Ausgezeichnete Projekte
Am Mittwochabend verlieh das Architekturforum Zürcher Oberland den diesjährigen Baupreis. Prämiert wurden aussergewöhnliche Bauwerke in der Region.
Im Oberland wird rege gebaut. Manche Bauten sind einigermassen banal, andere wiederum sorgen durch ihre Architektur für Aufsehen. Das Architekturforum Zürcher Oberland (AFZO) hat sich mit der Verleihung des Baupreises zum Ziel gesetzt, alle drei Jahre nicht einfach luxuriöse oder ausgefallene Projekte zu prämieren, sondern bei der Auswahl ein Augenmerk auf die Art der Nutzung und die Nachhaltigkeit zu legen.
«Architektur im Zürcher Oberland ist vielfältig, mutig und von hoher Qualität», sagt AFZO-Präsidentin Elisabeth von Mann. Der Baupreis würdige nicht nur die Bauwerke, sondern auch den Beitrag der Bauherrschaften zur Identität der Region, denn «Architektur beeinflusst unser tägliches Leben».
Über 60 Projekte gingen im Vorfeld beim AFZO ein. Fünf von ihnen hat die sechsköpfige Architekten-Jury nun mit dem Baupreis 2025 ausgezeichnet. Verliehen wurde der Preis am Mittwochabend in der «Garage» in Wetzikon bereits zum zehnten Mal.
Speicher Obere Mühle, Dübendorf
Erstellerin: Stadt Dübendorf
Architekt: Bernath + Widmer Architekten, Zürich
«Eine ruhige, aber dennoch öffentliche und unverkennbare Ausstrahlung» – so würdigt das Architekturforum den Speicher der Oberen Mühle.
Die drei markanten Giebel prägen das Bauwerk. (Archiv)
Bei der Einweihung des neuen Speichers gab es jedoch von den Besucherinnen und Besuchern nicht nur lobende Worte. (Archiv)
Konzerte, Comedyshows oder Theateraufführungen finden im Speicher des Kulturzentrums Obere Mühle in Dübendorf statt. Vor zwei Jahren wurde das Bauwerk eingeweiht. Damals gab es für den Speicher nicht nur Lob. Die Fassadenfront und die drei markanten Giebel polarisierten.
Die Baupreis-Jury konnte der Speicher dafür überzeugen. «Die Hauptfassade erzeugt in ihrer zeichenhaften Prägnanz eine ruhige, dennoch öffentliche und unverkennbare Ausstrahlung», heisst es in der Würdigung.
Auch seien «Assoziationen an die skandinavische Moderne» erkennbar. Die Fassade stehe in einem deutlichen Kontrast zum dunkleren Dach. Erwähnt werden auch die einfachen und unverkleideten Materialien, die den Bau prägten. Das Gebäude sei «ein beachtenswertes Weiterschreiben der örtlichen Baukultur und Identität für den Ort».
House for (almost) everything, Wernetshausen
Ersteller: Walter Bachmann, Zürich
Architekt: Comte/Meuwly Architekt*innen, Zürich
Ein Ort für (fast) alle: Das prämierte Gebäude steht in Wernetshausen und bildet einen Treffpunkt für die Bevölkerung.
Ebenso wie der neue Speicher hat sich auch das «House for (almost) everything» zu einem Treffpunkt entwickelt. Das Gebäude steht in der Hinwiler Aussenwacht Wernetshausen.
Aus dem Dorf ist in den vergangenen Jahren viel verschwunden, öffentliche Treffpunkte wurden rarer. Das «House for (almost) everything» soll dieser Entwicklung entgegenwirken. Kulturelle Anlässe und Veranstaltungen finden hier statt, es ist aber auch ein privater Rückzugsort. Bei der Jury kommt dabei nicht nur das Konzept, sondern auch die Architektur gut an.
Die Glasfront zur Wiese hin schaffe einen «maximal transparenten und frei bespielbaren Veranstaltungsraum, der auf einem schwebenden Plateau wie eine Bühne zur Natur ausgelegt ist». Das Haus sei eine Innovation, «technoides wird gepaart mit ruralem». Es biete für alle Generationen des Dorfs eine Entfaltungsmöglichkeit – und dies «atmosphärisch leicht wie ein Schmetterling in der Wiese».
Wohnhaus Schulstrasse, Pfäffikon
Ersteller: AMAG Group BVG-Kasse, Zürich
Architekt: EMI Architekt*innen AG, Zürich
Das Wohnhaus an der Schulstrasse überzeugt mit seiner hochwertigen Architektur trotz bescheidenem Budget.
Die Jury berücksichtigte für den Baupreis nicht nur öffentliche, sondern auch private Gebäude. Das vierstöckige Wohnhaus an der Schulstrasse in Pfäffikon zeige eindrücklich, dass trotz bescheidenem Budget hochwertige Architektur entstehen könne.
«Die qualitätsvollen, unterschiedlich geschnittenen, kompakten Wohnungen sind eine Bereicherung für das ländlich geprägte Pfäffikon», heisst es in der Würdigung weiter.
Auffallend am Gebäude ist insbesondere das Attikageschoss. Die acht Ess- und Wohnräume sind um 45 Grad abgedreht. Das kronenartig angeordnete Dachgeschoss verleihe dem Haus eine ganz besondere Anmut, findet die Jury.
Wohnen im Westhof, Dübendorf
Ersteller: Wogeno Zürich und Palmahaus AG, Zürich
Architekt: Conen Sigl Architekt*innen GmbH, Zürich
Ein Hingucker für Zugpassagiere: der Westhof im Hochbord-Quartier von Dübendorf.
Hinter der Fassade des Westhofs befindet sich ein grosszügiger Innenhof. (Archiv)
«Einladend für die Nachbarschaft», so urteilt die Jury über den Innenhof des Westhofs. (Archiv)
Ein weiteres ausgezeichnetes Wohngebäude liegt direkt an den Bahngleisen am Stadtrand von Dübendorf. 83 Wohnungen und 11 Gewerbeateliers sind auf dem Areal einer ehemaligen Gärtnerei entstanden. Bezogen wurde der Westhof im Februar 2023.
Das Bauwerk habe die Stimmung der früheren Gewächshäuser auf dem Areal übernommen, urteilt die Jury. Es schaffe einen «atmosphärischen Hofraum inmitten der anonymen Nachbarschaftsbauten». Eine weitere Qualität des Projekts sei die grosszügige Dachterrasse.
Hervorgehoben wird zudem die Vielzahl der Wohnungstypen, zu denen auch eine Clusterwohnung für Menschen mit Beeinträchtigung gehört. Ein Teil des Westhofs wird ausserdem von der Wohngenossenschaft Wogeno verwaltet. Dadurch entstehe eine gute Durchmischung der Bewohnerschaft.
Erstellerin: Stadt Rapperswil-Jona
Architekt: Linea Landscape Architecture, Zürich
Der Grünfelspark in Jona liegt unweit des Bahnhofs.
Weder befindet sich das fünfte mit dem Baupreis ausgezeichnete im Oberland, noch ist es ein Wohngebäude. Der Grünfelspark liegt gleich beim Bahnhof Jona. 1986 hatte die Gemeinde Jona das Grünfelsareal aus Privatbesitz erhalten.
Die Stadt Rapperswil-Jona realisierte nun einen Park, der «den besonderen Herausforderungen der suburbanen Lage gerecht wird und sich im Charakter von einer ‹klassischen› Parkanlage des innerstädtischen Umfelds unterscheidet». Eröffnet wurde er im Juni 2024.
Die Kombination aus Hain, Wiese und Bahndamm hat die Jury überzeugt. Bestehende Qualitäten und Elemente würden nicht nur erhalten, sondern gestärkt. Entstanden sei ein grüner, offener und vielfältig nutzbarer Freiraum.
Neben den fünf ausgezeichneten Bauprojekten schafften es vier weitere in die Endauswahl. Dazu gehören die Alterswohnsiedlung Rehbühl sowie das von viel Holz und einem Zinkdach geprägte und private «Gartenhaus» in Uster.
Ebenfalls unter den Nominierten befinden sich die Wohnsiedlung Jonagold in Rapperswil-Jona sowie der im Oktober 2023 eröffnete Kindergarten Rosswinkel in Effretikon.