Kunst und Kultur in den Stadtteilen – Grundlage für unser Miteinander. Von Jürgen Enninger, Referent für Kultur, Welterbe und Sport der Stadt Augsburg
Kulturelle und künstlerische Ausdrucksformen in unseren Stadtteilen könnten unterschiedlicher kaum sein. Wir erleben diese Vielfalt tagtäglich: von den Aktivitäten in unseren soziokulturellen Einrichtungen über die Volkstheatergruppen – die häufig eng mit Sportvereinen verbunden sind – bis hin zu Vernissagen in kleinen Stadtteilzentren, Galerien und Off Spaces. Studierendengruppen bereichern diese kulturelle Vielfalt genauso wie Blasmusik und stadtgeschichtliches Engagement. Menschen, die aus der ganzen Welt nach Augsburg gekommen sind, verbinden sich in den Stadtteilen mit den Menschen, die schon länger hier leben, indem sie ihre künstlerischen Ausdrucksformen mit dem, was hier vor Ort Tradition hat, in Einklang bringen.
Was wir spüren: Kultur lebt vor Ort
Die Wirkung dieser Begeisterung in den Stadtteilen entfaltet sich sichtbar und hörbar: bei Stadtteilfesten, Festivals und vielen Projekten direkt in der Nachbarschaft. Um diese Aktivitäten zu stärken, haben wir in Augsburg ein Budget für Stadtteilkultur geschaffen, das engagierte Menschen dabei unterstützt, ihre Projekte in ihrem Viertel umzusetzen. Diese finanzielle Unterstützung ist elementar, doch allein reicht sie nicht: Was ebenso wichtig ist, sind Räume, Plattformen, Begegnungen.
Hier kommt das Kulturlet ins Spiel. Das Kulturlet ist eine mobile, modulare Bühne, die aktuell durch die Augsburger Stadtteile reist und ein Ankerpunkt für die Kunst- und Kulturbegeisterung vor Ort ist. Von Oberhausen über Göggingen bis in die Jakobervorstadt motiviert es Bürger*innen, ihrer künstlerischen Arbeit Sichtbarkeit vor Ort zu geben – und in den Austausch zu gehen. Kultur nicht als Luxus, sondern als täglicher Bestandteil unseres Lebens.
Beispiele aus Augsburg: Praxis, Sichtbarkeit, Herausforderungen
Rechts der Wertach: Vom 5. Juli bis 3. August verwandelte sich das Viertel unter dem Motto »Sommerstraße 2025« in einen kreativen Begegnungsraum. Das Kulturlet ergänzte dort ein Straßenprogramm mit Konzerten, Lesungen, Workshops und Jam-Sessions, organisiert von und mit lokalen Initiativen wie Tür an Tür e.V., Qualle e.V. und der Jugendfreizeitstätte Oase. Konsumfrei, barrierearm, offen – ein Raum für Nachbarschaft, für Kultur, für Beteiligung.
Wittelsbacher Park: Vom 8. bis 24. August stand das Kulturlet dort, bespielt von der Initiative Electric Dance Affair e.V. Offene DJ-Sessions, Einsteiger-Workshops und gemeinsames Malen schufen Kultur bei niedrigen Eintrittspreisen und großer Offenheit. Ideal gerade für junge Menschen, aber nicht nur.
Jakobervorstadt: Vom 30. August bis 28. September gestaltete der Stadtteilverein gemeinsam mit dem Quartiersmanagement ein Programm unter dem Motto »Bunte Jakobervorstadt«. Mehrere Wochen mit Angeboten für alle Altersgruppen: Musik, Tanz, Theater, Spaziergänge zu kulturellen Orten und offene Denkmäler. Vor dem Jakoberwallturm wird all dies sichtbar.
Zwischennutzung KARO [10]: Für die kalte Jahreszeit planen wir im Leerstand in der Karolinenstraße 10 ebenfalls eine Plattform, mit deren Hilfe kulturwirtschaftliche, kulturelle, aber auch soziale Projekte und Initiativen im Sport sichtbar werden können.
Warum Stadtteilkultur Demokratie und Miteinander braucht
Dieses Miteinander unmittelbar vor Ort ist die Grundlage für ein besseres Verständnis untereinander und das Verhandeln unterschiedlichster Meinungen und Standpunkte. In Augsburg, in jedem unserer Stadtteile, bekomme ich bei Besuchen ein Gefühl dafür, wie Menschen über kulturelle Angebote ins Gespräch kommen – über Unterschiede, über Gemeinsamkeiten, über Wünsche und Sorgen. Bei uns in Augsburg ist Stadtteilkultur ein Demokratielabor. Sie zeigt, wer wir sind, wie wir zusammenleben wollen und was uns wichtig ist.
Sie lässt uns experimentieren und eine Fehlerkultur entwickeln.
Netzwerk, Räume, Gestaltung – was wir brauchen
Um diese Potenziale weiter zu fördern, sehe ich insbesondere drei zentrale Pfeiler:
– Stärkere Vernetzung innerhalb der Stadtteile
– Räume und Infrastruktur
– Organisatorische Förderung
Ich sehe Menschen, die stolz sind auf das, was vor Ort geschaffen wird, und zugleich ein Bewusstsein dafür entwickeln, was noch fehlt. Dabei wird eines klar: Kultur ist keine Zusatzaufgabe – Kultur ist Daseinsvorsorge. Sie macht eine Stadt erst lebendig, sie wirkt identitätsstiftend und ermöglicht Zusammenhalt.
Ausblick – auf neue Projekte und Unterstützungsmöglichkeiten
Ich freue mich auf viele neue Projekte und die Möglichkeit, diese zu unterstützen! Einige Ideen liegen schon auf der Hand. Kunst und Kultur in den Stadtteilen sind kein Beiwerk – sie sind Grundpfeiler unseres Miteinanders in Augsburg. In Stadtteilkultur steckt nicht nur kreatives Potenzial, sondern der Wunsch, sichtbar zu sein, mitzuwirken, zu gestalten. Politik kann Rahmen setzen, unterstützen, erleichtern – aber das Herz dieser Kultur schlägt dort, wo Menschen zusammenkommen, in ihren Vierteln, mit ihren Ideen und mit ihrer Leidenschaft.