Plastik hat gerade keinen guten Ruf, trotzdem ist eine plastikfreie Welt kaum denkbar. Lebensmittel etwa können dank Kunststoffverpackungen viel leichter transportiert und haltbar gemacht werden. Das hat den Preis für Essen an vielen Stellen entscheidend gesenkt. Plastik ist beliebig formbar, kann Möbelstück, Handyhülle oder Baustoff werden. Die Stabilität seiner Moleküle ist zugleich das größte Problem: Denn mit nur wenig Reibung lösen sich winzige, unsichtbare Plastikteilchen von großen Plastikgegenständen. In der Umwelt ist dieses Mikroplastik persistent. Die Moleküle zerfallen nicht, sondern vergiften die Ökosysteme der Erde – und damit auch die Menschen. Aeveloop will dieses Problem lösen.

Plastik mit Sollbruchstelle: Wie Aevoloop das Recycling revolutionieren will

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MDR KULTUR – Das Radio

Mo
27.10.2025

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Manuel Häußler ist Chemiker und einer der Gründer des Start-ups. Das Hauptproblem sei, dass bei der Entwicklung von Kunststoffen niemand nachgedacht habe, was mit den Produkten am Ende ihrer Lebensspanne passieren solle. Das habe sich im Grunde bis heute nicht verändert. „Mich erschreckt, wie wenig Materialneuentwicklungen es gibt“, sagt er mit Blick auf die kürzlich zu Ende gegangene Kunststoffmesse in Düsseldorf. Das Design der meisten Kunststoffe sei seit den 1950er Jahren unverändert. Höchstens seien mal Zusätze oder Mischungen dazugekommen.

Während seiner Doktorarbeit an der Universität Konstanz hat Häußler ein Plastikmolekül entwickelt, das eine Art Bruchstelle aus Sauerstoffatomen enthält. An dieser Stelle kann das Polymer später aufgeknackt werden. Dann kann es von bestimmten Bakterien leicht verdaut oder im Recyclingprozess zu einem neuen Kunststoff zusammengesetzt werden. Inzwischen ist seine Firma vollständig nach Leipzig umgezogen und macht sich hier nun auf den Weg, eine konkurrenzfähige Kunststofffabrik aufzubauen.

Forschung trifft Finanzierung: Warum Leipzig zum Hotspot für grüne Chemie wird

Aevoloop ist eines der Aushängeschilder eines großen Forschungsclusters, das der Chemie-Industrie im Dreieck Leipzig, Halle und Bitterfeld neue Optionen für die Zukunft verschaffen soll. Eine wichtige Rolle dabei wird auch das „Center for the transformation of chemistry“ (CTC) spielen. Das neue Großforschungszentrum in Delitzsch und Merseburg wird durch Gelder für den Kohleausstieg finanziert und soll ein wichtiger Partner für das Start-up werden.

In den vergangenen Monaten hat Aveloop 3,52 Millionen Euro von großen Venture-Capital-Fonds eingeworben. „Wir sind sehr glücklich, dass die zweite Finanzierungsrunde genau so funktioniert hat, wie wir das wollten. Das war ein langer Weg, denn aktuell ist es auch für Start-ups sehr schwierig, an das nötige Geld zu kommen“, sagt Häußler. Ein weiterer wichtiger Partner ist das Projekt „Saxy Plastics“. Die Sächsische Aufbaubank (SAB) finanziert mit insgesamt 8,4 Millionen Euro einen Verbund von Einrichtungen rund um die Neuerfindung der Plastikmoleküle. Aeveloop erhält insgesamt 5 Millionen aus diesem Topf.

Bioplastik und Abfallverwertung: Zwei Quellen für nachhaltige Kunststoffe

Aktuell stellt das Start-up seine Prototypen aus zwei verschiedenen Quellen her. Einerseits können biobasierte Ausgangsstoffe verwendet werden, etwa Chemikalien, die aus Pflanzenölen stammen. Der zweite Weg sind alte Kunststoffabfälle, die sich nicht für das klassische mechanische Recycling eignen, sprich: die also nicht einfach eingeschmolzen und neu geformt werden können. Sie werden unter der Zugabe von Sauerstoff umgeformt und erhalten die gewünschten Bruchstellen. “ Das ist auch ein Riesenvorteil für den Recyclingprozess selbst, denn durch den Sauerstoff entsteht Wärme, die nicht energieintensiv erzeugt und zugeführt werden muss“, erklärt Häußler.

Einer der neuen Partner von Aevoloop ist das Leibniz-Institut für Polymerforschung in Dresden. Dort wollen die Forscher die Materialien testen und Verarbeitung und Anwendung weiter erforschen. Das Wissen wird dem Start-up beim Design seiner Produkte helfen. Ein weiterer Partner ist die Universität Leipzig. „Die Forscher hier entwickeln ein spezielles Enzym, das unsere Kunststoffe zersetzen kann“, sagt Häußler. Weil diese Entwicklung mit dem Design der Polymere Hand in Hand geht, soll der Recyclingprozess später besonders effizient und energiesparend sein.

Flaschendeckel statt Flasche – eine Schicht statt schlecht recycelbare Verbundstoffe

Das Plastik, das Aeveloop einmal herstellen will, soll einmal ähnliche Eigenschaften wie Propylen (PP) haben. „Wir zielen auf Hochleistungsverpackungen“, sagt Häußler. Herauskommen soll keine neue PET‑Kunststoffflasche, aber vielleicht ein neuer Flaschendeckel. „Da sind besondere Barriere-Eigenschaften wichtig, etwa, dass Verpackungen luftdicht sind und keine Feuchtigkeit durchlassen, sodass der Inhalt nicht austrocknet und kein Sauerstoff hineingelangt“, sagt er.

Die Aufgabe sei herausfordernd. Aevoloop habe aber die nötige Expertise, ein ganz neues Produkt zu entwickeln. Der Clou: Anders als bisher sollen dafür nicht verschiedene Materialien zu einer Verbundschicht kombiniert werden. Stattdessen erfülle eine einzelne Plastikschicht alle Anforderungen. Das erleichtert am Ende wieder das Recycling.