Benjamin Haar vor dem alten Sportplatz, auf dem einmal eine Sporthalle entstehen soll. Foto: fr
Sie wird gebraucht. Die Sporthalle in Feuerbach. Doch sie steht auf der Kippe. Warum? Schaut man drauf, merkt man, es liegt nicht nur am Sparzwang der Stadt.
Es ist ein Acker. Nicht in dem Sinne, in dem Landwirte über Grund und Boden reden. Sondern wie Fußballer einen solchen Untergrund nennen. Statt Stollenschuhe graben Wühlmäuse den Rasen neben dem Vitadrom in Feuerbach um. Pflege schien auch nicht vonnöten, sollte der ehemalige Föhrichplatz doch als Baugrund für eine neue Sporthalle dienen.
Doch nicht nur Benjamin Haar, der Geschäftsführer der Sportvereinigung Feuerbach, fürchtet, dass sich die Halle verspätet, womöglich bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag. Er steht neben dem Vitadrom, dem vereinseigenen Fitnesszentrum. Er zeigt auf einen Zwickel zwischen dem Vitadrom und dem Föhrichplatz, dort wird die Sportvereinigung im nächsten Jahr beginnen, das Vitadrom zu erweitern. Und eigentlich sollte die Stadt nebenan beginnen, eine Sporthalle mit drei Feldern zu bauen. Die dem Verein nutzen sollte, aber auch den Schulen im Bezirk. Laut Erhebung der Stadt ist der Bedarf in Feuerbach nur zu 80 Prozent gedeckt, das heißt, es fehlen zwei Hallen.
Schon lange liebäugelten Verein und Stadt mit einem Neubau. 2018 entwarfen die Verantwortlichen um Ex-Präsident Rolf Schneider einen Plan für den gesamten Sportpark. Kern war ein Anbau des Vitadroms mit barrierefreien Übergängen und Verbindungen zum Bestandsgebäude. Einstöckig. Doch alsbald kam man auf die Idee, warum nicht zwei Geschosse bauen? Und eine Kita reinpacken. Das Jugendamt unterstützte dies. Doch weil auf einer Gemeinbedarfsfläche nebenan in der Wiener Straße ein Flüchtlingsheim stand und bis 2025 frei werden sollte, sagte die Stadt: Geht nicht! Nun ist 2025, das Flüchtlingsheim wird erweitert und steht also immer noch. Die Kita nicht. „Hätten wir damals angefangen zu bauen, hätten wir jetzt eine Kita“, sagt Haar.
Dass die Sporthalle in Feuerbach nötig ist, hat die Stadt Stuttgart festgestellt
Blick auf das Vitadrom Foto: Georg Friedel
Vergangene Zeiten. Keine Kita also. Dann kam die Sportvereinigung auf die Idee, integrieren wir eine Halle in das Projekt. Eine Machbarkeitsstudie vom Büro Herrmann + Bosch Architekten kam zu dem Ergebnis, dass auf dem Bolzplatz nicht nur der Erweiterungsbau Platz hätte, sondern auch noch eine dreiteilige Sporthalle gebaut werden könnte. Etwa 40 mal 46 Meter groß und mit einem Zuschauerbereich für 150 Personen wäre möglich. „Zunächst wollten wir selbst bauen“, sagt Haar, verknüpft mit der Erweiterung des Vitadroms.
Der Kompromiss zahlt sich nicht aus für den Verein in Stuttgart-Feuerbach
Doch die Stadt hob den Finger, wollte selbst bauen. „Wir gaben die Fläche zurück, um den Bau zu ermöglichen“, erinnert sich Haar, „und haben unser Raumprogramm angepasst.“ Sprich, sie haben mit weniger Platz geplant. „Wir beschränken uns, wenn die Halle kommt“, das sei der Deal gewesen. 2023 stimmte der Gemeinderat zu. Knapp 20 Millionen Euro sollten die Kosten betragen. Projektmittel fürs Planen samt Restmittel aus dem Hallenkonzept 2030 in Höhe von insgesamt drei Millionen Euro wurden freigegeben. „Nun stoppt man das Projekt“, sagt Haar, „bei allem Verständnis für die Haushaltslage, wir sind Kompromisse eingegangen und stehen nun mit kleinerem Anbau und ohne Halle da.“ Hätte man selbst gebaut wie die Kollegen vom MTV oder der Sportkultur in den Neckarvororte, wäre man besser dran gewesen.
In Ruit im Landkreis Esslingen kann man billiger bauen als in Stuttgart
Aber er will nicht nur schimpfen, sondern Alternativen aufzeigen. In Ruit hat der Württembergische Landessportbund eine Halle für sechs Millionen Euro gebaut, ebenfalls eine Dreifeldhalle. Das ist nicht am Ende der Welt, sondern gerade mal elf Kilometer entfernt. Warum schafft man es im Landkreis Esslingen, für diesen Preis zu bauen – und in Stuttgart nicht? Das fragt sich nicht nur Benjamin Haar.
Was macht Berlin beim Bau von Sporthallen anders als Stuttgart?
Er hat noch ein Beispiel parat. Das notorisch klamme Berlin hat neun sogenannte Typensporthallen gebaut, mit drei Feldern und kleiner Tribüne. In Modulbauweise, sozusagen von der Stange. Kosten: neun Millionen Euro. Es gibt TSH60 und TSH199. Einmal mit 60 Plätzen auf einer Tribüne, einmal mit 199 Plätzen. Geplant von Scholl Architekten Partnerschaft. Und sie sitzen wo? Richtig. In Stuttgart! Vielleicht lohnt da mal ein Anruf. In der jüngsten Sitzung des Sportausschusses redeten sich die Stadträte die Köpfe heiß, warum in Vaihingen der Bau einer Sporthalle 20 Millionen Euro kosten müsse. Auch Sportamtsleiterin Daniela Klein hatte angemahnt, dass man sich Gedanken machen müsse, ob man nicht zwei Hallen bauen könne zum aktuellen Preis von einer.
Auch der Bau von Frischlufthallen macht in Stuttgart Probleme
Was an den Ansprüchen liegt, womöglich aber auch an einer sehr ausgeprägten und akkuraten Auslegung von Vorgaben. In Indien sind die Kühe heilig, in Stuttgart die Vorschriften. So schafft man es hier nicht einmal, Frischlufthallen zügig zu bauen. Das ist im Prinzip ein Dach über einem Sportplatz. Günstig, kostet eine halbe Million Euro. Und geht schnell. Anderswo. Hier nicht. Denn für ganz viele Sportplätze gibt es kein Baufenster. Das heißt eigentlich, es darf kein Gebäude darauf errichtet werden. Was ganz sinnvoll ist, weil man die Sportplätze ja als Sportplatz erhalten will. Nun wird dieser Bebauungsplan von der Behörde aber so ausgelegt, dass man auch kein Dach über einen Sportplatz bauen dürfe. Das wäre ja ein Gebäude. Man muss erst den Bebauungsplan ändern. Und das dauert.
Schwäbischer Pragmatismus täte not. Ob die Feuerbacher und Benjamin Haar darauf hoffen dürfen? Sportamtsleiterin Klein fürchtet, dass man erst bei einem Doppelhaushalt im nächsten Jahrzehnt wieder an den Neubau von Hallen denken dürfe.