Die Antikorruptionsorganisation Transparency International Deutschland kritisiert den geplanten Einstieg von Ex-Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) bei der US-Beratungsfirma Teneo.

„Der neue Lobby-Job für Herrn Lindner stärkt, wie jeder andere dieser Fälle, die Rechtspopulisten und beschädigt das Ansehen der Demokratie“, teilte Transparency International (TI) Deutschland auf Anfrage des Tagesspiegels mit.

„Die Bundesregierung sollte den Fall Lindner daher dringend zum Anlass nehmen, um die Lobbytätigkeiten für ehemalige Angehörige der Exekutive nach dem Vorbild der EU zu erschweren“, hieß es weiter.

Immer wieder würden abgewählte Bundesminister Lobbyisten für zahlungskräftige Interessen, ob als Aufsichtsräte, Geschäftsführer oder Berater, teilte TI Deutschland mit.

Die Geldgeber versprächen sich durch Ex-Bundesminister „den einfachen Zugang zur Politik. De facto kaufen sie Kontakte zu Ministerien und Entscheidungsträgern ein.“ Damit ermöglichten Ex-Minister als Berater oder in ähnlichen Jobs finanzstarken Gruppen einen „Erste-Klasse-Zugang zur Politik“.

Die künftige Tätigkeit Lindners belege, dass die Karenzzeit für frühere Mitglieder der Bundesregierung „von im Regelfall bis zu 12 Monaten viel zu kurz ist“, kritisierte TI Deutschland. Selbst ein kleines Land wie Thüringen schreibe 18 bis 24 Monate vor, die EU sogar zwei bis drei Jahre.

Lindner weist Kritik zurück

Der frühere Finanzminister selbst hält die Vorwürfe für unbegründet. „Die Kritik nach Aufmerksamkeit suchender NGOs entbehrt jeder Substanz“, hieß es am Sonntag aus dem Umfeld Lindners gegenüber dem Tagesspiegel.

„Frech und unverschämt“ Lindners geplanter Einstieg bei US-Beratungsfirma Teneo sorgt für Kritik

Bei der Kritik handele es sich um „fake news“, denn Regierungsbeziehungen oder Lobbyismus seien „überhaupt gar nicht Gegenstand der Tätigkeit“.

Lindner soll Kunden unter anderem in den USA beraten

Das US-Unternehmen Teneo berät weltweit Führungskräfte. Teneo-Chef Paul Keary hatte den Einstieg des früheren Ministers und FDP-Chefs am Mittwoch bekannt gegeben. Lindner selbst bezeichnete seinen künftigen Job als „Investition in die transatlantische Partnerschaft“.

Nach Angaben des Unternehmens soll Lindner Kunden in den USA, Deutschland und anderen EU-Ländern beraten. Im Kern soll es dabei um Wachstumsstrategien auf europäischen und weltweiten Märkten gehen.

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Auch die Nichtregierungsorganisation LobbyControl hatte vor einem „handfesten Interessenkonflikt“ bei Lindners künftigen Job gewarnt. LobbyControl wies am Donnerstag darauf hin, dass Teneo „mehrere Kunden aus der Finanzbranche gegenüber Bundesregierung und Bundestag“ vertrete. Dazu zählten Trade Republic und die italienische Bank Unicredit. Hieraus könnten sich Interessenkonflikte ergeben.

Der Linken-Finanzexperte Christian Görke forderte die Bundesregierung auf, „Lindners Einstieg beim Unicredit-Beratungsunternehmen Teneo nicht zu genehmigen“.

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Für ehemalige Regierungsmitglieder gilt in Deutschland eine Karenzzeit von zwölf Monaten zwischen dem Ausscheiden aus dem Amt und der Übernahme von Jobs in der Wirtschaft. Dadurch sollen Interessenkonflikte verhindert werden. In Ausnahmefällen kann diese Frist auf 18 Monate verlängert werden, wenn öffentliche Interessen gefährdet sind. Während dieser Zeit muss die Bundesregierung den Wechsel in die neuen Positionen genehmigen. (mit AFP)