Zum Glück hatte er Martina Schröder. Sie wohnt zwar in Sielmingen, ist aber einmal die Woche zu Bernd Kristel gefahren, um mit ihm gemeinsam Einkäufe zu erledigen. „Ich habe in ihr kleines Auto reingepasst“, sagt der 76-Jährige lachend. Anschließend hat Martina Schröder die gefüllten Einkaufstaschen noch in die Wohnung getragen, und einen Schlenker zum Frisör hat das Duo auch einmal gemeinsam gemacht. So weit, so normal. Das Besondere aber an diesem Tandem: Die beiden kannten sich zuvor gar nicht.

Bei dem Projekt in Filderstadt geht es um kleine Handreichungen

„Brücke in den Alltag“ heißt eine Initiative, die Bernd Kristel und Martina Schröder auf Zeit zusammengeführt hat. Das Prinzip ist so simpel wie effektiv: Ehrenamtliche unterstützen Menschen ab 60 Jahren nach einem Krankenhausaufenthalt vier bis sechs Wochen lang. Pflegerische oder hauswirtschaftliche Tätigkeiten sind damit nicht gemeint, vielmehr geht es um kleine Handreichungen. Die Freiwilligen holen Rezepte beim Arzt ab oder Medikamente in der Apotheke, sie übernehmen Einkäufe, begleiten bei einem Spaziergang oder bieten sich einfach nur als Gesprächspartner bei einer Tasse Tee an.

Das Filderstädter Referat für Chancengleichheit, Teilhabe und Gesundheit hat die „Brücke in den Alltag“ bereits im Jahr 2018 ins Leben gerufen. Was seinerzeit noch als Projekt für zwei Jahre angelegt gewesen war, hat sich mittlerweile als Säule der kommunalen Gesundheitsversorgung verstetigt. Aus gutem Grund: Besonders in den ersten Wochen nach der Entlassung aus dem Krankenhaus bestehe ein erhöhtes Risiko für Komplikationen, die im Zweifelsfall zu einem erneuten Klinikaufenthalt führen können, heißt es aus dem Referat.

Rund 90 Fälle pro Jahr werden in Filderstadt angemeldet Hilfe beim Einkaufen ist häufig gefragt. Foto: imago/Michael Gstettenbauer

Das Angebot ist kostenfrei und wird gut angenommen, auch, weil im Speziellen die Filderklinik, aber auch Arztpraxen, Angehörige oder – so war es im Fall von Bernd Kristel – der Diakonieförderverein explizit auf die „Brücke in den Alltag“ verweisen. Jasmin Fritz stellt als hauptamtliche Gesundheitslotsin bei der Stadtverwaltung dann den Kontakt her. Sie berichtet von rund 90 Fällen, die pro Jahr angemeldet werden, nicht alle aber kämen dann letztlich zustande. Zwölf Ehrenamtlich stehen für die Einsätze zur Verfügung.

Die 67-jährige Martina Schröder ist seit mehr als drei Jahren dabei. Sie erzählt: Früher, als Verwaltungsfachkraft in Vollzeit, habe sie wenig Zeit gehabt, sich ehrenamtlich einzubringen. Nun könne sie sich engagieren, und die Tätigkeit sei sinnvoll. „Vor vielen Jahren war ich in der gleichen Situation, deswegen hat mich das mit der Brücke angesprochen“, erzählt sie. Neun Einsätze, jeweils mehrere Wochen lang, habe sie bereits absolviert. Sie berichtet von netten Begegnungen und Gesprächen, von Kontakten auf Augenhöhe – und viel Dankbarkeit. „Man bekommt ganz viel zurück“, sagt sie.

Mittlerweile ist der Einsatz in Bonlanden abgeschlossen

Auch Bernd Kristel ist rückblickend voll des Lobes. „Positiv, sehr positiv“ sei die Erfahrung gewesen. Eine fremde Person um Hilfe zu bitten, das sei ihm nicht unangenehm gewesen. Mittlerweile ist Martina Schröders Einsatz in Bonlanden abgeschlossen. Bernd Kristel muss wieder allein einkaufen. „Mit dem Tragen von Taschen habe ich heute noch Probleme“, sagt er, doch ab und an gehe ihm jemand von den Nachbarn zur Hand. Martina Schröder wiederum hat aktuell keine neue Klientel, doch wer weiß, wann Jasmin Fritz anruft – und sie bittet, einer Person eine „Brücke in den Alltag“ zu bauen. „Ich bin bereit“, sagt die Sielmingerin.

Neue Ehrenamtliche gesucht

Ehrenamt
Das Filderstädter Referat für Chancengleichheit, Teilhabe und Gesundheit sucht weitere freiwillig Engagierte, die Teil der Initiative „Brücke in den Alltag“ werden möchten. Das Ganze ist ein Ehrenamt und unbezahlt, Fahrtkosten werden aber erstattet.

Kontakt
Melden kann man sich bei der hauptamtlichen Gesundheitslotsin Jasmin Fritz unter Telefon (0711) 70032560 oder per E-Mail an jfritz@filderstadt.de. Mehr Infos findet man im Internet auf www.gut-versorgt-in-filderstadt.de.