Zum 100. Geburtstag von Karl Weschke zeigt Gera eine umfassende Sonderausstellung des international anerkannten Künstlers. Die Ausstellung ist bis Mitte Februar 2026 sowohl in der Orangerie als auch im Stadtmuseum Gera zu sehen.
In Deutschland ist Weschke kaum bekannt, dabei war er einer der bedeutendsten deutschen Maler der Nachkriegszeit. Seine Heimat hat er nach dem Zweiten Weltkrieg in Großbritannien gefunden. Seine Werke finden sich dort in den bedeutendsten Museen, wie zum Beispiel der Tate Gallery oder der Hayward Gallery in London.
Vom Straßenkind zum begeisterten Nazi
Weschke stammt aus ärmsten Verhältnissen in Gera. Er selber sagte dazu, dass seine Mutter eine Dirne war und er eigentlich ein Geraer Gossenkind, so der Leiter der Kunstsammlung Gera und Kurator der Ausstellung, Holger Saupe. Ein Zuhause, einen familiären Raum habe es für ihn nicht gegeben.
Als Weschke acht Jahre alt ist, beginnt die Zeit des Nationalsozialismus. In der Hitlerjugend ist der kleine Karl plötzlich nicht mehr der arme Straßenjunge, sondern wird als gleichwertig aufgenommen. Er wird zum Anhänger der faschistischen Ideologie. Und beginnt später als Soldat bei der Eliteeinheit der Fallschirmjäger – vom großen Ehrgeiz angetrieben, die schwierigen Verhältnisse seiner Kindheit hinter sich zu lassen.
Läuterung und künstlerische Entwicklung
Doch die Niederlage Deutschlands im Krieg ändert alles. 1945 gerät Weschke in britische Kriegsgefangenschaft. Dort erfährt er, dass das, woran er geglaubt hat, eine große Lüge war, so Kurator Saupe.
Weschke verbringt mehrere Jahre in sogenannten Umerziehungslagern. Er lernt dort, wie eine Demokratie funktioniert, und bekommt die Möglichkeit, sich künstlerisch auszuprobieren. In Cambridge darf er Kurse in Kunstgeschichte besuchen. Privat freundet er sich mit Francis Bacon an. So beginnt diese künstlerische Karriere.
In Cornwall seine Heimat gefunden
In Cornwall, am äußersten Zipfel Europas, wird Weschke Anfang der 1960er-Jahre heimisch. Dort prägt ihn der Atlantik, der Ozean. Jahrzehntelang beobachtet er ihn von seinem Atelier aus. Die Gegend ist rau und wild.
Kurator Saupe hat Weschke zu dessen Lebzeiten im Atelier besucht und dort sofort seine Bilder verstanden. Er beschreibt die Gegebenheit: „Der Atlantik ist keine Ostsee. Wo man sagt, man läuft mal schön rein. Sondern der Atlantik hat Stürme, eine Gewalt.“
Meeresbilder und Akte
So malt Weschke 1967 das Ölgemälde „Brandungswellen“. Klassische Wellenmotive sind hier jedoch ebenso wenig zu finden wie die Farbe Blau – vielmehr kommen zunächst Assoziationen auf an braune, rostige Rohre, die nebeneinander liegen. Saupe erläutert: „Das ist die Wellenbrandung, Wellenbrecher. Wenn die Welle umbricht – das ist doch wie eine körperliche Gewalt, die hier entgegenkommt! Wie Röhren, die man kaum überwinden kann.“
Neben dem Meer malt Weschke zunächst auch viele Aktbilder. Vielleicht, weil Frauen in seinem Leben eine große Rolle spielen, mit vier Frauen zeugt er fünf Kinder. In der Ausstellung hängt etwa ein großformatiges Gemälde, auf dem eine Frau auf dem Bauch am Strand liegt. Ihre Figur ist schemenhaft zu erkennen. Hinter ihr die Steilküste. „Weschke malt die Nacktheit an sich. Das Elementare der Nacktheit“, beschreibt es Kurator Saupe. Der erotische Körper sei dabei in gewisser Weise von Sinnlichkeit geprägt – er könne aber auch ein Steinfelsen sein, so Saupe, diese Ambivalenz sei bei Weschke immer zu sehen.
Weschke malt die Nacktheit an sich. Das Elementare der Nacktheit.
Holger Saupe
Kurator der Ausstellung
Reise nach Ägypten brachte Licht ins Werk
Viele von Weschkes frühen Werken sind in dunklen Erdfarben gehalten. Später ändert sich das, mehrere Reisen nach Ägypten bringen das Licht in seine Kunst, auch das spiegelt die Ausstellung wider. Ägypten sei eine Erweckung für den Maler gewesen, so beschreibt es Saupe.