Seit seiner Entstehungsgeschichte ist das Kunstwerk des Leonbergers Michael Lange auf dem Alten Golfplatz in Leonberg

Denn Lange hat über seinen Stuttgarter Rechtsanwalt Reinhard Löffler Strafantrag gegen den Leonberger Oberbürgermeister Martin Georg Cohn gestellt. Wegen Sachbeschädigung und Verletzung des Urheberrechts. „Die Stadt hat die Baumstämme nach der Demontage geschreddert“, klagt Michael Lange an. Wie reagiert die Stadt auf diese Vorwürfe? Sie schweigt auf Anfrage unserer Zeitung.

Leonberger Kunstwerk aus S-21-Bäumen geschreddert?

In fast vierjähriger Arbeit hatte der Leonberger Maler, Bildhauer und Konzeptkünstler Lange sein Werk „Bäume erzählen“ entstehen lassen – er stellte sein Projekt 2018 erstmals auf der Leonberger Heide vor. „Königin Katharina hat diese Buchen, Eichen und Platanen einst im Schlossgarten gepflanzt“, betont Langer noch immer die Bedeutung und den Wert seines Werkes. Zum Opfer gefallen waren sie vor vielen Jahren dem Bahnprojekt Stuttgart 21. Michael Lange hatte den Zuschlag für einige der gefällten Exemplare bekommen – und daraus sein Werk erschaffen.

Michael Lange in seinem Atelier Foto: Simon Granville

Im September des vergangenen Jahres wurden diese Zeitzeugen erneut dem Erdboden gleichgemacht. Diesmal in Leonberg. Nach vielen Konflikten mit der Stadt und hitzigen Diskussionen im Gemeinderat musste das Kunstwerk letztlich aus Sicherheitsgründen weichen.

Laut der Aussage von Michael Lange seien die Baumstämme aber sicher und standhaft gewesen, weil von einem Statiker geprüft. „Sie waren auf einem massiven Sockel befestigt, gestützt von Eisenbahnschienen“, sagt er.

12 000 Euro soll Lange für die Entfernung des S-21-Kunstwerks zahlen

Auf Grundlage eines Gemeinderatsbeschlusses am 15. Januar 2020 kündigte die Kommune dennoch die Zusammenarbeit mit Michael Lange. Bis Ende 2022 sollte das Baum-Kunstwerk rückgebaut werden. Doch Lange hat Fristen verstreichen lassen. Der Fall wurde schließlich voriges Jahr vor dem Landgericht Stuttgart verhandelt. Die Stadt bekam Recht und durfte das gesamte Kunstwerk – Stämme, Schienen und auch Sockel – „entfernen und beseitigen“, wie Theresa Stiller, die stellvertretende Pressesprecherin der Stadt bereits im Sommer sagte. Die Entfernung sei unverzüglich erfolgt, nachdem das Urteil rechtskräftig wurde. Etwa 12 000 Euro muss Lange nun für die Beseitigung von Stämmen, Schienen und Sockel bezahlen. Weil sie noch Teil eines Verfahrens seien, konnte die Sprecherin der Stadt keine Auskünfte zum Lagerort oder Zustand der abgebauten Baumstämme geben.

S-21-Bäume gehäckselt? „Alle wissen es“, sagt der Künstler

Mit dem Rückbau kann Michael Lange leben. Nicht aber damit, dass die Baumstämme verschwunden sind. Offiziell bestätigt die Stadt die Vernichtung der Bäume zwar nicht, „doch alle wissen es, dass sie zerhäckselt wurden“, sagt der Künstler, der den Marktwert dieser S-21-Bäume auf etwa 250 000 Euro schätzt.

Die Zerstörung sei weder durch die gerichtliche Anordnung gedeckt noch verhältnismäßig oder notwendig, heißt es im Strafantrag gegen den Leonberger Oberbürgermeister Martin Georg Cohn, den Langes Rechtsanwalt gestellt hat. „Das Kunstwerk hätte ohne Weiteres gelagert, aufbewahrt oder dem Eigentümer zurückgegeben werden können, darum hatte der Künstler auch gebeten“, meint der Stuttgarter Anwalt Reinhard Löffler in seinem Schreiben.

Leonbergs Oberbürgermeister Martin Georg Cohn schweigt

Er beantragte daher „die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens gegen Herrn Oberbürgermeister Martin Georg Cohn wegen der Zerstörung des Kunstwerks unter Verletzung des Urheberrechts“. Dieses ging zunächst an das Polizeirevier Leonberg und liegt in der Zwischenzeit auch der Staatsanwaltschaft in Stuttgart vor. „Die Strafanzeige wird geprüft“, sagt eine Sprecherin.

Oberbürgermeister Martin Georg Cohn möchte sich selbst zu diesem Vorfall nicht äußern und schweigt. „Der Stadt Leonberg liegt keine Anzeige in Zusammenhang mit der Entfernung eines Kunstwerks vor. Sofern eine Strafanzeige erfolgt sein soll, richtet sich diese gegen die Stadt Leonberg in ihrer Funktion als Hoheitsträgerin, nicht gegen einzelne Personen der Stadtverwaltung“, lautet das offizielle Statement von der Pressestelle. Weitere Äußerungen zu dem Sachverhalt könnten daher nicht erfolgen.