Moonlight Benjamin verbindet Blues-Rock mit Elementen aus der Voodoo-Kultur. Zu ihren Fans zählen Martin Gore und Iggy Pop. Die Künstlerin kommt im November nach Karlsruhe.

Haiti mag ein wirtschaftlich gebeuteltes Land und als solches immer wieder in den Schlagzeilen sein. In Sachen Musikkultur ist es aber besonders reich. In dem karibischen Staat, der sich die Insel Hispaniola mit der Dominikanischen Republik teilt, hat sich eine eigene Szene herausgebildet, die sich deutlich von den umliegenden Ländern unterscheidet. Und die stets spannende Künstler hervorbringt.

Moonlight Benjamin muss man unbedingt dazu zählen. Die 54-Jährige verbindet Blues-Rock mit Elementen aus der Voodoo-Kultur. Martin Gore, eine Hälfte von Depeche Mode, und Punk-König Iggy Pop gelten als Fans der Haitianerin, die vom britischen „The Guardian“ als die „karibische Patti Smith“ bezeichnet wurde.

Die karibische Patti Smith

Warum, davon kann man sich unter anderem auf dem jüngsten Album „Wayo“ überzeugen, das 2023 auf den Markt kam. Die zehn, durchaus philosophisch angehauchten Songs sind in der Pandemie entstanden, eine Zeit, die die Künstlerin zwangsläufig zum Innehalten nutzte, und die den Blick dabei ins Innere richtete.

Unter anderem die Frage, wie wichtig Träume sind, hat die Musikerin damals schwer beschäftigt: Wozu sind sie gut? Was bedeuten sie? Wie sehr haben sie mit einem selbst zu tun? Die erste Single-Auskopplung aus der Platte, „Haut là Haut“, steht dafür exemplarisch.

Der Albumtitel „Wayo“ bedeutet dabei so viel wie eine Bitte um „Reinigung“. „Eine Bitte an das Universum, an die Engel, an Gott. Um mir zu helfen, mich von allen schlechten Gedanken und allen Gewohnheiten des Unterbewusstseins, die mich zermürben können, zu lösen, mich von all dem zu befreien und den Weg nach vorne zu sehen“, erläuterte Moonlight Benjamin gegenüber der Webseite „Afropop.org“.

„Wayo“: Die Sängerin sucht den „Weg nach vorne“. »Wayo«: Die Sängerin sucht den »Weg nach vorne«.| Foto: Cedrick Nöt

Das Wort „Wayo“ ist dabei Kreolisch, jener Sprache also, auf der Benjamin am liebsten singt – neben dem Französischen. Seit 2002 lebt die in Port-au-Prince auf Haiti geborenen Musikerin nun schon in Frankreich.

Der Name „Moonlight“ ist kein Künstlername, die Frau heißt wirklich so. Ein Priester, der sich ihr annahm, gab ihr diesen Namen. Moonlights Mutter war bei der Geburt gestorben, lange Zeit lebte Moonlight Benjamin in einem Waisenhaus, ehe der Geistliche in ihr Leben trat und sie adoptierte.

Moonlight wuchs von Gospelmusik umgeben auf, entwickelte aber schnell ein Interesse an Jazz und begann schließlich, mit 31 Jahren, ein Musik-Studium im südfranzösischen Toulouse, wo sie heute noch lebt. Einfach nur Gospel, einfach nur in der Kirche singen, das hatte ihr irgendwann nicht mehr ausgereicht, zumal sie in Port-au-Prince auf Voodoo-Musiker traf, die ihr eine völlig neue musikalische Welt offenbarten.

Kein Marketing-Trick: Voodoo ist für Moonlight Benjamin ein Schritt zur Selbstfindung. Kein Marketing-Trick: Voodoo ist für Moonlight Benjamin ein Schritt zur Selbstfindung.| Foto: Cedrick Nöt

Voodoo ist in Haiti allgegenwärtig, die religiöse Praxis ist eng mit der Sklavenrevolte von 1791 verknüpft, die letztlich zur Gründung der Republik Haiti führte. Auslöser der Revolte soll ein Voodoo-Ritual gewesen sein, der Gründungsmythos Haitis ist also eng mit der Voodoo-Kultur verknüpft, diese dadurch natürlich maximal identitätsstiftend.

Auch für Moonlight Benjamin, die eine waschechte Voodoo-Priesterin ist. Voodoo ist für sie kein Gimmick, kein Marketing-Tool, damit sich die Musik besser verkauft. Aufgewachsen in einem römisch-katholischen Umfeld war für Moonlight der Kontakt mit der Voodoo-Kultur ebenfalls eine Art Befreiung und ein wichtiger Schritt zur Selbstfindung und -entdeckung.

In Frankreich lernte sie dann, sich künstlerisch sogar noch weiter zu öffnen, die Idee, Voodoo-Musik mit Blues-Rock zu mischen, kam ihr tatsächlich dort, fernab der Heimat. Hier fand sie ihren ureigenen Sound, den man hierzulande – aus Faulheit, aus Unwissenheit, aus Hilflosigkeit, vielleicht aus allem zusammen – oft in die ärgerliche, nichtssagende „Weltmusik“-Schublade steckt, in der alles zusammengepfercht wird, was nicht westlichen Hörgewohnheiten entspricht.

Live ein Phänomen

Mit ihrem Sound tourt sie mittlerweile global, unterhält damit nicht nur, sondern vermittelt auch Wissen um die haitianische Kultur. „Ich singe immer über Haiti. Über den Stolz des Landes, die sozio-kulturellen Probleme, und die Liebe, die ich für Haiti empfinde“, sagte sie mal im „Songlines“-Interview.

Die Chance, als Musikenthusiast noch dazuzulernen, hat man demnächst in Karlsruhe. Kommende Woche bringt Moonlight Benjamin ihre Songs ins Tollhaus. Gerade live gilt die energetische Musikerin mit der kraftvollen, rebellischen Stimme als echte Sensation.

Moonlight Benjamin – Fr 7.11., 20 Uhr, Karlsruhe, Kulturzentrum Tollhaus; Tickets: www.tollhaus.de, Ticketinfo: 0721 964050