Dresden – Beim Kanzler-Besuch in Dresden treffen Tradition, Stolz und wirtschaftliche Realität aufeinander.

Erst die Hymne der Bergleute, dann der Frust der Macher – so lässt sich der Antrittsbesuch von Friedrich Merz (CDU) in Sachsen zusammenfassen.

Als der Kanzler vor der Staatskanzlei in Dresden einbiegt, spielt das Musikcorps der Bergstadt Schneeberg das Steigerlied – feierlich, mächtig, sächsisch. Drei sorbische Sächsinnen in Festtracht reichen Brot und Salz, neben Merz steht Michael Kretschmer, der Landesvater, sichtbar stolz.

Mehr zum Thema

Ein Empfang wie aus einem Heimatfilm – doch die Themen sind harte Gegenwart. Im „Bienenkorb“ der Staatskanzlei lobt Merz Sachsen als „alten, traditionsreichen und zugleich modernen Industriestandort“.

Bundeshilfe bei Infrastruktur

Danach wird’s konkret: Infrastruktur war das große Thema. „Die Sanierung und Modernisierung bestehender Verkehrswege ist zentral“, sagt Merz. Neue Projekte – etwa die Elektrifizierung der Strecke Dresden–Görlitz–Breslau oder der Tunnel nach Prag – seien „noch nicht ausfinanziert“. Darüber müsse man „im Bundeskabinett noch einmal reden“.

Merz versprach Hilfe bei Infrastrukturprojekten: Im Kabinett noch mal darüber reden

Merz versprach Hilfe bei Infrastrukturprojekten: Im Kabinett noch mal darüber reden

Foto: Dirk Sukow

Kretschmer kontert höflich, aber mit Stolz: Sachsen sei heute „Europas Chip-Herz“ – dank gemeinsamer Kraft von Bund, EU und Land. Zwischen den Zeilen: Sachsen zählt weiter auf Berlin.

Klartext vom Handwerker-Boss

Dann zieht der Tross weiter – raus aus der Politik, rein ins Leben. Im Bildungszentrum der Handwerkskammer Dresden riecht es nach Metall und Öl. Lehrlinge fräsen, schweißen, hämmern – Merz probiert sich mit einem Schieferhammer. Neben ihm der Handwerkskammerpräsident Jörg Dittrich, selbst Dachdeckermeister.

Handwerk im Mittelpunkt: Merz mit Schiefer-Schindel und Schieferhammer

Handwerk im Mittelpunkt: Merz mit Schiefer-Schindel und Schieferhammer

Foto: MATTHIAS RIETSCHEL/AFP

Doch die gute Stimmung wird gedimmt, als Handwerkspräsident Jörg Dittrich (56) das Wort ergreift:

„Die Wirtschaftsdaten sind deprimierend, die Sozialabgaben mit über 40 Prozent viel zu hoch. In den USA ist die Wirtschaft in drei Jahren um 15 Prozent gewachsen – mit so einem Wachstum hätten wir gar kein Sondervermögen gebraucht.“ Rumms.

Merz hört’s und ignoriert die Watschn, weicht stattdessen ins Allgemeine aus. Die Welt beneide Deutschland um seine duale Ausbildung, sagt er. Viele hätten versucht, das nachzumachen – und seien gescheitert. Und Jörg Dittrich sei ein toller Handwerkspräsident.

Auf Nachfragen zu seinen Stadtbild-Äußerungen reagiert Merz knapp: „Heute geht’s ums Handwerk.“

Zum Abschluss wartet noch Hightech statt Handwerk: ein Besuch beim Chipriesen Globalfoundries in Dresden.