Zum Jahrestag des Westfälischen Friedens kamen viele Menschen in der Lambertikirche zusammen. Was die Klarissen-Äbtissin predigte.

„Seid Menschen, die den anderen erlauben, Menschen zu sein.“ Mit diesen Worten fasste Schwester Ancilla Röttger am Freitagabend ihre Predigt bei der ökumenischen Friedensvesper zum Jahrestag des Westfälischen Friedens zusammen. Die Klarissenschwester aus dem Kloster am Dom erinnerte daran, dass Frieden nicht allein ein Schweigen der Waffen bedeute, sondern im mitmenschlichen Blick beginne, wie die Bischöfliche Pressestelle berichtet.

In der Lambertikirche gedachten Christinnen und Christen auf Einladung der Pfarrei St. Lamberti, der evangelischen Apostel-Kirchengemeinde und der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen (ACK) in Münster der Unterzeichnung der Friedensverträge von 1648 in Münster und Osnabrück. „Nach Jahren des Krieges hatten alle Seiten erkannt, dass es nichts mehr zu gewinnen gab“, betonte Schwester Ancilla. Dieses Loslassen, sagte sie, sei auch heute notwendig: „Zum Frieden gehört, die eigenen Lösungswünsche loszulassen und auf den Geist Gottes zu vertrauen.“

Margot Friedländer war Mahnerin

In ihrer Predigt verband die Ordensfrau, die seit vielen Jahren zu den Autorinnen des Geistlichen Wortes bei WDR 5 gehört, die historische Rückschau mit einer spirituellen Tiefe. Sie sprach von der Armut als Wesensmerkmal des Menschseins – nicht als Mangel, sondern als Offenheit: „Wir sind Menschen, weil wir bedürftig sind und einander brauchen.“ Diese Einsicht sei Grundlage jedes Friedens, der zwischen Menschen wachsen könne.

Besonders eindringlich bezog sich Schwester Ancilla auf die Holocaust-Überlebende Margot Friedländer, die mit ihrem Aufruf „Seid Menschen“ Generationen geprägt hat. „Wie reich ist der Mensch, dass er lieben, zweifeln, hoffen und Beziehung haben kann“, zitierte die Äbtissin. Angesichts einer Welt, die von Kriegen, Krisen und Künstlicher Intelligenz geprägt sei, brauche es eine neue Kultur der Menschlichkeit: „Was uns rettet, ist der Blick – der Blick, der den anderen groß sein lässt.“

Ruf „Seid Menschen“ weitertragen