stellte.

Der Kanzler polarisiert nicht zum ersten Mal, an anderer Stelle brandmarkte er den „Sozialtourismus“ oder sprach von „kleinen Paschas“ unter arabischstämmigen Migranten und von Asylbewerbern, die sich in Deutschland die Zähne machen lassen. 

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Rachid Azzouzi kam vor mehr als 50 Jahren mit seinen Eltern aus Marokko nach Deutschland, wuchs hier auf, spielte Fußball, gründete eine Familie, inzwischen ist er der sportliche Geschäftsführer von Alemannia Aachen. Ihn irritieren die „unwürdigen“ Merz-Sätze enorm, weil sie spalten und Menschen verletzen würden, sagt er. Und das alles offenbar für ein paar Prozent mehr Wählerstimmen.

Ich wünsche mir, dass wir endlich aufhören, Sprache zu benutzen, die Menschen ausgrenzt und verletzt – nur weil sie nicht ins vermeintlich ‚gewünschte‘ Stadtbild passen.

Rachid Azzouzi

 „Solche Aussagen sind nicht einfach nur politische Rhetorik. Sie treffen Menschen – jeden Tag, mitten im Leben. Menschen, die seit Jahrzehnten in diesem Land leben, arbeiten, Steuern zahlen, Kinder großziehen. Menschen, die dieses Land mitgeprägt haben. Und trotzdem immer wieder unterschwellig signalisiert bekommen: Ihr gehört nicht wirklich dazu“, schreibt er im Sozialen Netzwerk LinkedIn.

Alemannias neuer Geschäftsführer Sport Rachid Azzouzi erklärt den Redakteuren Christoph Pauli und Bernd Büttgens im AZ-Studio, wie er den Verein noch weiter nach oben bringen will. © Aachener Zeitung

Der Kanzler ziele mit seinen Äußerungen  wieder einmal auf etwas ab, das nie klar ausgesprochen, aber sehr wohl verstanden wird, ärgert sich Azzouzi. „Wenn ich heute solche Sätze höre, frage ich mich: Woran genau macht man eigentlich das „Stadtbild“ fest? An der Sprache? Der Hautfarbe? Der Kleidung?“

Wer so spreche wie Merz, verfehle nicht nur die Komplexität der gesellschaftlichen Realität, er spiele auch mit gefährlichen Bildern, die in der Sprache und Denkweise der AfD längst Normalität seien. „Wenn aber demokratische Parteien und führende Politiker anfangen, sich diesem Ton anzunähern, wird es gefährlich. Für unser Miteinander. Für den sozialen Frieden“, befürchtet der 54-Jährige.

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Und weiter: „Ich wünsche mir eine politische Debatte, die differenziert. Die Menschen nicht in Schubladen steckt. Die Zuwanderung nicht als Problem verkauft, sondern als Realität versteht – mit all ihren Herausforderungen, aber auch mit ihrem Potenzial. Und ich wünsche mir, dass wir endlich aufhören, Sprache zu benutzen, die Menschen ausgrenzt und verletzt – nur weil sie nicht ins vermeintlich ‚gewünschte‘ Stadtbild passen. Denn am Ende geht es nicht nur um einzelne Aussagen, es geht um Haltung.“

Azzouzi äußert sich schon länger zu gesellschaftlichen Entwicklungen. Die Sätze des Kanzlers treffen ihn, sagt er. „Es geht in eine Richtung, die mir Angst bereitet, und vor allem habe ich Angst um die Zukunft meiner Kinder, weil deren Aussehen in den Worten des Kanzlers auch nicht ‚ins Stadtbild‘ passt.“