Im Grunde war es wie gemalt. Miroslav Klose stand neben dem Podium des Medienraums, nur einen Meter von einer Theke entfernt, und je länger das Gespräch dauerte, desto näher kam er ihr.
Klose, 46, schob sich also durch den Raum, in dem der 1. FC Nürnberg die Trainer der beiden Mannschaften nach den Spielen zur Pressekonferenz bittet. Und weil Klose den Reportern nach der Medienrunde stets noch ein paar Zusatzfragen im kleinen Kreis gewährt, stellte er sich jetzt neben die Theke und rückte während des Gesprächs immer weiter heran. Am Ende stützte Nürnbergs Trainer den Ellenbogen auf den Tresen und lehnte sich rücklings gegen die Bar. Er hätte sich also bloß umdrehen und die Hand heben müssen, um eine Bestellung aufzugeben – und schon wäre ihm vermutlich ein Glas Bier serviert worden.
Gut, Klose trinkt zwar äußerst selten Alkohol, und in diesem Moment war auch niemand in der Nähe, der den Zapfhahn hätte bedienen können – aber die Theke stand nun mal herum, und einen Grund zum Feiern gab es auch: Während Kloses Mannschaft 2:3 gegen den SC Paderborn verlor, stiegen die Frauen des 1. FC Nürnberg in die Bundesliga auf.
Wenn Klose also nach einem Bier verlangt hätte, wäre er wohl doch von irgendwem bedient worden. So aber blieb er ohne Glas an der Theke stehen und sagte: „Jetzt ist es so weit, und das ist schön. Wir freuen uns alle, weil es für den Verein wichtig ist.“ Die Nürnbergerinnen unterlagen zwar dem Tabellenletzten SC Freiburg II am Osterwochenende 1:2 und mussten dabei erst die dritte Niederlage in dieser Saison hinnehmen – weil der SV Meppen aber schon am Samstag 0:4 gegen Union Berlin verloren hatte, stand der Aufstieg der Club-Frauen schon fest, bevor sie am Sonntag selbst den Rasen betraten.
Damit sind die Fußballerinnen des 1. FCN in der neuen Saison zum dritten Mal erstklassig, und diesmal soll der Bundesliga-Aufenthalt nicht wieder von derart kurzer Dauer sein wie nach den ersten Aufstiegen 1999 und 2023. Bei beiden Anläufen waren die Nürnbergerinnen nach nur einem Jahr wieder zweitklassig, rund um die Jahrtausendwende holten sie in 22 Spielen gerade einmal neun Punkte, in der vergangenen Saison nur 15. Zahlen, die Ausdruck von Überforderung sind, aber jetzt, unter der Regie von Joti Chatzialexiou, soll alles besser werden.
Das Team soll auf „vier, fünf Positionen“ verstärkt werden, aber: „Wir werden das organische Wachstum nicht stören.“
Jahrelang hat Nürnbergs Sportvorstand für den DFB gearbeitet und war als Sportlicher Leiter auch für die Nationalmannschaft der Frauen zuständig. Wenn er jetzt also davon spricht, dass ihm der Frauenfußball „am Herzen“ liege, ist das mehr als bloß eine Worthülse, die man vor allem deshalb bemüht, weil es in der Öffentlichkeit gut ankommt.
Chatzialexiou, 49, meint es ernst – ebenso wie Osman Cankaya, der die Club-Frauen als Trainer aus der drittklassigen Regionalliga in die Bundesliga geführt hat und mittlerweile als Sportlicher Leiter arbeitet. Mit Blick auf die weitaus höheren Anforderungen, die nun auf die Mannschaft zukommen, sagt Cankaya zwar: „Wir sind uns bewusst, dass es ein Gefälle gibt.“ Er betont aber: „Die Mannschaft ist jetzt erfahrener als vor zwei Jahren.“ Neben dem Platz sei der Club schon 2023 „erstligatauglich“ gewesen – jetzt dürfte er es auch auf dem Feld sein.
Die Planungen für die Bundesliga laufen bereits seit Oktober, jetzt antwortet Cankaya auf die Frage, wie sehr sich der Kader verändern wird: „Die Spielerinnen haben alle bewiesen, dass sie die Grundvoraussetzungen für die Bundesliga mitbringen.“ Zwar müsse man das Team auf „vier, fünf Positionen verstärken“, aber: „Wir werden das organische Wachstum nicht stören.“
Wie schwer es Aufsteiger in der Bundesliga mitunter haben, ist nicht nur daran zu erkennen, dass Turbine Potsdam gerade mit einem Punkt nach 19 Spielen dasteht. In den vergangenen 18 Jahren stieg auch immer mindestens einer der beiden Aufsteiger direkt wieder ab, nicht selten mit einer einstelligen Punktzahl oder gar ohne einen einzigen Sieg. Ein solches Schicksal dürfte die Nürnbergerinnen zwar nicht ereilen, eine Herausforderung wird es aber allemal, wenn sie bald dem VfL Wolfsburg, Bayern München oder Eintracht Frankfurt gegenüberstehen.
Um es nicht nur ein Jahr lang, sondern dauerhaft mit solchen Mannschaften aufnehmen zu können, braucht es weitere Fortschritte. Noch interessieren sich bloß ein paar hundert Fans für die Spiele der Club-Frauen, und auch die Mehrzahl der Unternehmen steigt nach wie vor lieber bei den Männern als Sponsor ein. Doch das Pflänzchen, das am Valznerweiher wächst und noch ein zartes ist, wird gegossen und gegossen. Joti Chatzialexiou und Osman Cankaya meinen es ja ernst. Und auch Miroslav Klose ist es abzunehmen, wenn er an einem Tresen lehnt und seine Freude über den Aufstieg zum Ausdruck bringt.