Motte zeigt mit seinem Aussehen zweifellos und zeigt selbstbewusst, dass er queer ist. „Schönheit ist für mich, ich selber zu sein und für mich ist schön sein, auch ein bisschen in der Offensive sein,“ sagt der 22-Jährige bei MDR KULTUR. Auch mit seinen körperlichen Behinderungen geht er offen um.

Gehstock und Hörgerät als Mode-Statement

Seine Hörgeräte hat der 22-Jährige mit grünen und pinken Gummis umwickelt, passend zur Farbe seiner Haare und auch sein Gehstock ist bunt beklebt. Es ist fast schon ein Accessoire.  

„Man muss sich erst damit abfinden, das ist nun mal kein Ohrring. Ich kann nicht entscheiden, heute will ich den nicht tragen. Aber ich finde, es ist auch um einiges leichter, so was zu nutzen und sich trotzdem schön zu fühlen.“ Weil die Hilfsmittel genauso bunt seien, wie er als Mensch, sei es für Motte umso einfacher, sich damit schön zu fühlen.

Einen seiner ausgedienten Stöcke hat er dem Hygiene-Museum geschenkt. Er ist jetzt in einer Vitrine ausgestellt und einer von 32 Objekten, die von Menschen überwiegend aus Dresden ausgesucht wurden. Die Gegenstände waren ihnen etwa bei der Körperpflege, beim Stylen und sich Präsentieren wichtig.

Interkulturelle Perspektive auf Haarmode

Lisa hat ein Bonnet ausgewählt, eine Haube aus Seide mit afrikanischem Muster. „Ich bin seit neun Jahren Natural und in neun Jahren sammeln sich einige an“, sagt sie. Ein Teil ihrer Familie stammt aus Mosambik und lebt auch noch dort. Mit „Natural“ meint sie ihre Locken, die sie mit den Bonnets schützt.

Sie trägt die Bonnets beim Schlafen, beim Kochen und auch beim Spielen mit ihrem Sohn. Wie viele sie hat, kann die 29-jährige nicht sagen, auf jeden Fall aber sehen alle unterschiedlich aus.

Früher habe sie ihre Haare geglättet, so erzählt Lisa: Als sie über Weihnachten ihre Familie besucht habe, erlebte sie ihre Cousinen und Cousins alle mit ihren natürlichen Haaren. „Ich sitze da mit meinen geglätteten Haaren und das schien natürlich, als würde ich mich für meine Haare schämen. Aber nein, ich bin stolz auf meine Haare und die sehen auch wirklich toll aus!“

Menschen aus Dresden steuern Ausstellungsstücke bei

Lisa und Motte sind zwei von über 100 Beteiligten, die am Konzept des neuen, des letzten Raums der Dauerausstellung mitgewirkt haben. Es gab innerhalb der letzten zwei Jahre diverse Workshops und Treffen mit Menschen aus Dresden, aber auch aus Hoyerswerda, erzählt Kurator Hannes Hacke: „Was uns dabei immer wieder begegnet ist, ist dieses Changieren zwischen der Frage: ‚Bin ich schön? Und Bin ich schön!'“

Im Hintergrund vieler Geschichten, denen die Kuratoren begegnet sind, stehe der Gegensatz zwischen „der Selbstaffirmation schön zu sein und der genügen zu können und dem Selbstzweifel.“ Daraus haben sich am Ende vier Themen herauskristallisiert. Sie strukturieren den Raum, den amorphe Formen in Orange und Violett durchziehen, das gilt für die einladenden Couches, wie auch die Texttafeln.

Schönheit und Konsum

„Vor dem Spiegel“ heißt ein Kapitel, ein anderes „Ware Schönheit“, bei dem es um Konsum und Selbstoptimierung geht, aber auch Do-It-Yourself-Schönheitsrezepte. Ergänzend gezeigt werden dabei auch historische Objekte: Bartbinden, Gesichtsmassagegeräte und ein Dose Laxin-Pillen, ein Abführmittel, das eine schlanke Figur verspricht.

Die Objekte stammen aus der Körperhistorischen Sammlung des Museums. Dazu zählt auch der Gasbrenner zur Haarentfernung, auf den Kuratorin Marcella Lagalante verweist: „Wir wissen aber nicht, wie er tatsächlich gebraucht worden ist. Hat es zu Verletzungen geführt? Wie hat es gerochen? Das ist eines von diesen kleinen Mysterien.“

Der Sammlungsbestand wird jetzt um die Objekte und Geschichten der Dresdnerinnen und Dresdner erweitert: „Wir haben natürlich als Museum auch ganz viele Lücken in unserer Sammlung, ganz viele Lebenswelten, die nicht abgebildet sind und die auch die Vielfalt unserer Stadtgesellschaft gar nicht zeigen“, sagt die Direktorin des Deutschen Hygiene-Museums, Iris Edenheiser. Ausstellungen, wie „Bin ich schön!“ sollen einen Beitrag dazu leisten, dass die Menschen in Dresden das Museum als ihr Haus wahrnehmen.