Aktualisiert am 28.10.2025 – 00:38 UhrLesedauer: 3 Min.
Bundeskanzlerin a.D., Angela Merkel, bei einer Ausstellungseröffnung im September in Berlin. (Quelle: IMAGO/ESDES.Pictures, Bernd Elmenthaler)
Angela Merkel tritt in Bonn bei einer Lesung auf. Dabei wird sie auch auf die „Stadtbild“-Debatte angesprochen, die ihr Vorgänger losgetreten hat.
Für die frühere Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) waren die vergangenen Monate vermutlich nicht die allergrößte Genugtuung. Ihr Handeln in der Migrationspolitik steht heftig in der Kritik. Die Union setzt unter Kanzler Friedrich Merz derzeit alles daran, Merkels liberalen Kurs in der Einwanderungsfrage zurückzudrehen. Und auch die Russland- und Verteidigungspolitik der ehemaligen CDU-Kanzlerin steht im Fokus der Kritik.
Auf ihrer Lesereise, die die 71-Jährige seit Monaten unternimmt, fallen die Reaktionen dagegen positiv auf. Das wurde am Montagabend bei einer Lesung in Bonn einmal mehr deutlich. Die ehemalige Regierungschefin las gut eineinhalb Stunden aus ihrer Autobiografie „Freiheit“ vor und erzählte aus ihrem Leben. Das Publikum in der voll besetzten Bonner Oper unterbrach sie immer wieder mit Applaus und feierte sie am Ende mit Standing Ovations.
Viel Zeit widmete Merkel bei ihrer Lesung auch dem Jahr 2015. Damals kamen fast eine Million Flüchtlinge nach Deutschland und die Kanzlerin sprach ihren bekanntesten Satz: „Wir schaffen das“. Merz hingegen hatte bei einem Wahlkampfauftritt im Januar 2025 gesagt: „Da können wir uns anstrengen, wie wir wollen, das werden wir nicht schaffen“. Damit distanzierte sich der damalige Kanzlerkandidat deutlich von seiner Vorgängerin.
In der Oper Bonn ging Merkel nun zwar nicht direkt auf die „Stadtbild“-Debatte ein, die ihr späterer Amtsnachfolger Friedrich Merz losgetreten hatte. Aber die 71-Jährige äußerte sich kritisch zu dem Begriff „Flüchtlingsstrom“. Sie forderte in dem Zusammenhang, man müsse immer den einzelnen Menschen sehen.
Auch plädierte sie dafür, gerade in der Flüchtlingspolitik „in der Sache redlich und im Ton maßvoll“ zu agieren. „Die übergroße Mehrheit der Menschen hat ein untrügliches Gespür dafür, ob Politiker aus einem Kalkül handeln, ob sie sich sogar von der AfD gleichsam am Nasenring durch die Manege führen lassen, oder ob sie handeln, weil sie aufrichtig daran interessiert sind, Probleme zu lösen“, las sie aus ihrem Buch vor. Für demokratische Parteien seien „Maß und Mitte“ Basis und Voraussetzung ihres Erfolgs.
Ursprung der „Stadtbild“-Debatte ist eine Äußerung von Bundeskanzler und CDU-Chef Friedrich Merz. Merz hatte am 14. Oktober gesagt, die Bundesregierung korrigiere frühere Versäumnisse in der Migrationspolitik und mache Fortschritte, „aber wir haben natürlich immer im Stadtbild noch dieses Problem, und deswegen ist der Bundesinnenminister ja auch dabei, jetzt in sehr großem Umfang auch Rückführungen zu ermöglichen und durchzuführen“.
