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Mit Blick auf den Herbst und Winter wächst die Sorge vor einer Dunkelflaute. Wie steht es derzeit um die Stromsicherheit in Deutschland- und muss wieder Strom importiert werden?

Berlin – Der Winter 2024/25 dürfte dunkle Erinnerungen hervorbringen. Während der damaligen Dunkelflaute standen Windräder still, Deutschland musste viel Strom aus dem Ausland importieren und die Strompreise schossen in die Höhe. Jetzt kommen mit Blick auf den Herbst und Winter ebenfalls Bedenken über eine mögliche Dunkelflaute auf. Wie steht es um Deutschlands Strom – und sind die Sorgen berechtigt?

Sorge vor Dunkelflaute – Ökonomen warnen vor Angebotsmangel beim Strom: „Auf Importe angewiesen“

Energie-Ökonom Prof. Manuel Frondel (RWI Leibniz-Institut) sieht im Oktober 2025 ein Angebotsdefizit beim Strom. Deutschland produziere weniger Strom, als gebraucht wird und kann dadurch die Nachfrage nicht decken. Die Folge: mehr Importe aus dem Ausland. „Deutschland ist auf die Importe dringend angewiesen“, sagte Frondel gegenüber der Bild.

Auswertungen belegen, dass Deutschland besonders im vergangenen Jahr einen Rekord beim Stromimport verzeichnete und zum Nettoimporteur wurde. Die Importüberschüsse in Deutschland haben sich laut dem ZfK im Jahr 2024 verdoppelt und betrugen 11,7 TWh. Den meisten Strom importierte Deutschland aus Frankreich – das Land setzt vor allem auf Kernkraft bei der Stromproduktion.

Die Sorge vor einer Blackout-Gefahr wächstMit Blick auf den Herbst und Winter wächst die Sorge vor einer Dunkelflaute.  © Christoph Hardt/imagoWie steht es in Deutschland um Stromversorgung – während Dunkelflauten?

Grund waren insbesondere Dunkelflauten. Dunkelflauten kommen häufig im Winter vor und treten zwei bis zehnmal pro Jahr auf. Während der Zeit scheint so wenig Sonne, dass die Versorgung durch Wind- oder Sonnenenergie sehr eingeschränkt wird oder ganz ausfällt. Gegenteil wäre eine Hellbrise, bei der durch eine hohe Produktion von Erneuerbaren ein Überangebot entsteht. Dann wird weniger importiert.

Damals konnte eine Sorge vor einer Versorgungslücke genommen werden. Deutschland habe nämlich nicht aus „Knappheitsgründen“ importiert, erläuterte Kerstin Andreae, Chefin des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW). „Wir hätten inländisch ausreichend Kapazität gehabt, die Stromnachfrage zu decken. Aber es ist das Ergebnis eines von uns gewollten europäischen Binnenmarkts. Dort, wo Energie günstiger erzeugt wird, wird sie auch gekauft.“

Warnungen über Versorgungssicherheit in Deutschland – Kraftwerke als Back-ups

Und wie sieht es derzeit aus? Die Bundesnetzagentur sieht die Versorgungssicherheit gefährdet, wenn Deutschland bis 2035 kein zusätzliches Strom-Back-up zwischen 12,5 und 25,6 Gigawatt an neuen, flexibel steuerbaren Kraftwerken einrichten kann. Das Back-up soll die Stromversorgung in Dunkelflauten stabilisieren. Das macht sich Wirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) zum Ziel, weshalb sie den Zubau neuer Gaskraftwerke vorantreiben will.

Bis 2030 will Reiche Gaskraftwerke mit einer Gesamtkapazität von 20 GW bauen lassen. Aktuellen Berichten zufolge könnte der geplante Ausbau ins Stocken kommen, weil das BMWE keine Zustimmung aus Brüssel von der EU-Kommission bekommen könnte. Stattdessen könnte der Ausbau auf 12 bis 12,5 GW begrenzt werden.

Liefern Erneuerbaren zu wenig Strom – trotz Boom der Solar- und Windenergie?

Die Diskussion über die deutsche Stromversorgung belebt auch ein hitziges Thema wieder: den Einsatz der Kohlekraftwerke. Kohlekraftwerke können in einer Dunkelflaute als Backup-Systeme zur Stromversorgung genutzt werden. Gegenüber der Bild bekräftigte energiepolitische Sprecher der Union die These, dass Deutschland künftig auf Kohlekraftwerke zurückgreifen müsse, solange keine neuen Kraftwerkskapazitäten vorhanden seien. „Die Erneuerbaren liefern zwar oft mehr Strom, als gebraucht wird, in wind- und sonnenarmen Zeiten aber zu wenig“, sagte Andreas Lenz.

Grundsätzlich kann man sagen, dass die Energiewende in Deutschland, wenn auch mit Schwankungen vorankommt und Strom aus Gas- und Kohlekraftwerken immer weniger eine Rolle spielt. Laut einer ADAC-Auswertung hat sich der deutsche Strommix in den vergangenen Jahren dahingehend verändert, dass Kernkraft für die Stromerzeugung in Deutschland einen geringen Anteil des Strommixes ausmacht. 2010 kamen 60 Prozent des Stroms aus Gas- und Kohlekraftwerken, ein Fünftel aus Kernenergie. 2024 sei die Lage ganz anders gewesen, auch weil Solar- und Windkraftanlagen in den vergangenen 15 Jahren einen Boom erlebten.