Stand: 25.10.2025 11:29 Uhr

Vier Niederlagen in Serie, Tabellenplatz 15: Dem VfL Wolfsburg droht der Abstiegskampf. Die schwachen Auftritte des Teams sind Symptome tieferliegender Probleme – für die es mutmaßlich keine schnelle Lösung geben wird.

von Inka Blumensaat

Wer es mit dem VfL Wolfsburg hält, kann sich spätestens nach dem desaströsen 0:3 gegen den VfB Stuttgart am vergangenen Sonnabend eigentlich nur noch gedanklich in die Vergangenheit flüchten. Wer erinnert sich nicht lieber an Tor- als an Fehlpassfestivals?

Der VfL, das ist der Club von Edin Dzeko und Grafite, die ihn in der Saison 2008/2009 mit gemeinsam erzielten 54 Toren zum Meister machten. Kevin de Bruyne war ein herausragender Fußballer, und dann waren da nacheinander die ebenso emotionalen wie erfolgreichen Stürmer Bas Dost und Wout Weghorst. Dost sagte einmal nach einer Niederlage, er werde jetzt das ganze Wochenende kein Fußball mehr schauen, so wütend sei er. Dauerrenner Ivica Olic, der lächelnd eiskalte Verteidiger Naldo, Publikumsliebling Josuha Guilavogui – sie alle haben vergangene Zeiten in Wolfsburg geprägt.

Die Wolfsburger Spieler feiern 2009 die deutsche Meisterschaft.

2009 gewannen die „Wölfe“ überraschend die Meisterschaft. Mit einem legendären Offensivtrio und Trainer Magath – ein Wendepunkt im deutschen Fußball.

„Totalversagen“ gegen Stuttgart

Die Gegenwart ist nicht nur glanzlos, sie wirft auch viele Fragen auf. Wer dachte, die Leistung bei der Niederlage in Augsburg Anfang Oktober sei schwer zu unterbieten, wurde am vergangenen Wochenende eines Besseren belehrt.

Sportdirektor Sebastian Schindzielorz sprach nach dem Stuttgart-Debakel – der vierten Niederlage in Serie – von einem Totalversagen sämtlicher Spieler. Dies ist einerseits nachvollziehbar – war der Auftritt doch so weit entfernt vom Claim des Vereins „Arbeit. Fußball. Leidenschaft.“ wie Wolfsburg vom Südpol. Andererseits klammert es den Aspekt aus, wie diese elf Spieler überhaupt die Startelf bilden konnten – also die Kaderzusammenstellung durch Schindzielorz und Geschäftsführer Peter Christiansen. 

„Wir sind nach wie vor davon überzeugt, dass Paul und sein Trainerteam diesen Weg begleiten.“

Sebastian Schindzielorz

Die beiden Funktionäre wollen auch keine Diskussion um den von ihnen verpflichteten Trainer Paul Simonis aufkommen lassen. Natürlich ist es legitim, einem neuen Coach Zeit zu geben und ihn nicht nach sieben Bundesligaspielen in Frage zu stellen. Aber aktuell deutet sich nicht an, dass der Niederländer dabei ist, eine erfolgreiche Spielidee zu entwickeln.

Vinicius Souza vom VfL Wolfsburg steht im grünen Pyro-Qualm

Der Kader der „Wölfe“ ist gut zusammengestellt. Doch auf dem Platz ist davon noch nicht viel zu sehen. Das Problem ist vor allem die Taktik von Trainer Paul Simonis.

Wenig Tempo im Mittelfeld, Sorgen im Sturm

Gegen Stuttgart war offenbar die Devise, aus einer kompakten Defensive schnell umzuschalten – dafür aber stellte Simonis die falschen Spieler auf. Mohamed Amoura – mit seiner Spitzengeschwindigkeit von knapp 36 km/h der Konterspieler überhaupt – blieb lange draußen, für ihn spielte der sehr viel langsamere Jonas Wind.

Im Mittelfeld fehlt es generell an Tempo, das auch Last-Minute-Transfer Christian Eriksen nicht mitbringt. Unklar ist, warum der Club vor der Saison keinen Stürmer verpflichtete – Wind steckt seit Monaten im Formtief, neben Amoura stehen noch die jungen Pejcinovic und Daghim zur Verfügung. Das ist für einen selbsternannten Europapokal-Aspiranten nicht ausreichend.

Zurückhaltender Trainer, lethargische Spieler

Lethargie auf dem Rasen, Teilnahmslosigkeit am Rand? Sicher gehen Simonis die Rückschläge nahe, man sieht es ihm aber nicht an. Bei den Stuttgarter Gegentoren zeigte der 40-Jährige keine Regung, sichtbare Emotionen gehören offenbar nicht zum Coachingstil des so netten und offenen Niederländers, der im Profigeschäft vergleichsweise wenig Erfahrung hat.

Eine weitere Frage ist, ob dieses Team den Abstiegskampf annehmen könnte? Mit Blick auf die Körpersprache seiner Kollegen ließ Kapitän Maximilian Arnold, der die Partie am Sonnabend verletzungsbedingt verpasste, in dieser Woche in einer Presserunde durchblicken, dass Typen fehlten, die ackern und großen Einsatz zeigen.

Video:
VfL-Kapitän Arnold: Vorfreude auf die Partie im Volkspark (5 Min)

„In der aktuellen Situation müssen wir schnell ein Spiel gewinnen und ich hoffe, dass das dieses Wochenende passiert“, sagte Simonis in der Pressekonferenz am Donnerstag. Gegner ist heute (15.30 Uhr, im Livecenter bei NDR.de) im Nordduell der gastgebende HSV.

Hamburgs Spieler bejubeln einen Treffer

Die Hamburger peilen gegen die „Wölfe“ den dritten Heimerfolg an. Gegen den angeschlagenen VfL fordert Trainer Polzin eine mindestens genauso konzentrierte Leistung wie zuletzt.

Schindzielorz: Keine „Spielerrevolte“

Zuletzt hatte es Berichte darüber gegeben, dass Spieler beim Sportdirektor vorstellig geworden seien, um Trainingsinhalte und Personalentscheidungen zu kritisieren. Dem trat Schindzielorz entgegen: „Gerade in den letzten Wochen diskutieren wir die Dinge noch intensiver, sprechen alles offen an, sportliche Themen kommen regelmäßig intern auf den Prüfstand. Allerdings war es in keinster Weise so, dass Dinge geäußert wurden, die über das normale Maß hinausgehen.“

VfL vor entscheidenden Wochen

Wolfsburg-Trainer Paul Simonis

Trainer Paul Simonis braucht dringend Erfolge.

Bei weiteren Niederlagen könnte allerdings nicht nur Simonis seinen Job verlieren. Mitglieder des Aufsichtsrats hinterfragen schon jetzt auch die Arbeit des Duos Christiansen/Schindzielorz, das sowohl für die Trainerwahl als auch für die Transfers verantwortlich ist. Diese können in dieser Saison mehrheitlich nicht überzeugen und ein fader Beigeschmack entsteht dadurch, dass im Kader nunmehr sechs dänische Spieler stehen – von denen der Däne Christiansen vier geholt hat.

Der VfL steht vor entscheidenden Wochen. Bleiben die Erfolge weiterhin aus, könnte der gesamte Club umgekrempelt werden.

Mögliche Aufstellungen

Hamburger SV: Heuer Fernandes – Elfadli, Vuskovic, Capaldo – Muheim, Remberg, Sambi Lokonga, Gocholeishvili – Dompé, Königsdörffer, Philippe
VfL Wolfsburg: Grabara – Kumbedi, Jenz, Koulierakis, Zehnter – Vinicius Souza, Arnold – Daghim, Svanberg, Amoura – Wind

Eine Fußballtabelle vor eine Fußballmotiv

Ergebnisse, Tabellenstände und die Spieltage im Überblick.