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Gerlingen (Baden-Württemberg) – Der Chipmangel trifft Deutschlands Autoindustrie mitten ins Herz. Nach Angaben der IG Metall hat Bosch am Standort Salzgitter wegen der Engpässe beim niederländischen Halbleiterhersteller Nexperia bereits Kurzarbeit angemeldet. Laut Bosch-Betriebsrat Mario Gutmann wirkt sich die Knappheit dort besonders schnell aus, weil die Produktion im Just-in-Time-Verfahren läuft.
Bei ZF, dem zweitgrößten deutschen Autozulieferer, wurde nach Bekanntwerden der Nexperia-Probleme eine Taskforce eingerichtet, um mit Kunden und Lieferanten alternative Lieferketten zu prüfen.
Das Werk von ZF in Dielingen, dem zweitgrößten Automobilzulieferer in Deutschland nach Bosch
Foto: picture alliance / Fotostand
Die Krise geht weit über Chips hinaus
Schon vor der Chipkrise häuften sich die Probleme: steigende Kosten, Umstellung auf E-Mobilität, sinkende Aufträge. Im Bosch-Werk Reutlingen sollen bis Ende des Jahrzehnts bis zu 1100 Jobs wegfallen. ZF Friedrichshafen kündigte an, bis 2028 rund 14 000 Stellen in Deutschland zu streichen. Continental streicht in Deutschland 1450 Stellen bis Ende 2026. Auch Schaeffler (2800 Jobs in Deutschland), Brose (700) und Mahle (600) haben bereits Stellen abgebaut.
Autoexperte Frank Schwope sagt zu BILD: „Die Lage vieler Automobilzulieferer ist – ganz klar gesagt – ziemlich bescheiden.“ Auch die IG Metall warnt vor weiteren Verlusten in der Branche. Patrick Selzer von der IG Metall Saarbrücken sagt: „Wir müssen derzeit davon ausgehen, dass uns Betriebe 2025, spätestens aber bis Ende 2026 komplett wegbrechen werden.“ In vielen Werken wächst die Verunsicherung. Beschäftigte fragen sich, ob ihr Arbeitsplatz in der neuen Autoindustrie noch sicher ist – oder ob der Sparkurs bald auch sie trifft.
Der Mensch hinter der Zahl
Einer von ihnen ist Ralf Schinzel (59), Maschinenbau-Ingenieur aus Leonberg. Nach 33 Jahren bei Bosch verlässt er das Unternehmen zum Jahresende – mit einer Abfindung. „Bosch lebt von der Autoindustrie. Und wenn es der Autoindustrie schlecht geht, wirkt sich das unmittelbar auf Bosch aus.“
Ralf Schinzel (59): Nach 33 Jahren ist für ihn Schluss bei Bosch
Foto: Hagen Stegmüller
Trotz allem blickt Schinzel nach vorn: „Ich würde mich gerne um Ältere, Kranke oder Behinderte kümmern.“ Mit 59 Jahren macht er ein Freiwilliges Soziales Jahr – und hofft, später noch einmal in den Beruf zurückzukehren. Schinzel sagt: „Fachkräfte werden immer gebraucht.“
Frank Schwope ist Dozent für Automobilwirtschaft an der Fachhochschule des Mittelstands in Berlin, Hannover und Köln. Zuvor war er 24 Jahre bei der Landesbank NORD/LB tätig, insbesondere als Autoanalyst. Der Diplom-Kaufmann gilt als Kenner der Branche und beobachtet seit Jahrzehnten die Strategien der großen Hersteller.