Nebel steigt hinter einem verschlossenen Vorhang auf. Eine düstere Musik zieht durch die Publikumsreihen im Zaubertheater Chateau in Dresden. Auf einmal erscheint aus dem Dunkel im Mittelgang eine Gestalt. Dann blickt einen die schaurige Fratze eines Horrorclowns an.
Er läuft zur Bühne und zieht den Bühnenvorhang auf. Die Gruselgestalt zieht mit einem Schlüssel eine übergroße Spieluhr auf. Diese öffnet langsam. Heraussteigen wird der, auf den alle warten: Dshini Ignis.
Alles hat im Kreuzchor begonnen
Vier Wochen zuvor steht der Zauberkünstler an gleicher Stelle in seinem Theater. Es laufen die Proben für die Premierenshow. Gerade ist die grässlich-schöne Clownsmaske geliefert worden. Dshini Ignis testet sie an seinem Kollegen Paul, der in ein paar Wochen den Horror-Clown spielen wird.
Dshini Ignis gibt seinem Team letzte Anweisungen für die Musikauswahl und den Lichteinfall auf die Bühne für die Premiere der neuen Saison. Mit seinem Zaubertheater habe er sich einen Traum erfüllt, erzählt der 35-Jährige.
Dshini Ignis erinnert sich: In seiner Kindheit singt er im Kreuzchor. Doch in die Reihen des weltberühmten Kinderchores passt er äußerlich nicht hinein. „Ich habe eine Tickstörung. Heute bezeichnet man das als ADHS. Der Kopf möchte manchmal nicht so, wie man selbst und fängt an zu wackeln.“ Die Chorleitung sortiert den Jungen damals kurzerhand aus: „Es war nicht das Bild eines normalen Chores, wenn da einer steht, der seinen Kopf nicht kontrollieren kann.“
Neben 40-Stunden-Job eigenes Theater aufgebaut
Die Liebe zum Theater sei bei ihm als Junge entflammt, als er im Kinderchor der Semperoper singt und schauspielerische Rollen übernimmt. In den Opernpausen beobachtet er, wie Techniker tonnenschwere Vorhänge bewegen und wie riesige Kulissen über die Bühne geschoben werden.
Mit 15 Jahren lernt Dshini Ignis jonglieren und alles, was zu einer Feuershow gehört. „Mit 16 Jahren stand ich mit meiner eigenen Feuershow auf der Bühne.“ Neben einem 40-Stunden-Job als Erzieher in Dresden-Prohlis baut er sich sein künstlerisches Leben auf, schildern der Dresdner. Ein heruntergekommenes Ladenlokal krempelt er in Eigenregie in ein Kleintheater um.
Ich kann mich sehr gut mit allem identifizieren, was düster und übernatürlich ist.
Dshini Ignis
Zauberkünstler
Und er findet sich in einem weiteren Element wieder. „Ich kann mich sehr gut mit allem identifizieren, was düster und übernatürlich ist.“ Sinnbildlich für ihn steht dafür das Musikvideo von Alice Coopers „Poison“. „Der hat in dem Video eine Lederjacke an. Da sind Nieten und Ketten und es steht eine Guillotine auf der Bühne. Das ist total cool. Mittlerweile habe ich auch eine Guillotine auf meiner Bühne stehen“, sagt der Zauberkünstler begeistert. Er sieht sich als Teil der Gothicszene.
Den nicht alltäglichen Adrenalin-Kick erleben
Während der Proben trägt Dshini Ignis – ein Mann von großer, schlanker Statur – strahlend hellblaue Kontaktlinsen. Die Zaubershow sei kleine klassische, sondern sei eine Gradwanderung: „Die Leute sollen hier rein kommen und sagen ‚Oh mein Gott, wie geht das? Oh mein Gott, ist das eklig! Oh mein Gott, ist das lustig!'“ Er wolle seine Zuschauer entsetzen, erstaunen, berühren. Die schaurig-schöne Mischung dabei: klassische und schockierende Zauberkunst verbunden mit Themen wie Liebe, Seelenwanderung und Tod.