Er ist bekannt für seine Psycho-Rollen in „The White Lotus“, „Euphoria“ und „You“. Lukas Gage ist Hollywoods neuer Darling, ein Neurosen-Kid, das sein Seelenchaos zelebriert. Mit 30 veröffentlicht er nun seine Memoiren.
„Die Nacht war verdammt kurz“, sagt Lukas Gage. „Ich war auf dem Konzert einer Freundin im Madison Square Garden, danach sind wir noch feiern gegangen … und dann klingelte plötzlich der Wecker.“ Er grinst müde, notiert die Journalistin des „GQ“ Magazins, als ihr der Filmstar erzählt, dass er das Interview mit ihr um ein Haar verpennt hätte. „Aber hey – no regrets“, schickt er gelassen hinterher. „Teil der Selbstfürsorge ist es doch, Spaß zu haben. Ich glaube, dass es sogar gesund ist auf eine seltsame Art – vielleicht ist es auch gar nicht seltsam. Aber wenn ich nicht feiere – welchen Sinn hat dann alles?“
Gage ist Schauspieler und bekannt für seine Rollen in The White Lotus, Euphoria und You – Figuren, die stets ein wenig zu nah am Wahnsinn balancieren. Kein Wunder, dass er Hollywoods neuer Darling ist: ein Neurosen-Kid, das sein Seelenchaos zelebriert. Mit gerade einmal 30 Jahren veröffentlicht er nun seine „verfrühten Memoiren“, wie er selbst sagt. Der Titel ist genauso ironisch: I Wrote This for Attention (HarperCollins).
Auf knapp 300 Seiten gewährt er schonungslos offen Einblick in seine Jugend in San Diego – eine Zeit voller familiärer Konflikte, Drogenexzesse, sexueller Übergriffe, Selbstquälerei, öffentlicher Demütigungen und einem unstillbaren Drang nach Aufmerksamkeit. Gage erzählt von Ecstasy im Sportunterricht, von einem Kühlschrank voller Erdbeer-SlimFasts, von dunklen Momenten, die er mit Hunderten Liegestützen zu überwinden suchte, auch vom Dating: „Einer hatte ständig Blaubeeren und Proteinpulver zwischen den Zähnen kleben“, berichtet er trocken. Und auch wenn all das leicht abgespielt wirkt und klingt, ist es vor allem diese Mischung aus Zerrissenheit, Sarkasmus und grinsender Überzeichnung, die die Menschen fasziniert.
Geschieden sei er auch schon, sagt Gage. Die fünfmonatige Ehe mit dem Promi-Friseur Chris Appleton, 42, sei wie ein „Fiebertraum“ gewesen. Im April 2023 eine blitzschnelle Verlobung, Hochzeit in Las Vegas mit Megawatt-Stars wie Kim Kardashian und Shania Twain. Im November 2023 reichte Appleton schon die Scheidung ein. Das Scheitern führt Gage unter anderem auf eine Fehldiagnose und falsche Medikation im Kontext seiner Borderline-Persönlichkeitsstörung zurück.
So beschreibt Gage sein Dasein: mit einer Mischung aus Selbstironie und gnadenloser Offenheit erzählt er von seiner Wirklichkeits-Diät – einem Leben, das zugleich krankhaft glamourös und verstörend wirkt. Neon-Partys, Twitter-Exzesse – „Ich tippe Instagram-Posts im Halbschlaf und trinke Proteinshakes wie andere Wasser, getrieben von der Obsession, einerseits die Kontrolle über meinen Körper zu bewahren und ihn andererseits immer wieder auf die Probe zu stellen“, sagt Gage, „bis an die Grenzen.“
Sein Frühstück? „Die O.G. Bowl mit Lachs-Sashimi, dann Kaffee und Vitamine“, erzählt Lukas dem Männermagazin. Omega-Fettsäuren gegen Hautrötungen, ein Dreifach-Magnesium-Komplex, Kurkuma-Ingwer-Oregano-Shot – und Apfelessig. „Technisch gesehen sollte man den wohl nicht nehmen, weil er die Verdauung beschleunigt“, räumt er ein. „Aber bisher ist nichts Schlimmes passiert. Die Vitamine wirken anscheinend schneller bei mir. Dazu kommen die Medikamente für meine mentale Gesundheit.“
Der britische „Guardian“ lobte die Ehrlichkeit des Filmstars, mit der er die Herausforderungen der Selbstfindung schildert. Befragt nach seiner Überlebensstrategie sagte Gage der „GQ“: „Alle sechs Monate den Therapeuten wechseln.“
Seine Therapie-Systematik klingt so unkonventionell wie seine Kühlschrankbetankung: „Therapie ist wie Dating. Ich weiß nicht, ob es wirklich zu empfehlen ist, aber ich wechsle gerne meine Therapeuten. Ich bleibe etwa sechs Monate bei jemandem und schaue, was ich von dieser Person lernen kann. Das bewahrt mich davor, zu der Version von mir zu werden, von der ich glaube, dass sie sie sehen wollen. Außerdem: Wenn ich jemandem zu nahe komme, fange ich an, die Person mögen zu wollen – und will, dass sie mich auch mag.“
Like me – das sei die Sucht. „Es ist wie Therapie-Roulette. Ich lerne von jedem Therapeuten etwas Neues.“ Es gibt eine Methode, die er besonders schätzt: eine Kombination aus DBT (Dialektisch-Behaviorale Therapie) und CBT (Kognitive Verhaltenstherapie). Daneben probiert er noch eine andere Technik aus, bei der Traumata bewusst durchlebt und bearbeitet werden, um Körper und Geist zu trainieren, in kritischen Situationen nicht überzureagieren.
Wir können süchtig nach Selbsthass werden und unsere eigenen Gefühle masochistisch ausleben.
Und dann, im Kapitel Big-Penis Disorder, zeigt sich wieder sein Humor: Die Ruhe der Praxis des behandelnden Therapeuten nervt ihn. „Zu still, zu beige, zu entspannt“, schreibt er. „Alles stagnierte, ich konnte die Haut aufreißen vor Langeweile. Ich brauchte etwas, das ich mit den Händen tun konnte. ‚Stört es Sie, wenn ich vape?‘ fragte ich, während ich das Vape schon zum Mund führte.“
Gages Methoden zur Emotionsregulierung sind so praktisch wie verrückt („Bei Trennungsschmerz kann ich kein Radiohead hören, dann doch lieber Selena Gomez“); seine Fitnessregeln so ritualisiert wie exzentrisch: Dogpound (Gym der Prominente in NYC und L.A.), Alo, Solidcore Pilates, Bodyweight-Training, Schlittenziehen. Seine Hautpflege – ein High-Tech-Fetisch: LED-Masken, Cryo-Sticks, Biome-Balancing-Seren – alles gegen Rosazea, Akne und Follikulitis.
Sein Rat, wie man mit zystischer Akne umgeht: „Heulen! Letztes Jahr in Spanien, Dreh mit Pamela Anderson – meine Haut war ein Alptraum. Ich habe geflennt, Antibiotika geschluckt. Ich war total am Ausflippen. Dann kommt der Regisseur Karim Aïnouz, sieht mich in der Maske und sagt: ‚Ich liebe Akne. Ich liebe Unvollkommenheiten. Lass doch alles, wie es ist. Später dachte ich, hey, irgendwie sind Pickel auch echt süß.“
Und während Gage auf diese Art Selbstreflexion übt, zeigt sich am Ende seines Buches noch mal sein Auge für das Skurrile und Makabre. Da fragt der dritte Ehemann seiner komatösen Großmutter, ob nach dem Tod von „Nana“ vielleicht jemand das Ensure aus dem Kühlschrank trinken wolle – die medizinische Flüssignahrung, die ihr Körper längst verweigerte. Sein Fazit: Im Absurden offenbart sich die komische Tiefe des Lebens, aber auch eine radikale Banalität. Cheers!