Oerlinghausen. Im vergangenen Jahr wurden in der Bergstadt zwölf Stolpersteine verlegt. Am Donnerstag, 5. Juni, folgt der nächste Stein. Die kleinen Tafeln verweisen auf das Schicksal der Menschen, die in der Zeit des Nationalsozialismus verfolgt, ermordet, deportiert oder in den Suizid getrieben wurden.Das soziokulturelle Zentrum Knup greift das Thema erneut auf und bietet erstmals öffentliche Rundgänge an.

„Sie sollen nicht nur Teil Erinnerungskultur sein, sondern auch ein Zeichen des Knup gegen das Erstarken der extremen Rechten.“ Der erste Rundgang findet statt am Samstag, 26. April, ab 14 Uhr. Um Anmeldung wird gebeten unter Tel. 05202 490032 (AB) oder per E-Mail an einlass@knup.org.

Die Stolpersteine sind nach Ansicht von Lina Kindsgrab, Matthias Guder und Christian Stüber ein bedeutender Schritt für Oerlinghausen. „Denn bereits mehr als 20 Jahre lang war darüber diskutiert worden“, stellen die drei aus der Politgruppe des Knup fest.

Die Stolpersteine sind eine Idee des Künstlers Gunter Demnig. 1992 begann er sein Projekt, inzwischen hat er mehr als 100.000 in Deutschland und in 30 weiteren europäischen Ländern verlegt. Sie gelten als das größte dezentrale Mahnmal der Welt. Die Steine vor der früheren Wohnung der NS-Opfer sind laut Demnig symbolisch gemeint. Die Opfer sollen ihre Namen zurückerhalten, denn in den Konzentrationslagern waren sie zu Nummern degradiert worden. Zugleich solle deutlich werden, dass die Verbrechen nicht irgendwo, sondern ganz in der Nähe geschahen.

Erinnerungsbuch im Internet zu finden

Mit dem geführten Rundgang möchte das Knup die Erinnerung wachhalten. „Wir wollen die Steine ins Rollen bringen und anregen, sich genauer mit dem Thema zu beschäftigen“, sagt Christian Stüber. Bei der Vorbereitung konnte sich die Politgruppe auf Berichte des Redaktionsmitarbeiters Horst Biere und vor allem auf die langjährige Forschungsarbeit des Historikers Jürgen Hartmann stützen.

In seinem Erinnerungsbuch hat Hartmann die Oerlinghauser Opfer von antisemitischer und politischer Verfolgung aufgeführt. „Sie wurden ausgegrenzt, erfuhren körperliche sowie seelische Verletzungen und verloren durch die Verfolgung ihr Leben“, sagt Lina Kindsgrab.

Das Erinnerungsbuch ist in die Internetseiten der Stadt eingestellt. Der Verfolgten wird auch öffentlich namentlich gedacht. Bei der Recherche entdeckte die Knup-Gruppe die recht unscheinbare Tafel am Seiteneingang des Rathauses. Mit der nationalsozialistischen Vergangenheit setzt sich das Knup schon lange auseinander. Im vergangenen Jahr unternahmen 25 junge Leute eine Fahrt zu Gedenkstätten in Tschechien, in diesem Sommer ist ein mehrtägiger Besuch des ehemaligen Konzentrationslagers Ravensbrück geplant.

Die Rundgänge sollen regelmäßig angeboten werden. Während des Rundgangs werden neben drei Stolpersteinen auch drei Erinnerungsorte besucht. So beginnt die Tour an der ehemaligen Synagoge, führt zum jüdischen Friedhof und über Altstadtstraßen zum Rathaus. Für die drei Kilometer lange Strecke werden eineinhalb Stunden veranschlagt.Der zweite Stolperstein-Rundgang ist für Samstag, 27. September, geplant. Er beginnt ebenfalls um 14 Uhr.