Acht Jahre sollte ein Brandstifter ins Gefängnis, der in einem Haus in Pirmasens Menschenleben gefährdet hat. Der BGH hob das Urteil auf. Ab Dienstag wird neu verhandelt.

Den Tatablauf, wie ihn die Große Strafkammer des Landgerichts Zweibrücken im September 2024 rekonstruiert hatte, hat der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs in seiner Entscheidung vom 4. Juni 2025 nicht in Zweifel gezogen: Demnach hatte der Angeklagte, der aus Baden-Württemberg stammt und in Pirmasens wohnte, am Abend des 25. Februar 2024 nach verbalen Streitigkeiten mit Mitbewohnern in einem Mehrfamilienhaus in der Schwanenstraße einen im Hausflur abgestellten Kinderwagen seiner nigerianischen Nachbarn angezündet.

Flammen und Rauch breiteten sich aus und versperrten den einzigen Fluchtweg durchs Treppenhaus ins Freie. Die Feuerwehr rettete eine im Dachgeschoss lebende Familie über eine Drehleiter, die Bewohner im ersten Obergeschoss, zwei Erwachsene und drei Kinder, mussten sich mit Sprüngen aus dem Fenster in Sicherheit bringen. Vier Personen zogen sich dabei Verletzungen zu, an dem Gebäude entstand erheblicher Sachschaden. Der Brandstifter war zur Tatzeit stark betrunken und dadurch nach Auffassung des Gerichts in seiner Steuerungsfähigkeit erheblich eingeschränkt.

Brennenden Kinderwagen hin und her geschoben

Die Strafkammer des Landgerichts bewertete die Tat des damals 51-Jährigen als versuchten Mord in Tateinheit mit versuchter Brandstiftung mit Todesfolge sowie Körperverletzung; das Urteil: acht Jahre Gefängnis. Das Gericht begründete seine Entscheidung unter anderem damit, dass der Mann zumindest billigend in Kauf genommen habe, dass sich das Feuer ausbreiten und Mitbewohner sterben könnten. Aber: „Hierfür findet sich in der Beweisführung keine Stütze“, bemängeln die Bundesrichter im Revisionsverfahren, das der Angeklagte angestrengt hatte. Der Kernpunkt ihrer Kritik: Das Landgericht habe den Tötungsvorsatz des Angeklagten nicht rechtsfehlerfrei belegen können und nicht schlüssig dargelegt, dass der Angeklagte tatsächlich eine Ausdehnung des Feuers – und damit eine tödliche Gefahr – in Kauf nahm.

Angesichts der Vorgehensweise des Angeklagten (Entzündung eines abgestellten Kinderwagens unter Zuhilfenahme von Zeitungspapier) und seines anschließenden Verhaltens (Hin- und Herschieben des brennenden Wagens) liege es nicht auf der Hand, dass der Mann das Mehrfamilienhaus in der Schwanenstraße abfackeln wollte, so der BGH. Vor diesem Hintergrund hätte auch in den Blick genommen werden müssen, dass der Angeklagte selbst in dem Haus wohnte und inwieweit seine eigene Wohnung von einem Brand betroffen gewesen wäre. Soweit das Landgericht auf eine mögliche todbringende Rauchgasinhalation abgestellt hat, hätte laut BGH näherer Erörterung bedurft, dass der Sachverständige nur eine „potenzielle Gefahr“ gesehen habe.

Da die Verurteilungen wegen versuchten Mordes und versuchter Brandstiftung mit Todesfolge nach Auffassung des BGH am mangelhaft begründeten Tötungsvorsatz scheiterten, musste auch die Verurteilung wegen Körperverletzung aufgehoben werden, da diese mit den schwereren Delikten in einem sogenannten Tateinheitsverhältnis stand. Der Bundesgerichtshof verwies den Fall zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an eine andere Strafkammer des Landgerichts Zweibrücken zurück. Prozessauftakt ist am Dienstag, 28. Oktober, um 8.30 Uhr.