Stadtmenschen können es sich vielleicht kaum vorstellen, aber bis vor gar nicht allzu langer Zeit war der Mond die hellste Lichtquelle der Nacht. Heute kämpft sein Schein gegen eine Flut künstlicher Beleuchtung – mit gravierenden Folgen für viele Lebewesen. Wichtige natürliche Rhythmen, von Schlaf über Fortpflanzung bis hin zur Migration, geraten aus dem Takt.
Wenn die Nacht nie dunkel wird
Für viele moderne Menschen, insbesondere in Städten, ist der Nachthimmel kaum noch wirklich dunkel. Lichtquellen gibt es überall – von Straßenlaternen über grelle Neonreklamen bis hin zu Smartphone-Bildschirmen, die nach Einbruch der Dunkelheit direkt vor dem Gesicht leuchten. Laut dem New World Atlas of Artificial Night Sky Brightness leben mehr als 80 Prozent der Menschheit unter lichtverschmutztem Himmel – und können daher die Milchstraße nicht mehr sehen. In den USA und Europa liegt dieser Anteil sogar bei 99 Prozent.
Das Leuchten der Städte reicht dabei weit über ihre Grenzen hinaus. So sind etwa die Lichter von Las Vegas und Los Angeles noch im Death-Valley-Nationalpark zu sehen – hunderte Kilometer entfernt.
Der Mensch: ein gestörter Mondrhythmus
Der Mensch besitzt einen 24-Stunden-Tagesrhythmus, der wichtige biologische Prozesse wie Schlaf, Wachheit, Hormonproduktion und Verdauung steuert. Doch es gibt auch eine langsamere „Uhr“, die sich nach dem Zyklus des Mondes richtet. Dieser Mondrhythmus beeinflusste über Jahrtausende hinweg den Schlaf, die Fruchtbarkeit und das Hormonverhalten des Menschen. Forschungen zeigen jedoch, dass der Einfluss des Mondes durch künstliches Licht in der Nacht (ALAN – Artificial Light At Night) zunehmend verloren geht.
Ein besonders aufschlussreiches Beispiel liefert eine Studie aus dem Jahr 2025: Sie zeigt, dass die Menstruationszyklen vieler Frauen vor 2010 deutlich mit dem Mondzyklus synchronisiert waren. Nach 2010 war das jedoch nur noch im Januar der Fall.
Die Forscher führen diesen Wandel auf die zunehmende Verbreitung von LED-Beleuchtung und die intensive Nutzung von Smartphone-Bildschirmen zurück – beides hat ab 2010 stark zugenommen. Sie vermuten, dass „die hohen Gravitationskräfte zwischen Mond, Sonne und Erde im Januar noch ausreichen, um diese Kopplung aufrechtzuerhalten, während die zunehmende nächtliche Lichtexposition die Synchronität in anderen Monaten stört“.
Weitere Folgen von ALAN sind gestörte Schlafzyklen durch eine verringerte Melatoninproduktion (das Hormon, das den Schlaf reguliert), Entzündungen, Stimmungsschwankungen und Stoffwechselstörungen.
Korallen: Der Verlust des Mond-Metronoms der Fortpflanzung
Korallenriffe leben zwar im Meer, sind aber dennoch vom Mond abhängig. Ganze Kolonien nutzen den Mondrhythmus, um ihre Massenlaichereignisse zu koordinieren – ihr Überleben als Art hängt also von bestimmten Mondphasen ab.
Forscher konnten dies in Experimenten zeigen, in denen sie natürliches Mondlicht durch konstantes Licht oder völlige Dunkelheit ersetzten. Das Ergebnis war Chaos: Die inneren „Uhr-Gene“ der Korallen gerieten aus dem Takt, und die Fortpflanzung brach zusammen.
Obwohl das Experiment im Labor stattfand, warnen Wissenschaftler, dass Korallen in Küstennähe bereits heute unter ähnlichen Effekten leiden könnten – auch wenn andere Umweltfaktoren ebenfalls eine Rolle spielen.
Meeresinsekten und Zugtiere: Orientierungslos durch Dauerlicht
Selbst winzige Arten richten bestimmte biologische Prozesse nach dem Mond aus und werden daher von ALAN beeinflusst. So pflanzen sich etwa marine Insekten wie Clunio marinus während der durch den Mond verursachten Ebbe fort. Studien zeigen, dass sie über innere Monduhren verfügen, die auf monatliche Lichtsignale reagieren – Signale, die unter dauerhafter Beleuchtung verschwinden könnten.
Auch viele Zugvögel und Meeresschildkröten orientieren sich an Mond und Sternen. Doch künstliches Licht an Küsten oder in Städten bringt sie aus der Bahn: Vögel verlieren die Orientierung oder fliegen direkt in Lichtquellen, während junge Schildkröten statt zum Meer an Land kriechen und dort verenden.
Eine schwindende Verbindung
Einst war der Mond ein universeller Bezugspunkt für viele Arten, die ihre biologischen Prozesse an seinem Zyklus ausrichteten. Doch mit der zunehmenden Verbreitung des künstlichen Lichts verblasst diese Verbindung. Unsere Nächte sind nicht mehr dunkel – und damit entfernen wir uns immer weiter von einem uralten Signal, das das Leben auf der Erde seit Jahrtausenden geleitet hat.
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