Die Nato geht einer umfangreichen Recherche zufolge davon aus, dass Russland das auf dem Ostseegrund liegende Wrack der MS Estonia für Spionagezwecke nutzt. Wie NDR, WDR und die Süddeutschen Zeitung berichten, gibt es trotz eines Verbots Taucheinsätze am oder in der Nähe des Wracks, an dem möglicherweise russische Spionagetechnik versteckt sei.

Mehrere Nato-Mitgliedsstaaten sollen demnach Informationen besitzen, die nahelegen, dass vor wenigen Jahren technisches Gerät am Wrack positioniert worden ist. Die soll zum Navigieren von
Unterwasserdrohnen und Robotern genutzt werden können. Westliche Geheimdienstinformationen zeigen der Recherche zufolge, dass die russische Armee am Meeresgrund Spionageaktivitäten geübt und betrieben habe. 

Russland wird demnach auch verdächtigt, in der Sperrzone um das Wrack Sensorik angebracht zu haben. Diese versteckten Gerätschaften sollen dazu in der Lage sein, die Bewegung von Nato-Kriegsschiffen aufzuzeichnen. Spezifische Schraubengeräusche und
andere Merkmale der Schiffe sowie von U-Booten sollen demnach damit erfasst worden sein, wodurch diese eindeutig identifiziert werden können.

Russland äußert sich nicht

Die Regierungen von Finnland
und Estland, die ein Jahr nach der Estonia-Katastrophe gemeinsam mit Schweden ein Abkommen unterzeichnet hatten, das Tauchgänge am Wrack zur Wahrung der Totenruhe unterzeichnet haben, äußerten sich auf Anfrage zurückhaltend zu dem Sachverhalt. Das
estnische Außenministerium teilte mit, dass die Vorgänge in der Ostsee allgemein zusammen mit Verbündeten beobachtet würden. Russland trete dort seit dem
Angriffskrieg gegen die Ukraine aggressiver auf. 

Der zuständige
finnische Grenzschutz teilte mit, dass aus operativen Gründen keine
Details zu möglichen Überwachungsmaßnahmen veröffentlicht würden. Man wisse jedoch um die russischen Geheimdienstaktivitäten im eigenen Land. Zwischen 2021 und 2024 sei der
spezielle Schutz für das Wrack unterbrochen gewesen, um die Untersuchung
neuer Hinweise zum Untergang der MS Estonia zu ermöglichen. 

Die russische
Regierung ließ eine Anfrage gänzlich unbeantwortet.

Schwerste Schiffskatastrophe in der europäischen Nachkriegsgeschichte

Der Ort in der Ostsee, wo die Fähre untergegangen ist, befindet sich nahe Schweden, Finnland und
dem Baltikum am Eingang zum Finnischen Meerbusen. Laut Militärvertretern sei dieser aufgrund der Seewege und intensivem Schiffsverkehr ideal, um heimlich entsprechende Informationen
zu sammeln. 

© Lea Dohle

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Russland könne dort wegen des Tauchverbots ungestört agieren. Von Vorteil sei auch, dass dort am
Wrack angebrachte Gerätschaften anders als auf dem sandigen
Ostsee-Meeresboden kaum auffielen und fest montiert werden könnten.

Die Fähre MS Estonia sank am 28. September 1994 auf dem Weg von Tallinn nach Stockholm. 852 Menschen starben. Es war die schwerste Schiffskatastrophe in der europäischen Nachkriegsgeschichte. Um das Wrack wurde eine Tauchverbotszone ausgerufen, um die Untersuchung zur Unglücksursache nicht zu gefährden. 

Ostsee

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