Die Gruppe von Menschen, die häufig rechtspopulistische Ansichten vertreten, umfasst laut einer Studie der Universität Hohenheim besonders viele Männer zwischen 45 und 59 Jahren. Doppelt so viele Menschen hängen in Ostdeutschland dem Populismus an wie in Westdeutschland. Und das Misstrauen gegenüber Massenmedien ist groß. Das Ergebnis der Studie, die im Rahmen des sogenannten Demokratie-Monitorings stattgefunden hat, hat dieses Jahr wieder Zahlen hervorgebracht, die auf viele erschreckend wirken.
Die Untersuchung wird seit 2021 jedes Jahr im Auftrag des Politikwissenschaftlers Frank Brettschneider durchgeführt. Auf Nachfrage unserer Zeitung sagt der Hohenheimer Professor, dass er mit der Studie gleichzeitig herausfinden wolle, warum bestimmte Teile der Gesellschaft gefährlichen Ideologien anhingen, obwohl diese die Demokratie schwächen wollten. „Dabei sind die Zahlen im Vergleich zu anderen Ländern gar nicht so hoch“, sagt er. Über die vergangenen Jahre seien sie zudem stabil geblieben. Das Besondere in Deutschland sei vielmehr, dass die Ansichten der Populisten überproportional häufig Gegenstand öffentlicher Debatten seien.
Alles sei ganz anders – Verschwörungsideologien im Fokus
Auffällig sei die Nähe zu Verschwörungsideologien und rechten Narrativen gewesen, insbesondere in der Zeit der Corona-Pandemie. „Das Delegitimieren einerseits und anderseits die Behauptung, alles sei ganz anders als wir denken, gehen da Hand in Hand“, sagt er. Die Frage, die ihn interessiert habe, sei gewesen, in welchen Teilen der Gesellschaft man besonders oft denke, von „geheimen Mächten“ kontrolliert zu werden. Auffällig sei in seiner Studie auch gewesen, dass Menschen mit einem rechtspopulistischen Weltbild die Lebensqualität in ihrem Bundesland deutlich schlechter einschätzen würden als alle anderen. Sie würden auch pessimistischer auf die Zukunft blicken. Ältere Menschen würden der Ideologie auch aus anderen Gründen anhängen als junge Menschen.
Das kann auch Andreas Hässler bestätigen. Er ist Bildungsreferent bei der Beratungsstelle Mobirex gegen extreme Rechte und gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit. Bei ihm melden sich tagtäglich Menschen, die Beratung suchen, wie sie mit Vorfällen in ihrem direkten Umfeld umgehen sollen. Sein Wirkungsbereich deckt ganz Baden-Württemberg ab.
Studie aus Stuttgart: Mittelalte Männer dominieren Reichsbürgerszene
Der Kommunikationswissenschaftler Frank Brettschneider forscht an der Universität Hohenheim. Foto: dpa/Bernd Weißbrod
Die hervorstechende Gruppe mittelalter Männer, die laut der Stuttgarter Studie besonders häufig rechtspopulistische Ansichten vertritt, sei seiner Erfahrung nach auch besonders häufig der Ideologie der sogenannten Reichsbürgerszene zuzuordnen. Laut dem Verfassungsschutz verneinen Reichsbürger die Legitimität der Bundesrepublik. Sie fallen durch ein hohes Gewaltpotenzial auf. „Es ist häufig ein bestimmtes Alter, in dem Menschen besonders anfällig für Rechtspopulismus zu sein scheinen. Von viel älteren Menschen kriegen wir wiederum wenig mit“, so der Berater Hässler. Laut einer Statistik des Verfassungsschutzes aus dem Jahr 2021 ist der Anteil der Männer unter den Reichsbürgern bei über 70 Prozent.
Noch problematischer findet er wiederum, dass die Zahl der jungen Menschen, die rechtes Gedankengut vertreten, deutlich ansteige. Das habe auch mit den perfiden Mitteln zu tun, mit denen rechtes Gedankengut an junge Menschen gelange. Beispielsweise gebe es eine Reihe neurechter Influencer, die auf sozialen Medien ihr Weltbild propagieren würden. „Es gibt rechte Tiktokerinnen, die Beautytipps geben und nebenbei unterschwellig rechtes Gedankengut verbreiten“, so Hässler. Beliebt sei unter anderem eine Aktivistin mit dem Pseudonym Eingollan. Laut einer Untersuchung der Amadeu-Antonio-Stiftung sei ein Großteil der Profile rechter Influencer auf sozialen Netzwerken dem Umfeld der AfD und ihren Jugendorganisatoren zuzuordnen.
Auch der Stuttgarter Kommunikationswissenschaftler Brettschneider bestätigt die Erfahrung, wonach soziale Medien einen erheblichen Beitrag leisten, dass manche Menschen ein negatives Weltbild erlangen. So verbreite sich in Teilen der Bevölkerung eine regelrechte Weltuntergangsstimmung. „In der Gruppe der jungen Männer äußert sich das dann im Durchschnitt anders als in der Gruppe der jungen Frauen“, so Brettschneider. Während Letztere bei der Bundestagswahl überdurchschnittlich oft die Linkspartei gewählt haben, haben Erstere überdurchschnittlich oft die AfD gewählt.