Stand: 24.10.2025 11:19 Uhr

Das Sturmtief „Joshua“ zieht über den gesamten Norden. In der Nacht kam es zu Überflutungen und ein Baum stürzte auf die A28. Wetterexperten erwarten Sturmfluten und Orkanböen von bis zu 120 Kilometern pro Stunde.

Laut Deutschem Wetterdienst hängt das Sturmtief derzeit über der deutschen Nordsee fest. Es bewegt sich nach Angaben des Deutschen Wetterdienstes (DWD) kaum noch weiter. Normalerweise rauschten Sturmtiefs eher durch, sagte DWD-Meteorologin Julia Schmidt dem NDR Niedersachsen heute Morgen. „Das ist jetzt nicht der Fall“, so die Expertin. Bis zum Abend gilt eine amtliche Unwetterwarnung für die Nordseeküste, die Ostfriesischen und die Nordfriesischen Inseln.

Reporterin Christina Gerlach berichtet von Norderney.

Ist das Sturmtief bereits spürbar? Reporterin Christina Gerlach berichtet aus Norderney.

Binnenland ist weniger stark vom Sturm betroffen

Das Sturmtief „Joshua“ erreicht am Vormittag weitere Teile des Nordens. Große Teile Schleswig-Holsteins, Hamburgs und Mecklenburg-Vorpommerns müssten dann ebenfalls mit schweren Sturmböen rechnen. „Der Schwerpunkt des Windes verlagert sich dann am Nachmittag mehr in Richtung Nordfriesische Inseln“, sagte Wetterexperte Sebastian Wache dem NDR Schleswig-Holstein. Dort erwarte er Orkanböen mit 120 bis 130 Kilometer pro Stunde. Im Binnenland weht der Wind weniger stark. Doch auch hier kann es laut DWD Sturmböen von bis zu 80 Kilometern pro Stunde geben. Vor allem in höheren Lagen – etwa im Harz – sind Orkanböen möglich.

Sturmtief „Joshua“ zieht langsam über Dänemark nach Schweden

Im Laufe des Wochenendes bewegt sich das Sturmtief laut DWD in Richtung Dänemark. Erst am Sonntag soll „Joshua“ Schweden erreichen. Kräftiger Wind werde Deutschland noch bis zum Wochenanfang begleiten, sagte Schmidt. Zudem solle es viel regnen.

Aufgepeitschte Nordsee sorgt für Überschwemmungen

Eine mobile Fischbude steht in Wilhelmshaven auf einem Platz, der von einer Sturmflut überspült wird.

Teile der Uferpromenade und ein Parkplatz wurden in Wilhelmshaven überflutet.

In der Nacht hatten die Windgeschwindigkeiten immer weiter zugenommen. Ein Baum war der Polizei zufolge auf die A28 bei Bad Zwischenahn (Landkreis Ammerland) gestürzt. Die Vollsperrung ist inzwischen wieder aufgehoben, verletzt wurde niemand. Die aufgepeitschte Nordsee hat im niedersächsischen Wilhelmshaven Teile der Promenade und eines Parkplatzes unter Wasser gesetzt. In Schleswig-Holstein, Hamburg und Mecklenburg-Vorpommern bei Rostock und Neubrandenburg hatte die Polizei eigenen Angaben zufolge kaum wetterbedingte Einsätze in der Nacht.

Baum stürzt auf Hausdach

Ein umgestürzter Baum hängt an einem Wohnhaus.

Im Landkreis Cloppenburg stürzte durch den Sturm ein Baum auf ein Haus.

Im Landkreis Cloppenburg in Niedersachsen haben bereits am Donnerstag erste Sturmböen einen Baum entwurzelt. Dieser stürzte auf ein Haus in Löningen. Ein Sprecher der Feuerwehr sagte, man habe sich entschieden, den Baum zunächst auf dem Hausdach liegen zu lassen. Wenn man ihn jetzt zerlege, könnte er sich drehen und der Schaden würde sich eventuell vergrößern. Ein Kran werde den Baum später vom Haus heben. Die Beamten rechnen jedoch damit, dass sie zum späten Vormittag häufiger alarmiert werden, wenn sich die Wetterlage zuspitzt.

AIDA-Schiff muss Reise verkürzen

Das Kreuzfahrtschiff „AIDAperla“ hat am Donnerstag wegen des Herbststurms seine Reiseroute durch Norwegen verkürzt. Wie das Schifffahrtsunternehmen auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur mitteilte, kehrte das Schiff bereits heute, also einen Tag früher als geplant, in den Hamburger Hafen zurück. Damit wolle man einer möglichen Sperrung der Elbe entgehen. Laut dem „Hamburger Abendblatt“ dürfen die Gäste die kommende Nacht im Hafen übernachten.

Diese Punkte sollten Sie beachten

Der DWD rät, sich während der Wetterwarnung in den betroffenen Gebieten nicht im Freien aufzuhalten. „Die Bäume haben noch viel Laub“, sagte Schmidt. Das biete dem Wind eine gute Angriffsfläche. Auch die Niedersächsischen Landesforsten warnen vor dem Betreten der Wälder. Die erwarteten Sturmböen träfen vielerorts auf Bäume, die nach mehreren Dürrejahren nicht mehr so stabil seien. Außerdem gebe es mehr abgestorbene Äste in den Baumkronen, was das Risiko fallender Äste weiter erhöhe.

Fahrten des Ausflugsschiffes von Büsum nach Helgoland (Kreis Pinneberg) wurden wegen der erwarteten Wetterlage von Freitag bis Sonntag abgesagt. Auch die Fahrten mit dem Halunder Jet von Hamburg nach Helgoland fallen derzeit aus. Die Föhr-Amrum-Linie verkehrt nur eingeschränkt. Auch bei den Fähren auf die Ostfriesischen Inseln kommt es zu Fahrplanänderungen und Ausfällen: Nach Langeoog und Spiekeroog fährt heute keine Fähre. Norddeich, Juist und Wangerooge sind erst ab dem Nachmittag wieder zu erreichen. Für Norderney gibt es einen Hinweis von der Reederei Frisia, dass es ab heute zu Verzögerungen und Ausfällen wegen der Wettervorhersagen kommen kann. Alle Fähren ab und nach Norderney fallen bis heute Nachmittag aus.

An der Ostsee wird kein „ausgewachsener Sturm“ erwartet, teilte NDR Wetterexperte Stefan Kreibohm mit. Dennoch fallen einige Fährverbindungen aus. Scandlines hat alle Fähren zwischen Gedser (Dänemark) und Rostock nach 9 Uhr abgesagt. Die „Weiße Flotte“ hat auf Rügen den Fahrplan ausgedünnt. Dort entfallen die Touren mit dem Fahrgastschiff „Sellin“, das zwischen Sellin, Baabe und Gager pendelt. Auch die Exkursionen auf die Insel Vilm um 9.30 und 13.30 Uhr fallen heute aus. Die Reederei Hiddensee fährt planmäßig und in Rostock bleibt die Fähre zwischen Warnemünde und Markgrafenheide bis 14 Uhr bei ihrem 10-Minuten-Takt. Danach kann es Verspätungen geben.

Auch auf den Straßen und Schienen kann es durch den Sturm zu Behinderungen kommen, wie der DWD prognostizierte. Besonders viel Angriffsfläche böten dem Wind Bäume, weil an diesen zurzeit noch viele Blätter hingen. Auch der ADAC rät Verkehrsteilnehmenden, Strecken in Waldgebieten zu meiden und bei starkem Wind mit niedrigerem Tempo unterwegs zu sein. Auf Brücken, in Waldschneisen und beim Überholen im Windschatten sei die Gefahr, von heftigen Böen erfasst zu werden, am größten. Autofahrer sollten daher „noch aufmerksamer sein“. Da mit dem Ende der Ferien auch mit erhöhtem Rückreiseverkehr auf den Straßen zu rechnen ist, empfiehlt der ADAC, die Stoßzeiten zu meiden und Autofahrten vorausschauend zu planen. „Besonders auf der A7 und A1 wird es am Wochenende voll werden“, teilte eine Sprecherin dem NDR Niedersachsen mit.

Bei der Deutschen Bahn kommt es aufgrund des Unwetters seit Donnerstagabend im Fernverkehr zu Beeinträchtigungen. Betroffen ist unter anderem die Strecke Hannover-Kassel-Frankfurt. Die Deutsche Bahn empfiehlt Fahrgästen, sich vor Reiseantritt in der Fahrplanauskunft der App „DB Navigator“ oder auf bahn.de/aktuell zu informieren. In Schleswig-Holstein rechnet nordbahn aufgrund des Unwetters mit Beeinträchtigungen im Zugverkehr, wie es auf der Webseite heißt. Die Harzer Schmalspurbahnen (HSB) stellen den Zugverkehr auf den Gipfel nach eigenen Angaben heute ein.

Sturmflutwarnung für Hamburg und Nordseeküste

Für die Nordseeküste und das Gebiet der Elbe warnt das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) vor der Gefahr einer Sturmflut. In Hamburg soll der Hochwasserscheitel  gegen 19 Uhr bei 1,75 Meter bis 2,25 Meter über dem mittleren Hochwasser liegen. Bereits ab einem Pegelstand von etwa 1,50 Metern tritt das Wasser in Hamburg beim Fischmarkt über die Promenade, teilte das BSH mit. Das Nachmittags-Hochwasser und das Abend-Hochwasser an der ostfriesischen Küste und im Wesergebiet können den Angaben zufolge ein bis anderthalb Meter höher eintreten als das mittlere Hochwasser, im Elbgebiet könne es anderthalb bis zwei Meter höher werden und an der nordfriesischen Küste zwei bis zweieinhalb Meter.

BSH: „Sturmflut ist im Herbst normales Ereignis“

Dem BSH zufolge sind starker Wind kurz vor oder während des Gezeitenhochwassers sowie eine auflandige Windrichtung Voraussetzungen für eine Sturmflut. „Eine Sturmflut in dieser Höhe ist im Herbst ein normales Ereignis“, teilte das BSH auf NDR Anfrage mit. Die Küstenländer seien gut auf solche Sturmfluten vorbereitet. Allerdings stellt der Klimawandel den Küstenschutz vor eine Herausforderung: „Der mittlere Wasserstand an den deutschen Küsten erhöht sich durch den Meeresspiegelanstieg, daher erhöht sich auch der Wasserstand bei Sturmfluten“, heißt es vom BSH. Bei fortschreitenden Emissionen, schätzt das BSH, werden zudem Wetterlagen, die Sturmfluten begünstigen, zum Ende des Jahrhunderts hin häufiger auftreten. Auch darauf bereiten sich die Länder laut BSH bereits vor.

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