Liebe Leserin, lieber Leser,

wann haben Sie
zuletzt mindestens 20 Minuten lang eine politische Frage diskutiert und würden
sagen: Das war eine richtig gelungene Debatte – weil niemand laut wurde,
ständig unterbrochen hat oder aus dem Raum gestürmt ist?

Im Rathaus konnte
man gestern gleich mehrere solcher Debatten beobachten, allerdings waren die
Teilnehmer deutlich jünger als sonst an diesem Ort. Denn gestern wurde dort das
Landesfinale von Jugend debattiert ausgetragen, ein heute bundesweites Format,
das hier 1999 seinen Anfang nahm. Die Aufgabe: Je zwei Debattierende standen
sich gegenüber; eine Seite musste für etwas argumentieren, die andere gegen
etwas – ungeachtet der persönlichen Einstellung abseits der Bühne. Eine
ältere Gruppe (10.-13. Klasse) debattierte zum Beispiel, ob es ein
bedingungsloses Grundeinkommen von 1.200 Euro geben solle (Hamburg, da war doch was?).

Die 24-minütige
Diskussion kann ich in diesem kurzen Newsletter nicht abbilden, aber mich hat
beeindruckt, wie gut die Teilnehmerinnen und Teilnehmer aufeinander eingingen.
Mit einem bedingungslosen Grundeinkommen würden weniger Menschen arbeiten gehen,
und das würde die Betriebe lahmlegen, sagte einer – nicht ganz richtig, in
Kanada hätten bei einem ähnlichen Projekt weniger als ein Prozent der Menschen
ihren Job aufgegeben, sagte eine andere. So ging es hin und her. Alle wirkten,
als hörten sie der Gegenseite wirklich zu. Es ergab sich ein Gespräch statt ein
Aufeinandereinreden.

Interessant fand ich
auch, wie ruhig alle blieben. Die Gestik und Mimik zurückgenommen, nicht
aufbrausend, es gab konzentrierte, aber keine abwertenden oder gar verachtenden
Blicke. Die Gedanken standen im Mittelpunkt. Ich glaube, das ist ein
unterschätzter Punkt in vielen Debatten, sagen wir, in Talkshows oder am Tisch
mit der Familie: Blicke, Ton und Handbewegungen vernebeln oft die eigentlich
validen Argumente, die ausgetauscht werden.

© ZON

Newsletter

Elbvertiefung – Der tägliche Newsletter für Hamburg

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In der älteren
Gruppe gewannen am Ende Jakob Zierep vom Marion-Dönhoff-Gymnasium und Marlene
Liebendörfer vom Gymnasium Lerchenfeld; in der jungen Gruppe (8.-10. Klasse)
siegten Adele Heeschen (Gymnasium Hochrad) und Emma Knop
(Heinrich-Heine-Gymnasium). Sie vertreten Hamburg beim Bundesfinale im Juni. Ob
er sich darauf freue, wollte ich von Jakob wissen. Seine Antwort, strahlend:
„Safe.“

Ich wünsche Ihnen
einen schönen Tag!

Ihr Yannick
Ramsel

Wollen Sie uns
Ihre Meinung sagen, wissen Sie etwas, worüber wir berichten sollten? Schreiben
Sie uns eine E-Mail an hamburg@zeit.de.

WAS HEUTE WICHTIG IST

© Marcus Brandt/​dpa

Die Zahl der
Datenschutzverletzungen und Beschwerden in Hamburg ist im vergangenen Jahr auf
einen Höchststand
gestiegen. Insgesamt seien 4.237 Fälle eingegangen, sagte
Hamburgs Datenschutzbeauftragter Thomas Fuchs bei der Präsentation des jüngsten
Datenschutzberichts. Das seien 201 mehr als im Jahr zuvor. Die Zahl der
Beschwerdeverfahren sei dabei um 70 auf 2.607 gestiegen. Ebenfalls erhöht habe
sich die Zahl der abgeschlossenen Bußgeldverfahren, bei denen Bußgelder in Höhe
von insgesamt 1,2 Millionen Euro verhängt worden seien. Allein 900.000 Euro
Strafe musste ein Hamburger Inkasso-Unternehmen zahlen, weil es sich nicht an die
Löschfristen von bis zu fünf Jahren für personenbezogene Daten gehalten hatte.

Die Preise für den Kauf
einer neuen Wohnung in und um Hamburg sind im vergangenen Jahr teils deutlich
gestiegen.
Das geht aus dem LBS-Immobilienmarktatlas 2025 hervor, für den
das Forschungsinstitut FUB IGES im zweiten Halbjahr 2024 über 17.600 öffentlich
zugängliche Immobilien-Angebote ausgewertet hat. Demnach stieg der
Durchschnittspreis für neue Wohnungen in der Hansestadt um 7,6 Prozent zum
Vorjahr. Der für neue Häuser sank hingegen – um 4,9 Prozent. Im Umland fiel die
Entwicklung den Angaben zufolge ähnlich, aber weniger deutlich aus.

In aller Kürze

In den
Hamburger Babyklappen werden immer weniger Neugeborene abgegeben
Momentan sei es pro Jahr nur noch ein Baby, sagte die Geschäftsführerin des
privaten Kitaträgers Sternipark, der drei Babyklappen betreibt Am Hamburger
Gänsemarkt hat die Sanierung des historischen Finanzbehörde-Gebäudes
begonnen. Sie soll nach Angaben des Senats 95,7 Millionen Euro kosten und wird
gemanagt von der städtischen Immobiliengesellschaft Sprinkenhof. Wegen
Beteiligung an einem geplanten Schmuggel von 480 Kilo Kokain hat das
Landgericht Hamburg zwei Hafen-Beschäftigte zu langen Haftstrafen von
neuneinhalb und acht Jahren verurteilt

THEMA DES TAGES

© Gregor Fischer/​dpa

„Ohne die Hinweise der Amerikaner hätten wir es sicherlich schwerer“

Können
Islamisten belangt werden, wenn sie Aufmärsche organisieren und dort Hass
verbreiten? Nur mit Mühe, sagt der Leitende Hamburger Oberstaatsanwalt Arnold
Keller. Lesen Sie hier einen Auszug aus dem Interview von Christoph Heinemann
und Tom Kroll.

In Hamburg treffen sich immer wieder Islamisten (Z+), um
verfassungsfeindliche Propaganda auf die Straße zu tragen. Dabei fordern sie
bisweilen auch ein Kalifat. Was kann man gegen diese Versammlungen unternehmen?
Und was gegen den wachsenden Islamismus? Arnold Keller ist Leiter der
Zentralstelle Staatsschutz bei der Generalstaatsanwaltschaft Hamburg. Seine
Abteilung ist für politisch motivierte Straftaten in der analogen und digitalen
Welt zuständig. Im Interview sagt er, warum Islamisten eine Gefahr sind, was
rechtlich möglich ist – und was nicht.

DIE ZEIT: Herr Keller, Islamisten haben in Hamburg Zulauf,
der Verfassungsschutz zählt 1.700 Menschen in der Szene. Warum ist das eine
Gefahr?

Arnold Keller: Wir müssen feststellen, dass sich die Szene
verändert hat. Wir sehen nicht mehr nur Menschen, die Anschläge planen oder
versuchen, sich terroristischen Gruppen anzuschließen. Vielmehr ist auch im
Internet ein Islamismus extrem präsent, der gefährlich ist, weil er
Radikalisierung und Hass fördert. Bei Demonstrationen schwappt diese Wut zurück
in die reale Welt.

ZEIT: Wie blicken Sie auf solche Gruppen, etwa auf
Muslim Interaktiv, die mehr als 2.000 Menschen auf die Straße brachten?

Keller: Diese Gruppe hat Kundgebungen organisiert, bei
denen sie ein Kalifat forderten. Sie treten eloquent auf und fahren mit
Sportwagen durch die Gegend. Sie propagieren dabei ein rückständiges
Gesellschaftsbild, in dem Frauen unterdrückt werden. Das scheint vor allem
junge Männer aus migrantisch-muslimischen Milieus anzuziehen, spaltet und
wiegelt auf. Die Frage, mit der wir konfrontiert sind, ist aber, ob es ein
strafrechtlich relevantes Verhalten ist. Denn unsere Aufgabe ist die
Strafverfolgung.

ZEIT: Was ist das Problem?

Keller: Islamismus an sich ist kein Verbrechen. Wenn
beispielsweise nicht zu gewaltsamen Aktionen aufgerufen wird oder keine
volksverhetzenden Inhalte verbreitet werden, mag die Forderung nach einem
Kalifat unangenehm sein. Aber derart fragwürdige Slogans sind aus unserer
juristischen Sicht kaum zu bestrafen.

Wie Arnold Keller die Lage in Hamburg weiter einschätzt, lesen Sie weiter in der ungekürzten Fassung auf
ZEIT ONLINE.

Zum vollständigen Artikel

DER SATZ

© Brigitte/​ZEIT ONLINE

„Du bist Kulturgeschichte dieses Landes. Meine Hoffnung:
Du bist unverwüstlich.“

Dies schreibt Andreas
Lebert, Chefredakteur von ZEIT Wissen – in seinen Abschiedsbrief an die „Brigitte“,
das Magazin, dessen Chefredakteur er einst war und das nun verkauft wurde. Den ganzen Brief lesen Sie hier

DARAUF KÖNNEN SIE SICH FREUEN

Anlässlich seines 30-jährigen Bestehens ist das Belcea-Quartett
auf Welttournee und kommt auf Einladung der Kammermusikfreunde auch nach
Hamburg. Es erwarten die Hamburger drei Konzertabende mit jeweils sehr
unterschiedlichen Programmen.

Wir verlosen dreimal
drei Kombitickets für alle drei Abende. Die Gewinner können je mit zwei
Begleitpersonen alle drei Konzerte genießen, die am Freitag, 11. April,
ab 20 Uhr im Kleinen Saal der Laeiszhalle; am Samstag, 12. April, ab 19.30 Uhr
und am Sonntag, 13. April, ab 19.30 Uhr je im Kleinen Saal der Elbphilharmonie
stattfinden. Schreiben Sie uns bis morgen, 12 Uhr, eine E-Mail mit dem Betreff
„3x3x3“ an hamburg@zeit.de. Die
Gewinner werden von uns direkt benachrichtigt. Viel Glück!

MEINE STADT

Auf dem Monte Scherbelino ist immer etwas los! © Karin Hoffmann-Lubke/​ZEIT ONLINE

HAMBURGER SCHNACK

Am Nebentisch in
einem Eppendorfer Café sitzen zwei Frauen. Eine Betagte und eine jüngere,
vermutlich ihre Tochter. Sie haben gefrühstückt und sind beim Small Talk
angelangt. Die Jüngere zieht aus ihrer Handtasche einen blauen Beutel. Fragt
die Ältere sie: „Was ist das?“ Antwort: „Hab ich neulich geschenkt bekommen.
Kann man immer mal gebrauchen.“ Gibt die Ältere zurück: „Ja, das ist gut.
Besser, man bekommt etwas geschenkt, was man brauchen kann, als was, was man
nicht gebrauchen kann.“

Gehört von Margret Silvester

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