
Stand: 26.10.2025 08:28 Uhr
Ein Kieler Fischereiwissenschaftler fordert einen absoluten Fangstopp für Dorsch und Hering in der Ostsee. Ein Rostocker Kollege glaubt, das wäre eine Katastrophe für die Fischer. Am Montag beraten die EU-Fischereiminister über die neuen Fangquoten.
Damit sich die Bestände erholen können, hat der Fischereiwissenschaftler Rainer Froese die Politik aufgefordert, den Fang von Dorsch und Hering in der Ostsee inklusive der Beifänge für mindestens ein Jahr zu stoppen. Besser wären zwei bis drei Jahre, sagte der Forscher vom Geomar Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung in Kiel. „Wir machen so ziemlich alles falsch, was man falsch machen kann in der Ostsee“, betonte Froese. Fische würden gefangen, bevor sie sich fortpflanzen können. Grundschleppnetze zerstörten zudem die Futter- und Laichgebiete der Arten und Überdüngung führe zum Schrumpfen ihrer Lebensräume, da in vielen Meeresgebieten Sauerstoffmangel herrsche.
Fischer müssten entschädigt werden
Die Schuld sieht Froese jedoch nicht bei den Fischern. „Sie haben in den letzten Jahren weniger gefangen, als erlaubt war“, erklärte er. Die Fischer vertrauten darauf, dass die festgelegten Fangmengen nachhaltig seien. Für die Zeit der Fangstopps müssten sie daher entschädigt werden. Andere Arten wie Schollen und andere Plattfische, deren Bestände stabil seien, könnten weiterhin gefangen werden.
Thünen-Institut: Kippen von Ausnahme wäre „Katastrophe“
Der Leiter des Rostocker Thünen-Instituts für Ostseefischerei hingegen warnt davor, die bislang bestehenden Ausnahmen beim Hering der westlichen Ostsee aufzuheben. Das wäre die „blanke Katastrophe“, so Christopher Zimmermann. Die hiesigen Fischer hätten dann nur noch „ein bisschen Hornhecht und wenige Plattfische“. Schon länger dürfen deutsche Fischer in der westlichen Ostsee keine Heringe mehr gezielt mit Schleppnetz fangen.
„Ausnahmen ohne Auswirkungen“
Ausnahmen sehen aber vor, dass sie mit kleinen Booten und passivem Fanggerät wie Stellnetzen Hering noch in geringem Maß fangen dürfen. „Ob wir das nun einstellen oder nicht, hat für die Bestandsentwicklung überhaupt keine Auswirkung“, sagt Zimmermann. Viel wichtiger sei etwa, die Norweger zu überzeugen, zu bestimmten Zeiten weniger Hering in der östlichen Nordsee zu fischen, weil sie dort auch Fische aus dem wandernden Heringsbestand der westlichen Ostsee abfischten.
Ministerrat stimmte gegen Kommissionsvorschlag
Die EU-Kommission hat laut Zimmermann wie in den zurückliegenden beiden Jahren auch für 2026 vorgeschlagen, diese Ausnahme zu kippen. Das hieße nach seiner Ansicht, „dass im Grunde das letzte bisschen, was unsere Fischerei noch am Leben hält, dann auch weg wäre“. Der Ministerrat habe sich in den zurückliegenden Jahren entgegen dem Kommissionsvorschlag dazu entschieden, die Ausnahme beizubehalten. Zimmermann rechnet auch in diesem Jahr damit.
Das Verbot der gezielten Dorsch-Fischerei in der westlichen Ostsee sei angesichts der Probleme des Bestandes auch weiterhin geboten. Dem Dorsch setzten Sauerstoffarmut und höhere Wassertemperaturen besonders zu. Beim Hering seien die Mechanismen etwas andere, aber auch er leide unter derartigen Umweltfaktoren.

Kein Fisch und keine Fangquoten. Immer mehr Fischer geben auf. Ein Fischereiprojekt will Schülern den Beruf nahebringen.

Die Fischer befinden sich in einer wirtschaftlich schwierigen Lage. Experten kritisieren Überfischung und fordern eine Null-Fangquote.

Auch im kommenden Jahr will die EU die Bestände von Dorsch und Hering in der westlichen Ostsee durch harte Fangquoten schützen. Für die deutsche Ostseefischer bedeutet das weiterhin harte Einschnitte.

Die Fangquoten 2025 sind beschlossen: Kleine Küstenfischer dürfen weiter Hering fangen, doch die Lage bleibt angespannt.