Armin Kolb ist seit 25 Jahren Kuka-Betriebsrat und seit 15 Jahren Vorsitzender des Gremiums. Der 62-Jährige hat als Arbeitnehmer-Vertreter bewegte Zeiten erlebt, ging es bei dem Augsburger Roboter- und Anlagenbauer doch immer wieder rauf und runter. Beschäftigte des Unternehmens identifizieren sich in hohem Maße mit dem Traditions-Haus. Sie nennen sich Kukanerinnen und Kukaner und sagen, sie hätten in Anlehnung an die Firmen-Farbe orangenes Blut.
Kuka ist ein eigener Planet im Wirtschafts-Universum, auch weil die Firma vom chinesischen Haushaltsgeräte-Hersteller Midea übernommen wurde. In den vergangenen Wochen wuchs die Unruhe am Firmensitz des Unternehmens in Augsburg. Wer mit Beschäftigten spricht, trifft auf verunsicherte und auch verärgerte Menschen. Arbeitnehmer-Vertreter Kolb sagte unserer Redaktion am Freitag: „Die Stimmung ist auf dem Tiefpunkt. So etwas habe ich in den vergangenen 25 Jahren nicht erlebt.“ Kolb führt das darauf zurück, dass für Mitarbeitende unklar ist, „was an dem Standort an Wertschöpfung übrigbleibt“.
Zuletzt war in Mitarbeiterkreisen der Eindruck entstanden, das neue Management unter dem früheren Intel-Mann Christoph Schell wolle deutlich mehr als 400 Arbeitsplätze in Augsburg abbauen. Noch unter Schells Vorgänger Peter Mohnen war im Februar dieses Jahres beschlossen worden, dass in der Roboter-Sparte in Augsburg etwa 300 Arbeitsplätze „möglichst sozialverträglich, also ohne betriebsbedingte Kündigungen, wegfallen“. Die restlichen etwa 100 Stellen stehen in der ebenfalls in Augsburg sitzenden Konzern-Holding auf der Streichliste. In Augsburg sind noch rund 3000 Frauen und Männer für Kuka tätig.
Augsburger IG-Metall-Chefin ist verägert
Nach Informationen unserer Redaktion gewannen Beschäftigte vor allem nach mehreren Informations-Veranstaltungen des Arbeitgebers den Eindruck, es werde bei weitem nicht bei den rund 400 Jobs bleiben. Der Betriebsratsvorsitzende Kolb äußerte sich dazu auf Nachfrage nicht. Auch der Augsburger IG-Metall-Chefin Ferdije Rrecaj liegen keine exakten Zahlen vor, sie ist jedoch über das Vorgehen der Konzern-Spitze verärgert: „Wir erkennen an, dass Kuka restrukturiert werden muss, doch die Art und Weise wie auch das Ausmaß sind nicht gerechtfertigt.“ Noch gebe es keine offiziellen Verhandlungen zwischen der Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite über einen weiteren Stellenabbau. Aus den Reihen der Führungskräfte sei aber zu hören, dass das bisherige Stellenabbau-Programm ausgeweitet werden solle, sagte die Gewerkschafterin.
Dass solche Spekulationen aufgekommen sind, geht wohl unter anderem auf die offene Kommunikationspolitik des neuen Kuka-Chefs Schell zurück. Christoph Schell will die Beschäftigten auch mit seinem wöchentlichen Podcast „Catch-up with Christoph“ immer wieder „abholen“. Solchen Video- und Audio-Formaten ist der 53-Jährige zugetan. Er bestätigte in einem Gespräch mit unserer Redaktion, dass mehr als die Anfang des Jahres angekündigten 400 Arbeitsplätze in Augsburg wegfallen könnten. Der Manager will indes Verhandlungen mit der Arbeitnehmerseite nicht vorgreifen und nannte keine konkrete Zahl. Zu Gerüchten, Teile der Fertigung in Augsburg könnten nach Ungarn verlagert werden, wo schon rund 1500 Frauen und Männer für Kuka arbeiten, meinte er: „Das könnte für bestimmte Bereiche eine Option sein.“

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Der neue Kuka-Chef Christoph Schell baut das Unternehmen um.
Foto: KUKA Group
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Der neue Kuka-Chef Christoph Schell baut das Unternehmen um.
Foto: KUKA Group
Schell setzt indes auf den schwäbischen Standort und betonte: „Wir wollen kräftig in Augsburg investieren.“ Vorgesehen seien eine stark modernisierte und automatisierte Fertigung, gezielte Investitionen in kundennahe Bereiche wie Vertrieb und Customer-Service, aber auch in die eigene Ausbildung. Dabei äußerte er sich nicht zu Angaben von Mitarbeitern, die von einer möglichen Investition von rund 70 Millionen Euro für den Firmensitz sprechen. Auch kommentierte der Kuka-Chef nicht Informationen aus Arbeitnehmerkreisen, dass eine solche Summe an finanzielle Beiträge der Beschäftigten gebunden sei. Schell will Augsburg weiterhin zum Kompetenzzentrum für große Roboter machen. Der Manager ist überzeugt: „Wir müssen uns im Hier und Jetzt verbessern, dann haben wir eine Chance.“ Die Gesamtkosten des Standortes seien zu hoch. Für ihn geht es nicht um Kosten-Reduktion allein, er strebt „einen veränderten Mix an Tätigkeiten und Kompetenzen an, um in den Bereichen Software und KI stärker wachsen zu können“.
Kuka kämpft mit Preisdruck
Der Kuka-Chef schilderte, wie hart das Unternehmen angesichts einer angespannten Marktlage „und des aggressiven Preiskampfes mit ausländischen Wettbewerbern“ zu kämpfen habe: „Das Preis-Niveau ist unglaublich niedrig.“ Dem Vernehmen nach rechnet der Roboter- und Anlagenbauer durch die sinkenden Marktpreise mit einer jährlichen Sonderbelastung von 30 Millionen Euro.
Kuka sieht sich bei insgesamt für die Branche rückläufigen Aufträgen Konkurrenten aus China und Japan gegenüber, welche die Preise deutlich drücken. Andererseits ist die Automatisierung auf lange Sicht eine Wachstumsbranche. Das Unternehmen muss weiter investieren, um Marktanteile zu gewinnen. Schell sagte: „Das Glas ist halbvoll.“ Der Manager will sich durch Kosteneinsparungen unter anderem am Stammsitz den finanziellen Freiraum schaffen, um das Unternehmen umzubauen und wettbewerbsfähiger zu gestalten. In Augsburg sind rund ein Fünftel der weltweiten Kuka-Beschäftigten tätig.
Kuka-Chef Schell setzt auf KI in der Robotik
Dabei schlägt sich der Roboter- und Anlagenbauer in China und in den USA nach Darstellung Schells gut und verdient auf beiden Märkten anders als derzeit unter dem Strich in Europa Geld. In China arbeiten etwa 2000 Menschen für den Maschinenbauer. Nun soll auch Augsburg „stärker von den globalen Märkten profitieren.“ Der Kuka-Chef versprach: „Ich will die Menschen an die Hand nehmen. Wenn wir den Standort umbauen, hat er tolle Perspektiven.“ Seine Vision sind Roboter, die dank KI sowie Kamera- und Sensortechnik von sich aus in bestimmten Arbeitsumgebungen flexibel erkennen, welche Aufgabe sie als Nächstes übernehmen sollen. Die Branche steht vor einer weiteren Revolution.
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Stefan Stahl
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