Kulturpalast mit Springbrunnen in Dresden, ein länglicher Bau mit großen Fenstern

Stand: 24.10.2025 03:00 Uhr

Die Städtischen Bibliotheken Dresden sind u.a. für ihre vorbildliche Bildungsarbeit als „Bibliothek des Jahres 2025“ ausgezeichnet worden. In der Jurybegründung heißt es, die Bibliotheken erfüllten mit ihren zwanzig Standorten vorbildlich ihren kommunalen Auftrag, indem sie Wissen, Bildung und kulturelle Teilhabe für alle zugänglich machten – dezentral, niedrigschwellig und stadtteilnah. So sind sie ein wichtiger Ort der Begegnung für die Dresdner Stadtgesellschaft.

Von Eva Gaeding, MDR Kulturdesk

Im schönen, hellen Foyer im zweiten Stock des Kulturpalastes – dem Standort der Zentralbibliothek – steht vor einer großen Fensterfront ein Klavier. Davor kann jeder und jede Platz nehmen und sich, mit Blick auf den Altmarkt, in sein Spiel versenken. Aber bitte mit Kopfhörern, denn rings herum sitzen Menschen in den eleganten Lounge-Sesseln, die in den ausliegenden Zeitungen blättern oder den Blick schweifen lassen. Zum Beispiel über die Bienenbeuten und Hochbeete auf dem Balkon. Es ist eine ganz normale Situation in der Dresdner Stadtbibliothek.

„Wir haben angefangen mit zwei E-Pianos, jetzt haben wir schon vier“, erklärt die Direktorin der Städtischen Bibliotheken Dresden, Marit Kunis. Alle seien eigentlich ständig in Gebrauch. Früh am Morgen, wenn keine Lernzeit sei und keine Schüler da wären, könne man auch mal laut spielen – „wenn man es kann“, ergänzt Kunis lachend.

Der Preis „Bibliothek des Jahres 2025“

Mit der Auszeichnung zur „Bibliothek des Jahres 2025“ soll das öffentliche Bewusstsein für die Rolle und Bedeutung moderner Bibliotheken in einer zunehmend digitalen Gesellschaft gestärkt werden. Der Preis wird jährlich vom Deutschen Bibliotheksverband e. V. und der Deutsche Telekom Stiftung verliehen. Die Preisübergabe findet am Tag der Bibliotheken bei den jeweiligen Preisträgern statt. Die Auszeichnung ist mit 20.000 Euro dotiert. Seit 2020 wird auch ein Preis für die „Bibliothek des Jahres in kleinen Kommunen und Regionen“ verliehen. Er ist mit 7.000 Euro dotiert.

Die Klaviere und die Bienen sind nur zwei der vielen Details, die diese Bibliothek und ihre neunzehn Zweigstellen zu etwas Besonderem machen. Die Bienenvölker kamen durch Vermittlung eines Imkers auf den Balkon des Kulturpalastes. Kunis und ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben für sie einen Platz vor den Fenstern der Kinderbibliothek gewählt und Hochbeete angelegt. „Uns ist wichtig, dass Kinder sehen, wie eine Erdbeere wächst und wie eine Paprika aussieht. Und wenn dann der Imker kommt, dann ist man live dabei, hinter einer sicheren Scheibe.“

Bibliothek der Dinge verleiht Ukulele oder Teleskop

Zwischen 45.000 und 65.000 Besucher kommen pro Monat allein in die Zentralbibliothek in den Kulturpalast. Nicht nur, um eines der etwa 300.000 Medien dort auszuleihen: etwa Bücher aus der Belletristik- oder der Kinderbibliothek, Bildbände über Kunst, Noten aus der Musikabteilung, Schallplatten, Filmklassiker auf DVD oder die neuesten Brettspiele.

Wer möchte, kann sich in der Bibliothek der Dinge auch eine Ukulele ausleihen.

Vielleicht soll es aber gerade eine Ukulele sein, ein Dörrautomat – oder ein Teleskop? Möglich macht das seit vier Jahren die Bibliothek der Dinge. Entwickelt, im Rahmen der Carta Culture for Future, für mehr Nachhaltigkeit in Kultureinrichtungen.

Bibliotheken sind schon lange nachhaltig

Eine Bibliothek sei an sich nachhaltig, meint Marit Kunis: „Leihen statt kaufen. Das machen wir jetzt seit 150 Jahren.“ So lange gibt es die Städtischen Bibliotheken Dresden schon.

Leihen statt kaufen. Das machen wir jetzt seit 150 Jahren.
Marit Kunis, Leiterin der Städtischen Bibliotheken Dresden |

Ein Ort für alle Menschen

Wichtig sei, diesen Gedanken weiterzuentwickeln in Richtung Bürgerwissenschaften, sagt Kunis, „wie vermittle ich das Wissen, wie leben wir zusammen?“ In der Dresdner Stadtbibliothek wird dieses Zusammenleben exemplarisch erprobt. Alle Generationen, alle sozialen Schichten haben hier die Möglichkeit, Zeit zu verbringen, ohne zwangsläufig Geld ausgeben zu müssen. „Wir haben auch Menschen hier, die kein Obdach haben oder die einsam sind.“ Die Bibliothek ist für sie ein Ort, an dem sie mit anderen in Kontakt treten können.

Wo, wenn nicht in einer Bibliothek kann man Menschen mit ähnlichen Interessen finden?

„Ich kann jemanden ansprechen, ich kann jemanden nach einem guten Buch fragen. Ich kann auch nur sitzen und beobachten oder aus dem Fenster gucken. Oder mich ans Klavier setzen und Töne hören und spielen,“ fasst es Kunis zusammen. Beim Blick in die belebten Bibliotheksräume, in denen eine freundliche, ruhige Atmosphäre herrscht, wird offensichtlich, wie gut das Konzept funktioniert.

Vielfältiges Angebot auch an der Peripherie

Viele Angebote wären noch zu nennen. Das Netz aus Ehrenamtlichen, die Bücher zu denen nach Hause bringen, die selbst nicht mehr in die Bibliotheken kommen können. Die Ausstellungen, Lesungen, Vorträge oder Spieleabende. Die Ferienkurse für Kinder und Jugendliche im Nähen oder Programmieren oder die Workshops zur Medienkompetenz. Selbst Tüten mit Saatgut für den eigenen Garten kann man hier tauschen.

Auch Tanzkurse werden in den Städtischen Bibliotheken Dresden angeboten.

Das alles gibt es nicht nur in der Zentralbibliothek, auch in den neunzehn Zweigstellen, von Gorbitz bis Langebrück. Denn die Stadtbibliothek möchte für alle da sein, sagt Kunis. Im Idealfall wie ein zweites zu Hause, „was ganz nah ist, wo ich maximal eine Viertelstunde zu Fuß unterwegs bin oder in die Straßenbahn einsteige, zwei Stationen fahre oder mich aufs Fahrrad schwinge“, so Kunis.

Diese kleinen Orte der Zuflucht möchte Kunis mit ihren Mitstreiterinnen und Mitstreitern verteidigen – auch gegenüber den Sparplänen der Stadt. Denn Zugang zu Kultur und Bildung zu ermöglichen, sei nicht nur eine Option, sondern die Pflicht einer Kommune, davon ist sie überzeugt. Die Auszeichnung der Städtischen Bibliotheken Dresden als Deutschlands Bibliothek des Jahres 2025 ist da ein wichtiges Signal.

Die Zweigstelle Dresden-Neustadt.

Weitere Informationen

Zentralbibliothek im Kulturpalast Dresden
Wilsdruffer Straße 18, 01067 Dresden

Öffnungszeiten:
Montag bis Samstag, 10 bis 19 Uhr

Quelle: MDR KULTUR (Eva Gaeding), Städtische Bibliotheken Dresden

Redaktionelle Bearbeitung: op

Dieses Thema im Programm:
MDR KULTUR – Das Radio | 24. Oktober 2025 | 06:20 Uhr

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