Es sucht ja nicht jeder den verstaubten Ordner mit den Dokumenten hervor und schaut noch mal auf der Geburtsurkunde nach, wenn ein runder Geburtstag ansteht. Das könnte aber wichtig werden, wie jetzt die Stadt Nürnberg bewiesen hat. Sie wollte in drei Jahren 400 Jahre Christkindlesmarkt feiern und hat jetzt sicherheitshalber noch mal nachforschen lassen in ihrem Archiv. Und siehe da: Der Christkindlesmarkt wird 2028 nicht 400, sondern erst 350 Jahre alt.
Auf einen Schlag um 50 Jahre jünger, das müsste ein menschlicher Jubilar erst mal schaffen mit so einer Archivrecherche. Aber immerhin bleibt der Geburtstag rund. Außerdem können die Nürnberger nun sogar einmal öfter feiern: Demnächst 350 und 50 Jahre später, sofern bis dahin nichts gänzlich Grundstürzendes passiert, doch noch 400 Jahre Christkindlesmarkt.
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Aber mal angenommen, der Markt wäre weder 1628 noch 1678, sondern erst 1679 erstmals urkundlich erwähnt worden. Dann dürften die Nürnberger auch erst 2029 ein rundes Jubiläum feiern und könnten bis dahin die doppelte Vorfreude aufs Fest und auf die Feier wohl kaum mehr ertragen.
Oder noch schlimmer, eine erste Erwähnung 1677, 1676 oder 1675. Dann gäbe es in der stillen Zeit vor dem Advent einen ziemlichen Stress mit den Vorbereitungen. Nur die Archivrecherche wäre schon erledigt. Am allerschlimmsten wäre aber 1674 oder eher: Jubiläum verpasst, alles längst vorbei!
Aber diese Gefahren bestanden ja nie. Dass die letzte Ziffer der entscheidenden Jahreszahl auf dem ältesten schriftlichen Nachweis ein Achter ist, war genauso klar wie, dass die ganze Zahl mit „16“ beginnt. Nur die dritte Stelle ist ziemlich verschmiert, teils von einem Tintenklecks verdeckt und daher„nahezu unleserlich“, wie die Stadt Nürnberg nun selbst mitgeteilt hat.
Nicht einmal eine fototechnische Untersuchung im Germanischen Nationalmuseum, wo das Schriftstück liegt, hat demnach klären können, ob die fragliche Ziffer nun ein Zweier oder ein Siebener sein soll. Bei jener Geburtsurkunde handelt es sich übrigens nicht um Papier, sondern um eine hölzerne Spanschachtel von handlichem Format. Wichtig ist die Widmung. Demnach wurde die Schachtel einer gewissen „Regina Susanna Harßdörfferin von der Jungfrau Susanna Eleonora Elbsin zum Kindles marck überschickt“ – und dann folgt jene Jahreszahl, die entweder 1628 oder 1678 lauten kann.
Oder vielmehr lauten konnte, denn im Stadtarchiv haben sie nun Angaben zur Harßdörfferin wie zur Elbsin gesucht und gefunden. Demnach hat Erstere von 1663 bis 1731 gelebt und kann schwerlich schon 1628 eine Schachtel geschickt bekommen haben – zumal die Übersenderin nicht vor 1651 geboren wurde. Also eindeutig „7“ und 1678 statt „2“ und 1628.
Nürnbergs Oberbürgermeister macht das Beste draus. Er zitiert das Christkind höchstselbst, dessen aktuelle Verkörperung den diesjährigen Markt am 28. November auch mit diesen Worten eröffnen wird: „Mein Markt bleibt immer jung!“ Jedenfalls im Vergleich zum Christkind, das angeblich aus dem 16. Jahrhundert stammt und seine Geburtsurkunde bestimmt noch irgendwo in einem von diesen Ordnern haben muss.
