Tote Kraniche liegen im Linumer Teichland.

Stand: 23.10.2025 18:27 Uhr

Die Vogelgrippe breitet sich immer weiter aus. Es sind schon Tausende Kraniche verendet – auch andere Wildvögel und Nutzgeflügel sind betroffen. Deshalb will sich Agrarminister Rainer am Abend mit seinen Länderkollegen beraten.

Der Ausbruch der Vogelgrippe in Deutschland bereitet zunehmend Sorgen. Angesichts der steigenden Fallzahlen wird sich Landwirtschaftsminister Alois Rainer (CSU) am Abend mit seinen Amtskollegen in den Bundesländern in einer Videokonferenz beraten. Die Minister wollen sich zur derzeitigen Lage austauschen und das weitere Vorgehen besprechen, sagte ein Sprecher des Landwirtschaftsministeriums in Berlin der Nachrichtenagentur Reuters.

Die Vogelgrippe breitet sich seit Mitte Oktober stark aus, bisher meldeten sieben Bundesländer Fälle. Das Friedrich-Löffler-Institut (FLI), das Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit, stuft das Risiko für Wasservögel und Geflügelbestände seit Wochenbeginn als hoch ein.

Ausbreitung bei Kranichen ungewöhnlich hoch

Vor allem die Ausbreitung der Krankheit unter Kranichen hat nach Einschätzung des FLI ein in Deutschland bisher nicht gekanntes Ausmaß angenommen. Eine Häufung verendeter Tiere, so wie in diesem Herbst, sei bisher noch nicht beobachtet worden, sagte eine Sprecherin des für Tierseuchen zuständigen Bundesinstituts. Es sei ungewöhnlich in diesem Jahr, dass Kraniche hierzulande von der Vogelgrippe betroffen sind.

Bei eingesandten Tierkadavern habe das FLI als nationales Referenzlabor die Infektion mit der besonders ansteckenden Variante des Vogelgrippe-Virus H5N1 bestätigt. Erste Schätzungen gehen davon aus, dass bisher etwa 2.000 Kraniche auf dem alljährlichen Vogelzug nach Süden in den deutschen Rastgebieten an der Krankheit verendeten. Allein in Nordbrandenburg wurden nach Behördenangaben zwischenzeitlich fast 1.000 tote Kraniche geborgen, die Suche hält an.

An einem Stausee an der Landesgrenze zwischen Thüringen und Sachsen-Anhalt wurden mehr als 500 tote Tiere gefunden, mehr als 100 in der Mecklenburgischen Seenplatte. Der Höhepunkt der Kranichrast wird erst noch erwartet, so dass Fachleute auch mit deutlich höheren Zahlen toter Tiere rechnen.

Das Ausmaß erinnert an Fälle im Ausland in den vergangenen Jahren: Bei einem Seuchenzug im Winter 2023 seien in Ungarn mehr als 10.000 Kraniche der Vogelgrippe zum Opfer gefallen, teilte die FLI-Sprecherin mit. Im Jahr 2021 seien in Israel 8.000 tote Kraniche gezählt worden.

Tausende Puten und Enten betroffen, 150.000 Legehennen

Doch auch vor Nutzgeflügel wie Legehennen, Mastgänsen oder Puten macht das hochansteckende Virus nicht Halt. Zuletzt brach die Krankheit unter anderem in zwei Großbetrieben mit Legehennen in Vorpommern aus.

In Brandenburg mussten mehr als 9.000 Puten und Enten gekeult werden, in Mecklenburg-Vorpommern allein im Landkreis Vorpommern-Greifswald fast 150.000 Legehennen. Bereits Mitte Oktober waren im niedersächsischen Landkreis Cloppenburg 20.500 Puten gekeult worden. Die Gesamtzahl der seit Jahresbeginn getöteten Nutztiere liegt noch weitaus höher. 

Nun musste auch in Baden-Württemberg in einem Geflügelbetrieb im Alb-Donau-Kreis rund 15.000 Tiere getötet werden. Das nachgewiesene Virus war zuvor durch das Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) bestätigt worden, wie das Landwirtschaftsministerium in Stuttgart mitteilte. Auch mehrere Geflügelbetriebe in anderen Regionen Deutschlands sind bereits betroffen.

„Ausbreitung noch abwendbar“

In Niedersachsen fordern Geflügelhalter, unterstützt von der Landtagsfraktion der CDU, eine landesweite Stallpflicht, um ihre Bestände vor dem Virus zu schützen. Das niedersächsische Landwirtschaftsministerium verwies auf Anfrage darauf, dass Landkreise und Städte für solche Anordnungen zuständig seien.

„Wir müssen das Geschehen gut beobachten und alle Sicherheitsmaßnahmen treffen“, sagte Christa Kühn, Präsidentin des FLI, der Nachrichtenagentur Reuters. Das Risiko für die Ausbreitung der Pest sei zwar hoch, aber noch abwendbar. „Wir sind nicht in einer Situation, in der wir sagen, alles ist außer Kontrolle geraten.“ Die Vogelgrippe mache seit etwa 2016 jedes Jahr die Runde. Jetzt müssten Bauern sich strikt an Sicherheitsprotokolle halten, um Infektions- und Übertragungsrisiken zu minimieren.

Kontakt zu toten Vögeln vermeiden

Laut Institut ist es besonders wichtig, tote Wildvögel wie die Kraniche schnell einzusammeln und sicher zu entsorgen, um die Übertragung des Virus zu unterbinden. Auch Aasfresser wie Krähen, Raben und Seeadler können die Krankheit weitertragen. Zudem werden Tierhalter aufgefordert, die Hygienebestimmungen sehr genau einzuhalten, das Geflügel möglichst in Ställen unterzubringen und Kontakte zu Wildvögeln und deren Ausscheidungen zu verhindern.

Die Vogelgrippe wird auch Geflügelpest genannt. Sie ist hochansteckend und nimmt bei vielen Vogelarten rasch einen tödlichen Verlauf. Für die Bevölkerung besteht laut FLI kein besonderes Risiko. Doch sollte der Kontakt zu toten Vögeln in jedem Fall vermieden werden. Ehemals war das Virus im Zusammenhang mit dem Vogelzug nur während der kalten Jahreszeit hierzulande präsent. Mittlerweile gibt es das ganze Jahr hindurch Nachweise, wenn auch mit saisonalen Schwankungen.