Einkesselung droht

Ukrainische Truppen in „katastrophaler Lage“

24.10.2025 – 22:09 UhrLesedauer: 3 Min.

Eine russische Artillerieeinheit bei Pokrowsk: Russland erleidet wohl schwere Verluste beim Versuch, die Stadt Dobropillja zu erobern.Vergrößern des Bildes

Eine russische Artillerieeinheit bei Pokrowsk: Russland rückt weiter vor. (Quelle: IMAGO/Stanislav Krasilnikov)

Seit Monaten dauern die Kämpfe um die ostukrainische Stadt Pokrowsk an. Nun spitzt sich die Lage für die ukrainischen Einheiten offenbar dramatisch zu.

Die Stadt Pokrowsk im Osten der Ukraine ist seit Monaten Schauplatz erbitterter Gefechte. Sie liegt an der Frontlinie im Donezker Gebiet, wo Russland seit Sommer versucht, tief in die ukrainischen Verteidigungszonen vorzustoßen. Mehrfach wechselte die Kontrolle über einzelne Stadtteile, im Abnutzungskrieg erlitten beide Seiten hohe Verluste. Jetzt scheint die Lage für die ukrainischen Truppen jedoch so kritisch wie nie.

Wie die ukrainische Nachrichtenseite „Ukrajinska Prawda“ unter Berufung auf Offiziere berichtet, befinden sich bereits mindestens 250 russische Soldaten in Pokrowsk. In fast jeder Straße werde gekämpft, ein Kontakt zu einzelnen Einheiten bestehe nur noch über Funk. „Die Infanterie ist praktisch vom Kommando abgeschnitten“, sagte ein beteiligter Offizier. „Wir können sie über Funk hören und versuchen, ihnen mit Drohnen Wasser zu liefern. Sie sind seit zweieinhalb bis drei Monaten auf ihren Positionen.“

Laut den Berichten hat die Dominanz russischer Drohnen deutlich zugenommen. Die per Glasfaser kontrollierten Flugobjekte überwachen die Stadt rund um die Uhr. Jede Bewegung ukrainischer Fahrzeuge wird sofort entdeckt und häufig beschossen, sodass die Logistik faktisch zum Erliegen gekommen ist.

Deshalb müssen ukrainische Soldaten teils zehn bis 15 Kilometer zu Fuß zur Front marschieren, um Munition und Vorräte zu transportieren. Ein Evakuieren Verwundeter sei kaum noch möglich. Der Soldatenmangel in den Frontabschnitten gilt als gravierend. Ein Offizier schilderte die Lage als „katastrophal“: „Pokrowsk bricht zu schnell zusammen, damit haben wir nicht gerechnet.“

Präsident Wolodymyr Selenskyj hatte im September noch von erfolgreichen Gegenangriffen berichtet. Die Erfolgsberichte wurden jedoch von Anfang an durch ukrainische Militärbeobachter angezweifelt. Dennoch informierte am Mittwoch das ukrainische Militär über die Rückeroberung des Dorfes Kutscheriw Jar nördlich von Myrnohrad und über 50 russische Gefangene.

Diese Erfolge konnten den Druck auf Pokrowsk jedoch offenbar kaum lindern. So existieren laut ukrainischen Quellen einige Positionen nur noch auf Karten oder seien lediglich von Verwundeten besetzt. Jetzt hat die russische Armee erneut mehrere Stellungen in Pokrowsk bezogen. Auch im Norden des nahegelegenen Myrnohrad sind russische Einheiten gesichtet worden. Den Ukrainern dort droht die Einkesselung: „Wenn Pokrowsk fällt, gibt es für die Einheiten in Myrnohrad keinen Ausweg mehr“, sagte ein Offizier der „Ukrajinska Prawda“.